Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Alles wußten wir; aber es ward nur erst
in dem Augenblick, als es zu spät war, gehörig
beherzigt.

Rasch und besonnen hingegen benutzte der
Feind auf der Stelle seine erlangten Vortheile;
gieng in das Siederland vor; setzte sich hinter
das Gradierwerk und zeigte sich selbst vor dem
Galgenberge. Rechtshin aber griff er zugleich
unsre Schanze auf dem Strickerberge, hart an
dem Damme vor dem Gelder-Thore gelegen, mit
solchem Nachdruck an und ward dabei durch sein
Flankenfeuer von der Altstadt her so gut unter-
stützt, daß das Feuer aller unsrer Batterieen, wie
heftig es auch unterhalten wurde, dagegen kaum
ausreichte. Abends gegen 6 Uhr mußten die Gre-
nadiere, welche bis dahin die Schanze mit Ent-
schlossenheit vertheidigt hatten, sich durch eine Ab-
theilung Freiwilliger des Schillschen Corps ablö-
sen lassen; und Diesen glückte es, sich darinn
noch 48 Stunden zu behaupten, -- ja noch gleich
in der nächsten Nacht eine neue Schanze, nächst
dem weissen Kruge, (dem letzten Hause der Gel-
der-Vorstadt) aufzuwerfen, wodurch der Damm
noch besser bestrichen und die Feinde an der An-
näherung verhindert wurden.

Allerdings stand nun die genannte Vorstadt
in naher und dringender Gefahr, überwältigt und
dann der Festung sehr nachtheilig zu werden. Lou-
cadou war darum auch sogleich mit dem Befehl
zum Abbrennen bereit. Diesmal aber fand seine

Das Alles wußten wir; aber es ward nur erſt
in dem Augenblick, als es zu ſpaͤt war, gehoͤrig
beherzigt.

Raſch und beſonnen hingegen benutzte der
Feind auf der Stelle ſeine erlangten Vortheile;
gieng in das Siederland vor; ſetzte ſich hinter
das Gradierwerk und zeigte ſich ſelbſt vor dem
Galgenberge. Rechtshin aber griff er zugleich
unſre Schanze auf dem Strickerberge, hart an
dem Damme vor dem Gelder-Thore gelegen, mit
ſolchem Nachdruck an und ward dabei durch ſein
Flankenfeuer von der Altſtadt her ſo gut unter-
ſtuͤtzt, daß das Feuer aller unſrer Batterieen, wie
heftig es auch unterhalten wurde, dagegen kaum
ausreichte. Abends gegen 6 Uhr mußten die Gre-
nadiere, welche bis dahin die Schanze mit Ent-
ſchloſſenheit vertheidigt hatten, ſich durch eine Ab-
theilung Freiwilliger des Schillſchen Corps abloͤ-
ſen laſſen; und Dieſen gluͤckte es, ſich darinn
noch 48 Stunden zu behaupten, — ja noch gleich
in der naͤchſten Nacht eine neue Schanze, naͤchſt
dem weiſſen Kruge, (dem letzten Hauſe der Gel-
der-Vorſtadt) aufzuwerfen, wodurch der Damm
noch beſſer beſtrichen und die Feinde an der An-
naͤherung verhindert wurden.

