Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

wir nichts bitten, nichts verlangen, und wo nur
allein unsre Glück- und Segenswünsche aus ei-
nem begeisterten Herzen hervorquellen werden?"

Alles war meiner Meynung: aber Alles
glaubte auch, es sey nicht mehr an der Zeit,
diesen Gedanken weiter zu verfolgen: denn um
ihn zur Ausführung zu bringen und zu rechter
Zeit zur Stelle zu seyn, würde man noch den
nämlichen Abend sich auf den Weg machen müs-
sen. -- "Nun, und wenn es seyn müßte," un-
terbrach ich die kühlen Zweifler -- "warum nicht
auch schon in der nächsten Stunde? Jch bin
dazu bereit: aber ich bedarf noch eines Gefährten.
Wer begleitet mich?"

Ringsherum nichts, als Schweigen und
Kopfschütteln; und schon wollt' ich im feurigen
Unmuth auflodern, als der Kaufmann, Hr. Göl-
ckel, mir die Hand reichte, sich mir zum Gefähr-
ten erbot, in einer Stunde reisefertig zu seyn
versprach, und nun selber zur Eile trieb, damit
wir noch vor völligem Thorschluß die Festung im
Rücken hätten. Jch selbst übernahm es, die Post-
pferde für uns zu bestellen.

Glücklich auf den Weg gelangt, bemerkten
wir erst draussen auf dem Felde, daß es eine
stockdunkle Nacht gab, und daß es schwer halten
werde, des rechten Weges nicht zu verfehlen.
Wirklich auch hatten wir noch nicht Spie erreicht,
als wir mit Unlust inne wurden, daß wir uns
seitabwärts nach Garrin verirrt, und genöthigt

wir nichts bitten, nichts verlangen, und wo nur
allein unſre Gluͤck- und Segenswuͤnſche aus ei-
nem begeiſterten Herzen hervorquellen werden?‟

Alles war meiner Meynung: aber Alles
glaubte auch, es ſey nicht mehr an der Zeit,
dieſen Gedanken weiter zu verfolgen: denn um
ihn zur Ausfuͤhrung zu bringen und zu rechter
Zeit zur Stelle zu ſeyn, wuͤrde man noch den
naͤmlichen Abend ſich auf den Weg machen muͤſ-
ſen. — „Nun, und wenn es ſeyn muͤßte,‟ un-
terbrach ich die kuͤhlen Zweifler — „warum nicht
auch ſchon in der naͤchſten Stunde? Jch bin
dazu bereit: aber ich bedarf noch eines Gefaͤhrten.
Wer begleitet mich?‟

Ringsherum nichts, als Schweigen und
Kopfſchuͤtteln; und ſchon wollt’ ich im feurigen
Unmuth auflodern, als der Kaufmann, Hr. Goͤl-
ckel, mir die Hand reichte, ſich mir zum Gefaͤhr-
ten erbot, in einer Stunde reiſefertig zu ſeyn
verſprach, und nun ſelber zur Eile trieb, damit
wir noch vor voͤlligem Thorſchluß die Feſtung im
Ruͤcken haͤtten. Jch ſelbſt uͤbernahm es, die Poſt-
pferde fuͤr uns zu beſtellen.

