Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.die Verständige Abigail. Jacobs siebenmalige demühtige Begrüssung/ so viel ge-fruchtet/ daß des Esaus vormals Haß-zorniges Gemühte in freund-brüderliche Gedanken verändert/ der erhitzte Mord- sinn/ in heiße Liebe verwechselt/ und der verbitterte Vorsatz/ in süßes und leutseliges Umhälsen; ja die in des erschrokkenen Jacobs Hertzen albereits aufquellende Jammer-zähren/ so wol bey ihm als seinem Bruder Esau in milde Freuden-Thrä- nen verwandelt worden. Wie solches mit mehrerm zu lesen in dem 32 und 33 sten Cap. des 1 Buchs Mosis. g So billt Er wie der Hund der auf dem Grummet lieget. Hier wird gesehen auf die Fabel AEso- pi, da gemeldet wird/ es habe ein hungerig Schaf/ den Hund so auf dem Heu oder Grummet gelegen/ üm etwas Futter ge- beten/ in Hoffnung der Hund/ welcher ohne das kein Heu frese/ werde ihm solches nicht versagen/ sondern seinen Hun- ger zu stillen/ wol zu frieden seyn: Als aber der Hund aus bloßem Haß und Boßheit/ das arme nohtleidende Schaf ab- gebissen/ und nicht das geringste genießen laßen wollen/ sey es mit Seuftzen darvon gangen. Eben so ist es auch dem flüchtigen und in großem Hunger und Kummer lebendem David/ als einem/ von Sauls grimmigen Wölfen verfolge- ten Schafe/ bey dem neidischen Hunde/ dem närrischen und von unersättlichem Geitze/ aufgeschwollenem Nabal ergan- gen. Wie hiervon das 25 Cap. des 1 Buchs Sam. meldet. h Du haft den Goliath durch Gottes Kraft bezwungen/ darüm wir dir unlängst ein Sieges- Lied gesungen. Als David von Samuel zum Könige in Jsrael gesalbet/ und darauf mit Gottes Kraft ausgerü- stet war/ hat es sich begeben/ daß die Philister in das Jüdi- sche Land eingefallen/ zu Socho und Aseka ihr Läger aufge- schlagen/ und zum Streit sich gerüstet/ im willens/ den Kin- dern Jsrael/ welche sich gegen über im Eichgrunde gleicher- gestalt zum Streit versamlet/ eine Feldschlacht zu liefern/ und Sie biß aufs Haupt zu schlagen: Ehe aber solches ge- schehen/ ist der hochmühtige Goliath/ der Philister vortref- lichster Kriegsmann/ ein abscheulich-großer Riese hervorge- treten/ dem Volke Gottes und ihren Waffen Hohn und Trotz gesprochen/ und jemanden auß den Jsraeliten/ sich mit ihm allein üm die Oberhand zu schlagen/ freventlich herausgefor- dert/ und zwar dergestalt/ wie dort zwischen den Römern und d vij
die Verſtaͤndige Abigail. Jacobs ſiebenmalige demuͤhtige Begruͤſſung/ ſo viel ge-fruchtet/ daß des Eſaus vormals Haß-zorniges Gemuͤhte in freund-bruͤderliche Gedanken veraͤndert/ der erhitzte Mord- ſinn/ in heiße Liebe verwechſelt/ und der verbitterte Vorſatz/ in ſuͤßes und leutſeliges Umhaͤlſen; ja die in des erſchrokkenen Jacobs Hertzen albereits aufquellende Jammer-zaͤhren/ ſo wol bey ihm als ſeinem Bruder Eſau in milde Freuden-Thraͤ- nen verwandelt worden. Wie ſolches mit mehrerm zu leſen in dem 32 und 33 ſten Cap. des 1 Buchs Moſis. g So billt Er wie der Hund der auf dem Grummet lieget. Hier wird geſehen auf die Fabel Æſo- pi, da gemeldet wird/ es habe ein hungerig Schaf/ den Hund ſo auf dem Heu oder Grummet gelegen/ uͤm etwas Futter ge- beten/ in Hoffnung der Hund/ welcher ohne das kein Heu freſe/ werde ihm ſolches nicht verſagen/ ſondern ſeinen Hun- ger zu ſtillen/ wol zu frieden ſeyn: Als aber der Hund aus bloßem Haß und Boßheit/ das arme nohtleidende Schaf ab- gebiſſen/ und nicht das geringſte genießen laßen wollen/ ſey es mit Seuftzen darvon gangen. Eben ſo iſt es auch dem fluͤchtigen und in großem Hunger und Kummer lebendem David/ als einem/ von Sauls grimmigen Woͤlfen verfolge- ten Schafe/ bey dem neidiſchen Hunde/ dem naͤrriſchen und von unerſaͤttlichem Geitze/ aufgeſchwollenem Nabal ergan- gen. Wie hiervon das 25 Cap. des 1 Buchs Sam. meldet. h Du haft den Goliath durch Gottes Kraft bezwungen/ daruͤm wir dir unlaͤngſt ein Sieges- Lied geſungen. Als David von