Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599.Der Ander Theil deß Frewden Spiegels. cken gewissen Grunde gegeben ist/ darauff wir vnsern Glau-ben bauwen/ vnd vns sicher verlassen können? Hetten Socra- tes vnnd Plato ein solch Fundament gehabt/ sie würden den Todte warlich anders getrotzt/ vnd viel höhere Freuwde/ Schutz vnd Rettung wider allerley Anfechtung gefunden haben. Gerne bekenne ich aber/ daß solche Herrligkeit von vn- Aber da müssen wir das Vrtheil vnser Sinnen fahrenDie Vernunfft gleichwol R r iij
Der Ander Theil deß Frewden Spiegels. cken gewiſſen Grunde gegeben iſt/ darauff wir vnſern Glau-ben bauwen/ vnd vns ſicher verlaſſen können? Hetten Socra- tes vnnd Plato ein ſolch Fundament gehabt/ ſie würden den Todte warlich anders getrotzt/ vnd viel höhere Freuwde/ Schutz vñ Rettung wider allerley Anfechtung gefundẽ habẽ. Gerne bekenne ich aber/ daß ſolche Herrligkeit von vn- Aber da müſſen wir das Vrtheil vnſer Sinnen fahrenDie Vernunfft gleichwol R r iij
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Der Ander Theil deß Frewden Spiegels.
cken gewiſſen Grunde gegeben iſt/ darauff wir vnſern Glau-
ben bauwen/ vnd vns ſicher verlaſſen können? Hetten Socra-
tes vnnd Plato ein ſolch Fundament gehabt/ ſie würden den
Todte warlich anders getrotzt/ vnd viel höhere Freuwde/
Schutz vñ Rettung wider allerley Anfechtung gefundẽ habẽ.
Gerne bekenne ich aber/ daß ſolche Herrligkeit von vn-
ſerm Fleiſch vnnd Blut ſich nicht läſt begreiffen noch verſte-
hen: Denn wo ein Chriſt ſtirbt/ da ſcheinets nicht anders für
vnſern leiblichen Augen/ als wo ein Heyde ſtirbet/ ja
als auch wo ein vnvernünfftig Thier ſtirbet: Denn wer
kan die außfahrende Seele/ oder den außfahrenden Geiſt
deß Menſchen mit leiblichen Augen ſehen? Wer ſihet die H.
Engel vnnd Heerſcharen deß Allmächtigen Gottes/ wie ſie
als feuwrige Wagen vnnd Roſſe/ den ſterbenden Chriſten
vmbgeben/ vnd ſeiner Seelen mit groſſer Freuwde warnem-
men? Wer ſihet den gegenwärtigen Heylandt Jeſum Chri-
ſtum/ ſampt der gantzen heyligen Drey faltigkeit? Wer höret
auch das himmliſche Jubel Geſchrey vnd Frolocken der hey-
ligen Engeln/ das ſich da erhebt? Man ſihet da mit leiblichen
Augen anders nichts denn den todten Cörper/ Das ander iſt
alles für vnſern Sinnen tieff verborgen.
Die Seligkeit
vnd ſeliger Zu
ſtand der Auſſer
wehlten Seelẽ
iſt der Vernunfft
verborgeu.
Aber da müſſen wir das Vrtheil vnſer Sinnen fahren
laſſen/ vnnd nur auff das Wort Gottes achtung geben/ wel-
ches vns die Warheit verkündiget/ vnd leuget nicht: Zu dem
ſoltu wiſſen/ lieber Bruder/ daß Gottes Weſen/ als auch die
engliſche Naturen/ vnnd menſchliche Geiſter (ob ſie wol für
vnſern leiblichen Augen vnſichtbar ſeyn) dennoch vnter ſich
einer den andern recht ſehen vnnd wol hören können: Deñ lie-
ber iſt vns nicht Gott ſelbſt gegenwärtig mit ſeinen Engeln?
Aber wer ſihet dieſe gegenwärtige? Geiſter? Wer ſihet
den Allmächtigen Gott. Wer ſihet die heyligen Engel? Kein
Menſch ſihet ſie auff Erden mit fleiſchlichen Augen: Vnnd
gleichwol
Die Vernunfft
muß man in die-
ſem Geheimnuß
nicht zu Raht
nemmen.
R r iij
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