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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

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sich alle Buchhändler, die Uebersetzungen haben wollen,
und sie kennen wieder jeden ihrer Arbeiter, wozu er
zu gebrauchen ist, und wie hoch er im Preise stehet.
Sie wenden ihnen Arbeit zu, bestrafen sie wenn sie
säumig sind mit Entziehung ihrer Protection, merzen
die Fehler ihrer Uebersetzungen aus, oder bemänteln sie
mit ihrem vornehmen Namen, denn mehrentheils sind
Entrepreneure von dieser Art stark im Vorredenschrei-
ben. Sie wissen auch genau, wie viel Fleiß an jede
Art der Uebersetzung zu wenden nöthig ist, und wel-
che Mittel anzuwenden sind, damit ihre Uebersetzun-
gen allenthalben angepriesen, und dem berühmten
Manne öffentlich gedanket werde, der die deutsche ge-
lehrte Welt damit beglückt hat.

Seb. Sie wissen, wie viel Fleiß an eine jede Art
der Uebersetzung zu wenden nöthig ist? Gehört denn
nicht einerley Grad von Fleiße zu jeder Uebersetzung,
wenn sie in ihrer Art gut seyn soll?

Mag. Keinesweges! Dis kann nach den Um-
ständen sehr verschieden seyn. Z. B. Zu theologischen
Büchern thut gemeiniglich ein Hochwürdiger Herr ei-
nem Buchhändler den Vorschlag, sie unter seinem
Namen und mit seiner Vorrede übersetzen zu lassen,
es versteht sich aber, daß er das Buch nicht selbst über-
setzt, sondern er giebt es gegen zwey Drittheile der mit

dem



ſich alle Buchhaͤndler, die Ueberſetzungen haben wollen,
und ſie kennen wieder jeden ihrer Arbeiter, wozu er
zu gebrauchen iſt, und wie hoch er im Preiſe ſtehet.
Sie wenden ihnen Arbeit zu, beſtrafen ſie wenn ſie
ſaͤumig ſind mit Entziehung ihrer Protection, merzen
die Fehler ihrer Ueberſetzungen aus, oder bemaͤnteln ſie
mit ihrem vornehmen Namen, denn mehrentheils ſind
Entrepreneure von dieſer Art ſtark im Vorredenſchrei-
ben. Sie wiſſen auch genau, wie viel Fleiß an jede
Art der Ueberſetzung zu wenden noͤthig iſt, und wel-
che Mittel anzuwenden ſind, damit ihre Ueberſetzun-
gen allenthalben angeprieſen, und dem beruͤhmten
Manne oͤffentlich gedanket werde, der die deutſche ge-
lehrte Welt damit begluͤckt hat.

Seb. Sie wiſſen, wie viel Fleiß an eine jede Art
der Ueberſetzung zu wenden noͤthig iſt? Gehoͤrt denn
nicht einerley Grad von Fleiße zu jeder Ueberſetzung,
wenn ſie in ihrer Art gut ſeyn ſoll?

Mag. Keinesweges! Dis kann nach den Um-
ſtaͤnden ſehr verſchieden ſeyn. Z. B. Zu theologiſchen
Buͤchern thut gemeiniglich ein Hochwuͤrdiger Herr ei-
nem Buchhaͤndler den Vorſchlag, ſie unter ſeinem
Namen und mit ſeiner Vorrede uͤberſetzen zu laſſen,
es verſteht ſich aber, daß er das Buch nicht ſelbſt uͤber-
ſetzt, ſondern er giebt es gegen zwey Drittheile der mit

dem
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[102/0126] ſich alle Buchhaͤndler, die Ueberſetzungen haben wollen, und ſie kennen wieder jeden ihrer Arbeiter, wozu er zu gebrauchen iſt, und wie hoch er im Preiſe ſtehet. Sie wenden ihnen Arbeit zu, beſtrafen ſie wenn ſie ſaͤumig ſind mit Entziehung ihrer Protection, merzen die Fehler ihrer Ueberſetzungen aus, oder bemaͤnteln ſie mit ihrem vornehmen Namen, denn mehrentheils ſind Entrepreneure von dieſer Art ſtark im Vorredenſchrei- ben. Sie wiſſen auch genau, wie viel Fleiß an jede Art der Ueberſetzung zu wenden noͤthig iſt, und wel- che Mittel anzuwenden ſind, damit ihre Ueberſetzun- gen allenthalben angeprieſen, und dem beruͤhmten Manne oͤffentlich gedanket werde, der die deutſche ge- lehrte Welt damit begluͤckt hat. Seb. Sie wiſſen, wie viel Fleiß an eine jede Art der Ueberſetzung zu wenden noͤthig iſt? Gehoͤrt denn nicht einerley Grad von Fleiße zu jeder Ueberſetzung, wenn ſie in ihrer Art gut ſeyn ſoll? Mag. Keinesweges! Dis kann nach den Um- ſtaͤnden ſehr verſchieden ſeyn. Z. B. Zu theologiſchen Buͤchern thut gemeiniglich ein Hochwuͤrdiger Herr ei- nem Buchhaͤndler den Vorſchlag, ſie unter ſeinem Namen und mit ſeiner Vorrede uͤberſetzen zu laſſen, es verſteht ſich aber, daß er das Buch nicht ſelbſt uͤber- ſetzt, ſondern er giebt es gegen zwey Drittheile der mit dem

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/126>, abgerufen am 29.11.2024.