Samuel zum Koͤnige in Jſrael geſalbet/ und darauf mit Gottes Kraft ausgeruͤ- ſtet war/ hat es ſich begeben/ daß die Philiſter in das Juͤdi- ſche Land eingefallen/ zu Socho und Aſeka ihr Laͤger aufge- ſchlagen/ und zum Streit ſich geruͤſtet/ im willens/ den Kin- dern Jſrael/ welche ſich gegen uͤber im Eichgrunde gleicher- geſtalt zum Streit verſamlet/ eine Feldſchlacht zu liefern/ und Sie biß aufs Haupt zu ſchlagen: Ehe aber ſolches ge- ſchehen/ iſt der hochmuͤhtige Goliath/ der Philiſter vortref- lichſter Kriegsmann/ ein abſcheulich-großer Rieſe hervorge- treten/ dem Volke Gottes und ihren Waffen Hohn und Trotz geſprochen/ und jemanden auß den Jſraeliten/ ſich mit ihm allein uͤm die Oberhand zu ſchlagen/ freventlich herausgefor- dert/ und zwar dergeſtalt/ wie dort zwiſchen den Roͤmern und d vij
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <note xml:id="t1f" prev="#z1f" place="end" n="f"><pb facs="#f0141" n="85"/><fw place="top" type="header">die Verſtaͤndige Abigail.</fw><lb/> Jacobs ſiebenmalige demuͤhtige Begruͤſſung/ ſo viel ge-<lb/> fruchtet/ daß des Eſaus vormals Haß-zorniges Gemuͤhte in<lb/> freund-bruͤderliche Gedanken veraͤndert/ der erhitzte Mord-<lb/> ſinn/ in heiße Liebe verwechſelt/ und der verbitterte Vorſatz/<lb/> in ſuͤßes und leutſeliges Umhaͤlſen; ja die in des erſchrokkenen<lb/> Jacobs Hertzen albereits aufquellende Jammer-zaͤhren/ ſo<lb/> wol bey ihm als ſeinem Bruder Eſau in milde Freuden-Thraͤ-<lb/> nen verwandelt worden. Wie ſolches mit mehrerm zu leſen<lb/> in dem 32 und 33 ſten Cap. des 1 Buchs Moſis.</note><lb/> <note xml:id="t1g" prev="#z1g" place="end" n="g"><hi rendition="#fr">So billt Er wie der Hund der auf dem<lb/> Grummet lieget</hi>. Hier wird geſehen auf die Fabel <hi rendition="#aq">Æſo-<lb/> pi,</hi> da gemeldet wird/ es habe ein hungerig Schaf/ den Hund<lb/> ſo auf dem Heu oder Grummet gelegen/ uͤm etwas Futter ge-<lb/> beten/ in Hoffnung der Hund/ welcher ohne das kein Heu<lb/> freſe/ werde ihm ſolches nicht verſagen/ ſondern ſeinen Hun-<lb/> ger zu ſtillen/ wol zu frieden ſeyn: Als aber der Hund aus<lb/> bloßem Haß und Boßheit/ das arme nohtleidende Schaf ab-<lb/> gebiſſen/ und nicht das geringſte genießen laßen wollen/ ſey<lb/> es mit Seuftzen darvon gangen. Eben ſo iſt es auch dem<lb/> fluͤchtigen und in großem Hunger und Kummer lebendem<lb/> David/ als einem/ von Sauls grimmigen Woͤlfen verfolge-<lb/> ten Schafe/ bey dem neidiſchen Hunde/ dem naͤrriſchen und<lb/> von unerſaͤttlichem Geitze/ aufgeſchwollenem Nabal ergan-<lb/> gen. Wie hiervon das 25 Cap. des 1 Buchs Sam. meldet.</note><lb/> <note xml:id="t0h" prev="#z0h" place="end" n="h"><hi rendition="#fr">Du haft den Goliath durch Gottes Kraft<lb/> bezwungen/ daruͤm wir dir unlaͤngſt ein Sieges-<lb/> Lied geſungen</hi>. Als David von Samuel zum Koͤnige<lb/> in Jſrael geſalbet/ und darauf mit Gottes Kraft ausgeruͤ-<lb/> ſtet war/ hat es ſich begeben/ daß die Philiſter in das Juͤdi-<lb/> ſche Land eingefallen/ zu Socho und Aſeka ihr Laͤger aufge-<lb/> ſchlagen/ und zum Streit ſich geruͤſtet/ im willens/ den Kin-<lb/> dern Jſrael/ welche ſich gegen uͤber im Eichgrunde gleicher-<lb/> geſtalt zum Streit verſamlet/ eine Feldſchlacht zu liefern/<lb/> und Sie biß aufs Haupt zu ſchlagen: Ehe aber ſolches ge-<lb/> ſchehen/ iſt der hochmuͤhtige Goliath/ der Philiſter vortref-<lb/> lichſter Kriegsmann/ ein abſcheulich-großer Rieſe hervorge-<lb/> treten/ dem Volke Gottes und ihren Waffen Hohn und Trotz<lb/> geſprochen/ und jemanden auß den Jſraeliten/ ſich mit ihm<lb/> allein uͤm die Oberhand zu ſchlagen/ freventlich herausgefor-<lb/> dert/ und zwar dergeſtalt/ wie dort zwiſchen den Roͤmern und<lb/> <fw place="bottom" type="sig">d vij</fw><fw place="bottom" type="catch">Alba-</fw><lb/></note> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0141]
die Verſtaͤndige Abigail.
