den, verweilten wir, des starken Gedränges we- gen, nur kurze Zeit. Des nächsten Morgens reisten wir ab, und, zufolge den Wünschen mei- nes Freundes, begleitete ich ihn nach Stettin, wohin ihn Geschäfte führten und wo uns eine sehr freundliche Aufnahme zu Theil ward; so daß wir mehrere uns zugedachte Güte und Auszeich- nung von uns ablehnen mußten, weil ich mich noch zum Feste wieder nach Hause sehnte und mich überdem ein wenig kränklich fühlte. Mein Geist aber war frei und froh; und es mag auch wohl seyn, (was mein Reisegefährte behauptet, und wessen ich mich gleichwohl wenig mehr ent- sinne,) daß ich manches holländische Liedchen für mich gesungen habe. Das aber kömmt nur an mich, wenn meine Seele im innern geistigen Wohlbehagen schwelgt.
Das war also mein kurzes, aber erfreuli- ches Leben am Hofe! Jn ein längeres hätt' ich mich freilich schlecht zu schicken gewußt; und über- dem wäre mir dadurch meine gute ehrliche Pfahl- bürgerei vielleicht verleidet worden, zu welcher ich nun mit zwiefachem Behagen zurückkehrte, und wobei ich mich ohne Zweifel auch besser befand. Jch hatte meine frühere Handthierung, soviel meine verminderten Vermögens-Umstände es zu- ließen, klein und bescheiden wieder angefangen, und fand dabei, als ein einzelner Mann von wenig Wünschen und Anforderungen, auch mein nothdürftiges Auskommen. Jch würde sogar sa-
3. Bändchen. (14)
den, verweilten wir, des ſtarken Gedraͤnges we- gen, nur kurze Zeit. Des naͤchſten Morgens reiſten wir ab, und, zufolge den Wuͤnſchen mei- nes Freundes, begleitete ich ihn nach Stettin, wohin ihn Geſchaͤfte fuͤhrten und wo uns eine ſehr freundliche Aufnahme zu Theil ward; ſo daß wir mehrere uns zugedachte Guͤte und Auszeich- nung von uns ablehnen mußten, weil ich mich noch zum Feſte wieder nach Hauſe ſehnte und mich uͤberdem ein wenig kraͤnklich fuͤhlte. Mein Geiſt aber war frei und froh; und es mag auch wohl ſeyn, (was mein Reiſegefaͤhrte behauptet, und weſſen ich mich gleichwohl wenig mehr ent- ſinne,) daß ich manches hollaͤndiſche Liedchen fuͤr mich geſungen habe. Das aber koͤmmt nur an mich, wenn meine Seele im innern geiſtigen Wohlbehagen ſchwelgt.
Das war alſo mein kurzes, aber erfreuli- ches Leben am Hofe! Jn ein laͤngeres haͤtt’ ich mich freilich ſchlecht zu ſchicken gewußt; und uͤber- dem waͤre mir dadurch meine gute ehrliche Pfahl- buͤrgerei vielleicht verleidet worden, zu welcher ich nun mit zwiefachem Behagen zuruͤckkehrte, und wobei ich mich ohne Zweifel auch beſſer befand. Jch hatte meine fruͤhere Handthierung, ſoviel meine verminderten Vermoͤgens-Umſtaͤnde es zu- ließen, klein und beſcheiden wieder angefangen, und fand dabei, als ein einzelner Mann von wenig Wuͤnſchen und Anforderungen, auch mein nothduͤrftiges Auskommen. Jch wuͤrde ſogar ſa-
3. Baͤndchen. (14)
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den, verweilten wir, des ſtarken Gedraͤnges we-
gen, nur kurze Zeit. Des naͤchſten Morgens
reiſten wir ab, und, zufolge den Wuͤnſchen mei-
nes Freundes, begleitete ich ihn nach Stettin,
wohin ihn Geſchaͤfte fuͤhrten und wo uns eine
ſehr freundliche Aufnahme zu Theil ward; ſo daß
wir mehrere uns zugedachte Guͤte und Auszeich-
nung von uns ablehnen mußten, weil ich mich
noch zum Feſte wieder nach Hauſe ſehnte und
mich uͤberdem ein wenig kraͤnklich fuͤhlte. Mein
Geiſt aber war frei und froh; und es mag auch
wohl ſeyn, (was mein Reiſegefaͤhrte behauptet,
und weſſen ich mich gleichwohl wenig mehr ent-
ſinne,) daß ich manches hollaͤndiſche Liedchen fuͤr
mich geſungen habe. Das aber koͤmmt nur an
mich, wenn meine Seele im innern geiſtigen
Wohlbehagen ſchwelgt.
Das war alſo mein kurzes, aber erfreuli-
ches Leben am Hofe! Jn ein laͤngeres haͤtt’ ich
mich freilich ſchlecht zu ſchicken gewußt; und uͤber-
dem waͤre mir dadurch meine gute ehrliche Pfahl-
buͤrgerei vielleicht verleidet worden, zu welcher ich
nun mit zwiefachem Behagen zuruͤckkehrte, und
wobei ich mich ohne Zweifel auch beſſer befand.
Jch hatte meine fruͤhere Handthierung, ſoviel
meine verminderten Vermoͤgens-Umſtaͤnde es zu-
ließen, klein und beſcheiden wieder angefangen,
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3. Baͤndchen. (14)
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/225>, abgerufen am 22.07.2024.
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