Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

vormals, durch eine, auf dem Damme nächst der
Ziegelscheune zu errichtende Schanze am zweck-
mäßigsten geschehen konnte; und da Diejenigen,
denen es eigentlich zugekommen wäre, sich dieser
Sache nicht annehmen wollten: so bewog ich die
Bürgerschaft, auch zu dieser Arbeit freiwillige
Hand anzulegen, sobald der Feind im Westen
der Stadt wirklich erschienen war und nun auch
von der entgegengesetzten Seite augenblicklich er-
wartet werden durfte. Am 5. Merz griffen wir
das Werk gemeinschaftlich an; schanzten Tag und
Nacht unverdrossen, und hatten auch die Freude,
es schon am 9., noch vor Erscheinung eines Fran-
zosen, vollendet zu sehen.

Während wir noch mit dieser Arbeit beschäf-
tigt waren, ließ sich der Commandant vom Haupt-
mann v. Waldenfels bewegen, uns, in Gesell-
schaft des Letztern, des (Gott erbarme sich's!)
Jngenieur-Capitains Düring und einiger Andern,
dort auf dem Platze zu besuchen. Es war seit
der ganzen Zeit das Erstemal, daß er sich ausser
den Thoren der Stadt blicken ließ. Anstatt uns
aber in unserm Fleisse durch irgend ein freundli-
ches Wort aufzumuntern, machte er unser Vor-
nehmen, mit spöttischem Lachen, als Kinderspiel
verächtlich. Jndem aber noch weiter unter den
Herren von der Haltbarkeit der Festung hin und
her gesprochen wurde und die Meynungen ver-
schieden ausfielen, konnt' ich mein Herzpochen
nicht länger zähmen, sondern nahm das Wort

vormals, durch eine, auf dem Damme naͤchſt der
Ziegelſcheune zu errichtende Schanze am zweck-
maͤßigſten geſchehen konnte; und da Diejenigen,
denen es eigentlich zugekommen waͤre, ſich dieſer
Sache nicht annehmen wollten: ſo bewog ich die
Buͤrgerſchaft, auch zu dieſer Arbeit freiwillige
Hand anzulegen, ſobald der Feind im Weſten
der Stadt wirklich erſchienen war und nun auch
von der entgegengeſetzten Seite augenblicklich er-
wartet werden durfte. Am 5. Merz griffen wir
das Werk gemeinſchaftlich an; ſchanzten Tag und
Nacht unverdroſſen, und hatten auch die Freude,
es ſchon am 9., noch vor Erſcheinung eines Fran-
zoſen, vollendet zu ſehen.

Waͤhrend wir noch mit dieſer Arbeit beſchaͤf-
tigt waren, ließ ſich der Commandant vom Haupt-
mann v. Waldenfels bewegen, uns, in Geſell-
ſchaft des Letztern, des (Gott erbarme ſich’s!)
Jngenieur-Capitains Duͤring und einiger Andern,
dort auf dem Platze zu beſuchen. Es war ſeit
der ganzen Zeit das Erſtemal, daß er ſich auſſer
den Thoren der Stadt blicken ließ. Anſtatt uns
aber in unſerm Fleiſſe durch irgend ein freundli-
ches Wort aufzumuntern, machte er unſer Vor-
nehmen, mit ſpoͤttiſchem Lachen, als Kinderſpiel
veraͤchtlich. Jndem aber noch weiter unter den
Herren von der Haltbarkeit der Feſtung hin und
her geſprochen wurde und die Meynungen ver-
ſchieden ausfielen, konnt’ ich mein Herzpochen
nicht laͤnger zaͤhmen, ſondern nahm das Wort