f
Jacobs ſiebenmalige demuͤhtige Begruͤſſung/ ſo viel ge-
fruchtet/ daß des Eſaus vormals Haß-zorniges Gemuͤhte in
freund-bruͤderliche Gedanken veraͤndert/ der erhitzte Mord-
ſinn/ in heiße Liebe verwechſelt/ und der verbitterte Vorſatz/
in ſuͤßes und leutſeliges Umhaͤlſen; ja die in des erſchrokkenen
Jacobs Hertzen albereits aufquellende Jammer-zaͤhren/ ſo
wol bey ihm als ſeinem Bruder Eſau in milde Freuden-Thraͤ-
nen verwandelt worden. Wie ſolches mit mehrerm zu leſen
in dem 32 und 33 ſten Cap. des 1 Buchs Moſis.
g So billt Er wie der Hund der auf dem
Grummet lieget. Hier wird geſehen auf die Fabel Æſo-
pi, da gemeldet wird/ es habe ein hungerig Schaf/ den Hund
ſo auf dem Heu oder Grummet gelegen/ uͤm etwas Futter ge-
beten/ in Hoffnung der Hund/ welcher ohne das kein Heu
freſe/ werde ihm ſolches nicht verſagen/ ſondern ſeinen Hun-
ger zu ſtillen/ wol zu frieden ſeyn: Als aber der Hund aus
bloßem Haß und Boßheit/ das arme nohtleidende Schaf ab-
gebiſſen/ und nicht das geringſte genießen laßen wollen/ ſey
es mit Seuftzen darvon gangen. Eben ſo iſt es auch dem
fluͤchtigen und in großem Hunger und Kummer lebendem
David/ als einem/ von Sauls grimmigen Woͤlfen verfolge-
ten Schafe/ bey dem neidiſchen Hunde/ dem naͤrriſchen und
von unerſaͤttlichem Geitze/ aufgeſchwollenem Nabal ergan-
gen. Wie hiervon das 25 Cap. des 1 Buchs Sam. meldet.
h Du haft den Goliath durch Gottes Kraft
bezwungen/ daruͤm wir dir unlaͤngſt ein Sieges-
Lied geſungen. Als David von Samuel zum Koͤnige
in Jſrael geſalbet/ und darauf mit Gottes Kraft ausgeruͤ-
ſtet war/ hat es ſich begeben/ daß die Philiſter in das Juͤdi-
ſche Land eingefallen/ zu Socho und Aſeka ihr Laͤger aufge-
ſchlagen/ und zum Streit ſich geruͤſtet/ im willens/ den Kin-
dern Jſrael/ welche ſich gegen uͤber im Eichgrunde gleicher-
geſtalt zum Streit verſamlet/ eine Feldſchlacht zu liefern/
und Sie biß aufs Haupt zu ſchlagen: Ehe aber ſolches ge-
ſchehen/ iſt der hochmuͤhtige Goliath/ der Philiſter vortref-
lichſter Kriegsmann/ ein abſcheulich-großer Rieſe hervorge-
treten/ dem Volke Gottes und ihren Waffen Hohn und Trotz
geſprochen/ und jemanden auß den Jſraeliten/ ſich mit ihm
allein uͤm die Oberhand zu ſchlagen/ freventlich herausgefor-
dert/ und zwar dergeſtalt/ wie dort zwiſchen den Roͤmern und
Alba-
d vij
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |