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Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

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Rahthause niedergeleget: Mein liebes Vaterland/
ich bin dir zwar mit Raht und That beygesprun-
gen/ du hast mich aber vor närrisch und meine
Warnung verdächtig gehalten/ also wirff die
Schuld deiner Straffe nicht auf die gerechten
Götter/ sondern auf dich selbst.

Hierauf ist er zu Wasser in AEgypten abgereiset.

Als er von dem Kraesus/ dem Lydier Könige ge-
fordert und gefraget wurde/ wen er vor den Glükk-
seligsten hielte? antwortet er: Den Tellus einen
Athenschen Bürger. Denn dieser war eines un-
sträflichen Lebens und ein frommer Mann/ hatte
wolerzogne Kinder/ und in dem er für sein Vater-
land ritterlich stritte/ kam er im Siegen mit gros-
sem Ruhm üm. Nach diesem aber den Kleobis und
Biton/ die nicht allein mit wunderwerther Liebe
unter sich verbunden/ sondern ihre schüldige Pflicht
gegen die alte Mutter Argien/ solcher gestalt an
den Tag gegeben/ daß/ als die Mutter nach Junons
Tempel eylen solte/ und die Ochsen sehr langsam
zogen/ sie sich selbst eingespannet/ und die Mutter/
so deßwegen hoch erfreuet/ und von allen glükselig
geschetzt wurde/ nach dem Tempel geführet. Her-
nach als sie nach verrichtetem Opfer gespeiset/ und
sich zur Ruh begeben/ hat man sie des Morgens
entseelet gefunden/ und/ daß sie mit grosser Ehr/
eines von allen Schmertzen entferneten Todes ge-
storben/ erfahren. Aber wie? fieng der im Zorn
entbrandte Kraesus an: Schätzest du uns nicht in
die Zahl der Glükseligen? darauf antwortete So-
lon/ der dem Menschen zu heucheln oder den Fuchs-
schwantz zu streichen nicht gelernet: O König der
Lydier/ wenn Gott einen Menschen so begnadiget/
daß dessen Wolergehn sich zugleich mit dem Leben

endet/

Rahthauſe niedergeleget: Mein liebes Vaterland/
ich bin dir zwar mit Raht und That beygeſprun-
gen/ du haſt mich aber vor naͤrriſch und meine
Warnung verdaͤchtig gehalten/ alſo wirff die
Schuld deiner Straffe nicht auf die gerechten
Goͤtter/ ſondern auf dich ſelbſt.

Hierauf iſt er zu Waſſer in Ægypten abgereiſet.

Als er von dem Kræſus/ dem Lydier Koͤnige ge-
fordert und gefraget wurde/ wen er vor den Gluͤkk-
ſeligſten hielte? antwortet er: Den Tellus einen
Athenſchen Buͤrger. Denn dieſer war eines un-
ſtraͤflichen Lebens und ein frommer Mann/ hatte
wolerzogne Kinder/ und in dem er fuͤr ſein Vater-
land ritterlich ſtritte/ kam er im Siegen mit groſ-
ſem Ruhm uͤm. Nach dieſem aber den Kleobis und
Biton/ die nicht allein mit wunderwerther Liebe
unter ſich verbundẽ/ ſondern ihre ſchuͤldige Pflicht
gegen die alte Mutter Argien/ ſolcher geſtalt an
den Tag gegeben/ daß/ als die Mutter nach Junons
Tempel eylen ſolte/ und die Ochſen ſehr langſam
zogen/ ſie ſich ſelbſt eingeſpannet/ und die Mutter/
ſo deßwegen hoch erfreuet/ und von allen gluͤkſelig
geſchetzt wurde/ nach dem Tempel gefuͤhret. Her-
nach als ſie nach verrichtetem Opfer geſpeiſet/ und
ſich zur Ruh begeben/ hat man ſie des Morgens
entſeelet gefunden/ und/ daß ſie mit groſſer Ehr/
eines von allen Schmertzen entferneten Todes ge-
ſtorben/ erfahren. Aber wie? fieng der im Zorn
entbrandte Kræſus an: Schaͤtzeſt du uns nicht in
die Zahl der Gluͤkſeligen? darauf antwortete So-
lon/ der dem Menſchen zu heucheln oder den Fuchs-
ſchwantz zu ſtreichen nicht gelernet: O Koͤnig der
Lydier/ wenn Gott einen Menſchen ſo begnadiget/
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[329/0409] Rahthauſe niedergeleget: Mein liebes Vaterland/ ich bin dir zwar mit Raht und That beygeſprun- gen/ du haſt mich aber vor naͤrriſch und meine Warnung verdaͤchtig gehalten/ alſo wirff die Schuld deiner Straffe nicht auf die gerechten Goͤtter/ ſondern auf dich ſelbſt. Hierauf iſt er zu Waſſer in Ægypten abgereiſet. Als er von dem Kræſus/ dem Lydier Koͤnige ge- fordert und gefraget wurde/ wen er vor den Gluͤkk- ſeligſten hielte? antwortet er: Den Tellus einen Athenſchen Buͤrger. Denn dieſer war eines un- ſtraͤflichen Lebens und ein frommer Mann/ hatte wolerzogne Kinder/ und in dem er fuͤr ſein Vater- land ritterlich ſtritte/ kam er im Siegen mit groſ- ſem Ruhm uͤm. Nach dieſem aber den Kleobis und Biton/ die nicht allein mit wunderwerther Liebe unter ſich verbundẽ/ ſondern ihre ſchuͤldige Pflicht gegen die alte Mutter Argien/ ſolcher geſtalt an den Tag gegeben/ daß/ als die Mutter nach Junons Tempel eylen ſolte/ und die Ochſen ſehr langſam zogen/ ſie ſich ſelbſt eingeſpannet/ und die Mutter/ ſo deßwegen hoch erfreuet/ und von allen gluͤkſelig geſchetzt wurde/ nach dem Tempel gefuͤhret. Her- nach als ſie nach verrichtetem Opfer geſpeiſet/ und ſich zur Ruh begeben/ hat man ſie des Morgens entſeelet gefunden/ und/ daß ſie mit groſſer Ehr/ eines von allen Schmertzen entferneten Todes ge- ſtorben/ erfahren. Aber wie? fieng der im Zorn entbrandte Kræſus an: Schaͤtzeſt du uns nicht in die Zahl der Gluͤkſeligen? darauf antwortete So- lon/ der dem Menſchen zu heucheln oder den Fuchs- ſchwantz zu ſtreichen nicht gelernet: O Koͤnig der Lydier/ wenn Gott einen Menſchen ſo begnadiget/ daß deſſen Wolergehn ſich zugleich mit dem Leben endet/

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/409>, abgerufen am 22.11.2024.