Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.Der Lieb-erfreute tzen nun eingewurtzelten Schäffers Mund und ver-meinender Lippen Wunden mit getheilet/ deroge- stalt/ daß er dadurch von neuen entzündet/ Jhr einen heimlichen Kuß unter werenden Handel hat abgestohlen. Weil dann nun alle Liebha- bende und sonderlich das keusche Frauen- zimmer pfleget roth zu werden/ wenn sie in ihrer Liebe beschlichen werden/ als erschien solches auch an der Edelen Artztinne Bellifloren. Dann/ als sie satsam/ und zwar alsobald vermer- ket/ daß Filamon nicht unbewust were/ was mas- sen sie mit gegen Liebe gegen ihn enthrandt/ und kein Bienenstich vorhanden/ ist sie dermassen mit röht- licher Lieblichkeit erblasset und angelauffen/ daß sie auch der beste Maßler nicht schöner hette ent- werffen können/ Ja die schönsten Leibfarben Ro- sen hetten ihre Farbe ihr zu den Füssen legen/ und in dero vortreflichen röhte den Preis geben müs- sen. Und als sie wiederumb ergentzet/ hat sie al- so angefangen: Werther Filamon/ ist das die Wunde so euch die nichts werthe Bienen/ ja das blinde Venus-Kind mit seinen spitzigen Pfeilen ge- schossen? O falsche Wunde! hettet ihr nicht bes- ser Mittel haben können/ als daß ihr deren Cur/ von einer geringschätzigen Schäferinnen so insten- dig allezeit gesuchet? Jhr liebster Filamon/ von eu- rer unwürdigen stets geflissenen Dienerinn? sol- cher wundersamen Renke weren vieleicht gegen mein gleich verwundtes Hertze nicht vonnöhten gewesen. Jch möchte aber gerne wissen/ von wem Jhr Edler/ Filamon/ doch solche kluge Spitz- findigkeiten erlernet? Ach/ sprach Er/ mein Hertz- allerliebste wie möget ihr doch fragen von wem ich die-
Der Lieb-erfreute tzen nun eingewurtzelten Schaͤffers Mund und ver-meinender Lippen Wunden mit getheilet/ deroge- ſtalt/ daß er dadurch von neuen entzuͤndet/ Jhr einen heimlichen Kuß unter werenden Handel hat abgeſtohlen. Weil dann nun alle Liebha- bende und ſonderlich das keuſche Frauen- zimmer pfleget roth zu werden/ wenn ſie in ihrer Liebe beſchlichen werden/ als erſchien ſolches auch an der Edelen Artztinne Bellifloren. Dann/ als ſie ſatſam/ und zwar alſobald vermer- ket/ daß Filamon nicht unbewuſt were/ was maſ- ſen ſie mit gegen Liebe gegen ihn enthrandt/ und kein Bienenſtich vorhanden/ iſt ſie dermaſſen mit roͤht- licher Lieblichkeit erblaſſet und angelauffen/ daß ſie auch der beſte Maßler nicht ſchoͤner hette ent- werffen koͤnnen/ Ja die ſchoͤnſten Leibfarben Ro- ſen hetten ihre Farbe ihr zu den Fuͤſſen legen/ und in dero vortreflichen roͤhte den Preis geben muͤſ- ſen. Und als ſie wiederumb ergentzet/ hat ſie al- ſo angefangen: Werther Filamon/ iſt das die Wunde ſo euch die nichts werthe Bienen/ ja das blinde Venus-Kind mit ſeinen ſpitzigen Pfeilen ge- ſchoſſen? O falſche Wunde! hettet ihr nicht beſ- ſer Mittel haben koͤnnen/ als daß ihr deren Cur/ von einer geringſchaͤtzigen Schaͤferinnen ſo inſten- dig allezeit geſuchet? Jhr liebſter Filamon/ von eu- rer unwuͤrdigen ſtets gefliſſenen Dienerinn? ſol- cher wunderſamen Renke weren vieleicht gegen mein gleich verwundtes Hertze nicht vonnoͤhten geweſen. Jch moͤchte aber gerne wiſſen/ von wem Jhr Edler/ Filamon/ doch ſolche kluge Spitz- findigkeiten erlernet? Ach/ ſprach Er/ mein Hertz- allerliebſte wie moͤget ihr doch fragen von wem ich die-
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Der Lieb-erfreute
tzen nun eingewurtzelten Schaͤffers Mund und ver-
meinender Lippen Wunden mit getheilet/ deroge-
ſtalt/ daß er dadurch von neuen entzuͤndet/ Jhr
einen heimlichen Kuß unter werenden Handel
hat abgeſtohlen. Weil dann nun alle Liebha-
bende und ſonderlich das keuſche Frauen-
zimmer pfleget roth zu werden/ wenn ſie
in ihrer Liebe beſchlichen werden/ als erſchien
ſolches auch an der Edelen Artztinne Bellifloren.
Dann/ als ſie ſatſam/ und zwar alſobald vermer-
ket/ daß Filamon nicht unbewuſt were/ was maſ-
ſen ſie mit gegen Liebe gegen ihn enthrandt/ und kein
Bienenſtich vorhanden/ iſt ſie dermaſſen mit roͤht-
licher Lieblichkeit erblaſſet und angelauffen/ daß
ſie auch der beſte Maßler nicht ſchoͤner hette ent-
werffen koͤnnen/ Ja die ſchoͤnſten Leibfarben Ro-
ſen hetten ihre Farbe ihr zu den Fuͤſſen legen/ und
in dero vortreflichen roͤhte den Preis geben muͤſ-
ſen. Und als ſie wiederumb ergentzet/ hat ſie al-
ſo angefangen: Werther Filamon/ iſt das die
Wunde ſo euch die nichts werthe Bienen/ ja das
blinde Venus-Kind mit ſeinen ſpitzigen Pfeilen ge-
ſchoſſen? O falſche Wunde! hettet ihr nicht beſ-
ſer Mittel haben koͤnnen/ als daß ihr deren Cur/
von einer geringſchaͤtzigen Schaͤferinnen ſo inſten-
dig allezeit geſuchet? Jhr liebſter Filamon/ von eu-
rer unwuͤrdigen ſtets gefliſſenen Dienerinn? ſol-
cher wunderſamen Renke weren vieleicht gegen
mein gleich verwundtes Hertze nicht vonnoͤhten
geweſen. Jch moͤchte aber gerne wiſſen/ von wem
Jhr Edler/ Filamon/ doch ſolche kluge Spitz-
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