Allerdings ſtand nun die genannte Vorſtadt
in naher und dringender Gefahr, uͤberwaͤltigt und
dann der Feſtung ſehr nachtheilig zu werden. Lou-
cadou war darum auch ſogleich mit dem Befehl
zum Abbrennen bereit. Diesmal aber fand ſeine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0094" n="78"/>
Das Alles wußten wir; aber es ward nur er&#x017F;t<lb/>
in dem Augenblick, als es zu &#x017F;pa&#x0364;t war, geho&#x0364;rig<lb/>
beherzigt.</p><lb/>
        <p>Ra&#x017F;ch und be&#x017F;onnen hingegen benutzte der<lb/>
Feind auf der Stelle &#x017F;eine erlangten Vortheile;<lb/>
gieng in das Siederland vor; &#x017F;etzte &#x017F;ich hinter<lb/>
das Gradierwerk und zeigte &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t vor dem<lb/>
Galgenberge. Rechtshin aber griff er zugleich<lb/>
un&#x017F;re Schanze auf dem Strickerberge, hart an<lb/>
dem Damme vor dem Gelder-Thore gelegen, mit<lb/>
&#x017F;olchem Nachdruck an und ward dabei durch &#x017F;ein<lb/>
Flankenfeuer von der Alt&#x017F;tadt her &#x017F;o gut unter-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;tzt, daß das Feuer aller un&#x017F;rer Batterieen, wie<lb/>
heftig es auch unterhalten wurde, dagegen kaum<lb/>
ausreichte. Abends gegen 6 Uhr mußten die Gre-<lb/>
nadiere, welche bis dahin die Schanze mit Ent-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit vertheidigt hatten, &#x017F;ich durch eine Ab-<lb/>
theilung Freiwilliger des Schill&#x017F;chen Corps ablo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en; und Die&#x017F;en glu&#x0364;ckte es, &#x017F;ich darinn<lb/>
noch 48 Stunden zu behaupten, &#x2014; ja noch gleich<lb/>
in der na&#x0364;ch&#x017F;ten Nacht eine neue Schanze, na&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
dem wei&#x017F;&#x017F;en Kruge, (dem letzten Hau&#x017F;e der Gel-<lb/>
der-Vor&#x017F;tadt) aufzuwerfen, wodurch der Damm<lb/>
noch be&#x017F;&#x017F;er be&#x017F;trichen und die Feinde an der An-<lb/>
na&#x0364;herung verhindert wurden.</p><lb/>
        <p>Allerdings &#x017F;tand nun die genannte Vor&#x017F;tadt<lb/>
in naher und dringender Gefahr, u&#x0364;berwa&#x0364;ltigt und<lb/>
dann der Fe&#x017F;tung &#x017F;ehr nachtheilig zu werden. Lou-<lb/>
cadou war darum auch &#x017F;ogleich mit dem Befehl<lb/>
zum Abbrennen bereit. Diesmal aber fand &#x017F;eine<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0094] Das Alles wußten wir; aber es ward nur erſt in dem Augenblick, als es zu ſpaͤt war, gehoͤrig beherzigt. Raſch und beſonnen hingegen benutzte der Feind auf der Stelle ſeine erlangten Vortheile; gieng in das Siederland vor; ſetzte ſich hinter das Gradierwerk und zeigte ſich ſelbſt vor dem Galgenberge. Rechtshin aber griff er zugleich unſre Schanze auf dem Strickerberge, hart an dem Damme vor dem Gelder-Thore gelegen, mit ſolchem Nachdruck an und ward dabei durch ſein Flankenfeuer von der Altſtadt her ſo gut unter- ſtuͤtzt, daß das Feuer aller unſrer Batterieen, wie heftig es auch unterhalten wurde, dagegen kaum ausreichte. Abends gegen 6 Uhr mußten die Gre- nadiere, welche bis dahin die Schanze mit Ent- ſchloſſenheit vertheidigt hatten, ſich durch eine Ab- theilung Freiwilliger des Schillſchen Corps abloͤ- ſen laſſen; und Dieſen gluͤckte es, ſich darinn noch 48 Stunden zu behaupten, — ja noch gleich in der naͤchſten Nacht eine neue Schanze, naͤchſt dem weiſſen Kruge, (dem letzten Hauſe der Gel- der-Vorſtadt) aufzuwerfen, wodurch der Damm noch beſſer beſtrichen und die Feinde an der An- naͤherung verhindert wurden. Allerdings ſtand nun die genannte Vorſtadt in naher und dringender Gefahr, uͤberwaͤltigt und dann der Feſtung ſehr nachtheilig zu werden. Lou- cadou war darum auch ſogleich mit dem Befehl zum Abbrennen bereit. Diesmal aber fand ſeine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/94
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/94>, abgerufen am 06.05.2024.