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0079" n="63"/>
vormals, durch eine, auf dem Damme na&#x0364;ch&#x017F;t der<lb/>
Ziegel&#x017F;cheune zu errichtende Schanze am zweck-<lb/>
ma&#x0364;ßig&#x017F;ten ge&#x017F;chehen konnte; und da Diejenigen,<lb/>
denen es eigentlich zugekommen wa&#x0364;re, &#x017F;ich die&#x017F;er<lb/>
Sache nicht annehmen wollten: &#x017F;o bewog ich die<lb/>
Bu&#x0364;rger&#x017F;chaft, auch zu die&#x017F;er Arbeit freiwillige<lb/>
Hand anzulegen, &#x017F;obald der Feind im We&#x017F;ten<lb/>
der Stadt wirklich er&#x017F;chienen war und nun auch<lb/>
von der entgegenge&#x017F;etzten Seite augenblicklich er-<lb/>
wartet werden durfte. Am 5. Merz griffen wir<lb/>
das Werk gemein&#x017F;chaftlich an; &#x017F;chanzten Tag und<lb/>
Nacht unverdro&#x017F;&#x017F;en, und hatten auch die Freude,<lb/>
es &#x017F;chon am 9., noch vor Er&#x017F;cheinung eines Fran-<lb/>
zo&#x017F;en, vollendet zu &#x017F;ehen.</p><lb/>
        <p>Wa&#x0364;hrend wir noch mit die&#x017F;er Arbeit be&#x017F;cha&#x0364;f-<lb/>
tigt waren, ließ &#x017F;ich der Commandant vom Haupt-<lb/>
mann v. Waldenfels bewegen, uns, in Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaft des Letztern, des (Gott erbarme &#x017F;ich&#x2019;s!)<lb/>
Jngenieur-Capitains Du&#x0364;ring und einiger Andern,<lb/>
dort auf dem Platze zu be&#x017F;uchen. Es war &#x017F;eit<lb/>
der ganzen Zeit das Er&#x017F;temal, daß er &#x017F;ich au&#x017F;&#x017F;er<lb/>
den Thoren der Stadt blicken ließ. An&#x017F;tatt uns<lb/>
aber in un&#x017F;erm Flei&#x017F;&#x017F;e durch irgend ein freundli-<lb/>
ches Wort aufzumuntern, machte er un&#x017F;er Vor-<lb/>
nehmen, mit &#x017F;po&#x0364;tti&#x017F;chem Lachen, als Kinder&#x017F;piel<lb/>
vera&#x0364;chtlich. Jndem aber noch weiter unter den<lb/>
Herren von der Haltbarkeit der Fe&#x017F;tung hin und<lb/>
her ge&#x017F;prochen wurde und die Meynungen ver-<lb/>
&#x017F;chieden ausfielen, konnt&#x2019; ich mein Herzpochen<lb/>
nicht la&#x0364;nger za&#x0364;hmen, &#x017F;ondern nahm das Wort<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0079] vormals, durch eine, auf dem Damme naͤchſt der Ziegelſcheune zu errichtende Schanze am zweck- maͤßigſten geſchehen konnte; und da Diejenigen, denen es eigentlich zugekommen waͤre, ſich dieſer Sache nicht annehmen wollten: ſo bewog ich die Buͤrgerſchaft, auch zu dieſer Arbeit freiwillige Hand anzulegen, ſobald der Feind im Weſten der Stadt wirklich erſchienen war und nun auch von der entgegengeſetzten Seite augenblicklich er- wartet werden durfte. Am 5. Merz griffen wir das Werk gemeinſchaftlich an; ſchanzten Tag und Nacht unverdroſſen, und hatten auch die Freude, es ſchon am 9., noch vor Erſcheinung eines Fran- zoſen, vollendet zu ſehen. Waͤhrend wir noch mit dieſer Arbeit beſchaͤf- tigt waren, ließ ſich der Commandant vom Haupt- mann v. Waldenfels bewegen, uns, in Geſell- ſchaft des Letztern, des (Gott erbarme ſich’s!) Jngenieur-Capitains Duͤring und einiger Andern, dort auf dem Platze zu beſuchen. Es war ſeit der ganzen Zeit das Erſtemal, daß er ſich auſſer den Thoren der Stadt blicken ließ. Anſtatt uns aber in unſerm Fleiſſe durch irgend ein freundli- ches Wort aufzumuntern, machte er unſer Vor- nehmen, mit ſpoͤttiſchem Lachen, als Kinderſpiel veraͤchtlich. Jndem aber noch weiter unter den Herren von der Haltbarkeit der Feſtung hin und her geſprochen wurde und die Meynungen ver- ſchieden ausfielen, konnt’ ich mein Herzpochen nicht laͤnger zaͤhmen, ſondern nahm das Wort

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/79
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/79>, abgerufen am 05.05.2024.