Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

in diesem wichtigen Posten immer fester setzte,
Fleschen anlegen ließ, Wolfsgruben grub und
Verhacke veranstaltete. Die Beschützung des Pla-
tzes von dieser Seite blieb nun gänzlich seiner
Sorgfalt überlassen.

Der feindliche Anführer mußte indeß seine,
am 13. Merz errungenen Vortheile wohl selbst
für bedeutend genug halten, um zu glauben, daß
uns der Muth zu fernerem Widerstande dadurch
gebrochen worden. Es erschien also am 15. Vor-
mittags um 10 Uhr am Mühlenthor ein franzö-
sischer Parlementair in einem, mit vier Pferden
bespannten, niedergelassenen Wagen. Der Kut-
scher fuhr vom Sattel; den Bock nahm ein Trom-
peter ein, und zwei Nobel-Gardisten, wie die
Puppen gekleidet und mit Gewehr und völliger
Rüstung versehen, giengen zu beiden Seiten des
Wagens einher. Jn diesem ungewöhnlichen Auf-
zuge und unter einer schmetternden Tarare, ras-
selte das Völkchen zur Stadt herein, und hielt
dann plötzlich vor dem Hause des Commandan-
ten, der den Parlementair in der Hausthür em-
pfieng, ihm freundlich die Hand bot, und dann
ihn in sein Zimmer führte, welches sofort hinter
ihnen verschlossen wurde.

Nach und nach versammleten sich viele Of-
ficiere der Garnison auf der Flur des Hauses,
unter welche auch ich mich mischte. Alle waren
von jener Erscheinung mehr oder weniger über-
rascht und auf den weiteren Erfolg gespannt.

in dieſem wichtigen Poſten immer feſter ſetzte,
Fleſchen anlegen ließ, Wolfsgruben grub und
Verhacke veranſtaltete. Die Beſchuͤtzung des Pla-
tzes von dieſer Seite blieb nun gaͤnzlich ſeiner
Sorgfalt uͤberlaſſen.

Der feindliche Anfuͤhrer mußte indeß ſeine,
am 13. Merz errungenen Vortheile wohl ſelbſt
fuͤr bedeutend genug halten, um zu glauben, daß
uns der Muth zu fernerem Widerſtande dadurch
gebrochen worden. Es erſchien alſo am 15. Vor-
mittags um 10 Uhr am Muͤhlenthor ein franzoͤ-
ſiſcher Parlementair in einem, mit vier Pferden
beſpannten, niedergelaſſenen Wagen. Der Kut-
ſcher fuhr vom Sattel; den Bock nahm ein Trom-
peter ein, und zwei Nobel-Gardiſten, wie die
Puppen gekleidet und mit Gewehr und voͤlliger
Ruͤſtung verſehen, giengen zu beiden Seiten des
Wagens einher. Jn dieſem ungewoͤhnlichen Auf-
zuge und unter einer ſchmetternden Tarare, raſ-
ſelte das Voͤlkchen zur Stadt herein, und hielt
dann ploͤtzlich vor dem Hauſe des Commandan-
ten, der den Parlementair in der Hausthuͤr em-
pfieng, ihm freundlich die Hand bot, und dann
ihn in ſein Zimmer fuͤhrte, welches ſofort hinter
ihnen verſchloſſen wurde.

Nach und nach verſammleten ſich viele Of-
ficiere der Garniſon auf der Flur des Hauſes,
unter welche auch ich mich miſchte. Alle waren
von jener Erſcheinung mehr oder weniger uͤber-
raſcht und auf den weiteren Erfolg geſpannt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0086" n="70"/>
in die&#x017F;em wichtigen Po&#x017F;ten immer fe&#x017F;ter &#x017F;etzte,<lb/>
Fle&#x017F;chen anlegen ließ, Wolfsgruben grub und<lb/>
Verhacke veran&#x017F;taltete. Die Be&#x017F;chu&#x0364;tzung des Pla-<lb/>
tzes von die&#x017F;er Seite blieb nun ga&#x0364;nzlich &#x017F;einer<lb/>
Sorgfalt u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Der feindliche Anfu&#x0364;hrer mußte indeß &#x017F;eine,<lb/>
am 13. Merz errungenen Vortheile wohl &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
fu&#x0364;r bedeutend genug halten, um zu glauben, daß<lb/>
uns der Muth zu fernerem Wider&#x017F;tande dadurch<lb/>
gebrochen worden. Es er&#x017F;chien al&#x017F;o am 15. Vor-<lb/>
mittags um 10 Uhr am Mu&#x0364;hlenthor ein franzo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;cher Parlementair in einem, mit vier Pferden<lb/>
be&#x017F;pannten, niedergela&#x017F;&#x017F;enen Wagen. Der Kut-<lb/>
&#x017F;cher fuhr vom Sattel; den Bock nahm ein Trom-<lb/>
peter ein, und zwei Nobel-Gardi&#x017F;ten, wie die<lb/>
Puppen gekleidet und mit Gewehr und vo&#x0364;lliger<lb/>
Ru&#x0364;&#x017F;tung ver&#x017F;ehen, giengen zu beiden Seiten des<lb/>
Wagens einher. Jn die&#x017F;em ungewo&#x0364;hnlichen Auf-<lb/>
zuge und unter einer &#x017F;chmetternden Tarare, ra&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elte das Vo&#x0364;lkchen zur Stadt herein, und hielt<lb/>
dann plo&#x0364;tzlich vor dem Hau&#x017F;e des Commandan-<lb/>
ten, der den Parlementair in der Hausthu&#x0364;r em-<lb/>
pfieng, ihm freundlich die Hand bot, und dann<lb/>
ihn in &#x017F;ein Zimmer fu&#x0364;hrte, welches &#x017F;ofort hinter<lb/>
ihnen ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en wurde.</p><lb/>
        <p>Nach und nach ver&#x017F;ammleten &#x017F;ich viele Of-<lb/>
ficiere der Garni&#x017F;on auf der Flur des Hau&#x017F;es,<lb/>
unter welche auch ich mich mi&#x017F;chte. Alle waren<lb/>
von jener Er&#x017F;cheinung mehr oder weniger u&#x0364;ber-<lb/>
ra&#x017F;cht und auf den weiteren Erfolg ge&#x017F;pannt.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0086] in dieſem wichtigen Poſten immer feſter ſetzte, Fleſchen anlegen ließ, Wolfsgruben grub und Verhacke veranſtaltete. Die Beſchuͤtzung des Pla- tzes von dieſer Seite blieb nun gaͤnzlich ſeiner Sorgfalt uͤberlaſſen. Der feindliche Anfuͤhrer mußte indeß ſeine, am 13. Merz errungenen Vortheile wohl ſelbſt fuͤr bedeutend genug halten, um zu glauben, daß uns der Muth zu fernerem Widerſtande dadurch gebrochen worden. Es erſchien alſo am 15. Vor- mittags um 10 Uhr am Muͤhlenthor ein franzoͤ- ſiſcher Parlementair in einem, mit vier Pferden beſpannten, niedergelaſſenen Wagen. Der Kut- ſcher fuhr vom Sattel; den Bock nahm ein Trom- peter ein, und zwei Nobel-Gardiſten, wie die Puppen gekleidet und mit Gewehr und voͤlliger Ruͤſtung verſehen, giengen zu beiden Seiten des Wagens einher. Jn dieſem ungewoͤhnlichen Auf- zuge und unter einer ſchmetternden Tarare, raſ- ſelte das Voͤlkchen zur Stadt herein, und hielt dann ploͤtzlich vor dem Hauſe des Commandan- ten, der den Parlementair in der Hausthuͤr em- pfieng, ihm freundlich die Hand bot, und dann ihn in ſein Zimmer fuͤhrte, welches ſofort hinter ihnen verſchloſſen wurde. Nach und nach verſammleten ſich viele Of- ficiere der Garniſon auf der Flur des Hauſes, unter welche auch ich mich miſchte. Alle waren von jener Erſcheinung mehr oder weniger uͤber- raſcht und auf den weiteren Erfolg geſpannt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/86
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/86>, abgerufen am 22.11.2024.