Gluͤcklich auf den Weg gelangt, bemerkten
wir erſt drauſſen auf dem Felde, daß es eine
ſtockdunkle Nacht gab, und daß es ſchwer halten
werde, des rechten Weges nicht zu verfehlen.
Wirklich auch hatten wir noch nicht Spie erreicht,
als wir mit Unluſt inne wurden, daß wir uns
ſeitabwaͤrts nach Garrin verirrt, und genoͤthigt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0214" n="198"/>
wir nichts bitten, nichts verlangen, und wo nur<lb/>
allein un&#x017F;re Glu&#x0364;ck- und Segenswu&#x0364;n&#x017F;che aus ei-<lb/>
nem begei&#x017F;terten Herzen hervorquellen werden?&#x201F;</p><lb/>
        <p>Alles war meiner Meynung: aber Alles<lb/>
glaubte auch, es &#x017F;ey nicht mehr an der Zeit,<lb/>
die&#x017F;en Gedanken weiter zu verfolgen: denn um<lb/>
ihn zur Ausfu&#x0364;hrung zu bringen und zu rechter<lb/>
Zeit zur Stelle zu &#x017F;eyn, wu&#x0364;rde man noch den<lb/>
na&#x0364;mlichen Abend &#x017F;ich auf den Weg machen mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. &#x2014; &#x201E;Nun, und wenn es &#x017F;eyn mu&#x0364;ßte,&#x201F; un-<lb/>
terbrach ich die ku&#x0364;hlen Zweifler &#x2014; &#x201E;warum nicht<lb/>
auch &#x017F;chon in der na&#x0364;ch&#x017F;ten Stunde? <hi rendition="#g">Jch</hi> bin<lb/>
dazu bereit: aber ich bedarf noch eines Gefa&#x0364;hrten.<lb/>
Wer begleitet mich?&#x201F;</p><lb/>
        <p>Ringsherum nichts, als Schweigen und<lb/>
Kopf&#x017F;chu&#x0364;tteln; und &#x017F;chon wollt&#x2019; ich im feurigen<lb/>
Unmuth auflodern, als der Kaufmann, Hr. Go&#x0364;l-<lb/>
ckel, mir die Hand reichte, &#x017F;ich mir zum Gefa&#x0364;hr-<lb/>
ten erbot, in einer Stunde rei&#x017F;efertig zu &#x017F;eyn<lb/>
ver&#x017F;prach, und nun &#x017F;elber zur Eile trieb, damit<lb/>
wir noch vor vo&#x0364;lligem Thor&#x017F;chluß die Fe&#x017F;tung im<lb/>
Ru&#x0364;cken ha&#x0364;tten. Jch &#x017F;elb&#x017F;t u&#x0364;bernahm es, die Po&#x017F;t-<lb/>
pferde fu&#x0364;r uns zu be&#x017F;tellen.</p><lb/>
        <p>Glu&#x0364;cklich auf den Weg gelangt, bemerkten<lb/>
wir er&#x017F;t drau&#x017F;&#x017F;en auf dem Felde, daß es eine<lb/>
&#x017F;tockdunkle Nacht gab, und daß es &#x017F;chwer halten<lb/>
werde, des rechten Weges nicht zu verfehlen.<lb/>
Wirklich auch hatten wir noch nicht Spie erreicht,<lb/>
als wir mit Unlu&#x017F;t inne wurden, daß wir uns<lb/>
&#x017F;eitabwa&#x0364;rts nach Garrin verirrt, und geno&#x0364;thigt<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0214] wir nichts bitten, nichts verlangen, und wo nur allein unſre Gluͤck- und Segenswuͤnſche aus ei- nem begeiſterten Herzen hervorquellen werden?‟ Alles war meiner Meynung: aber Alles glaubte auch, es ſey nicht mehr an der Zeit, dieſen Gedanken weiter zu verfolgen: denn um ihn zur Ausfuͤhrung zu bringen und zu rechter Zeit zur Stelle zu ſeyn, wuͤrde man noch den naͤmlichen Abend ſich auf den Weg machen muͤſ- ſen. — „Nun, und wenn es ſeyn muͤßte,‟ un- terbrach ich die kuͤhlen Zweifler — „warum nicht auch ſchon in der naͤchſten Stunde? Jch bin dazu bereit: aber ich bedarf noch eines Gefaͤhrten. Wer begleitet mich?‟ Ringsherum nichts, als Schweigen und Kopfſchuͤtteln; und ſchon wollt’ ich im feurigen Unmuth auflodern, als der Kaufmann, Hr. Goͤl- ckel, mir die Hand reichte, ſich mir zum Gefaͤhr- ten erbot, in einer Stunde reiſefertig zu ſeyn verſprach, und nun ſelber zur Eile trieb, damit wir noch vor voͤlligem Thorſchluß die Feſtung im Ruͤcken haͤtten. Jch ſelbſt uͤbernahm es, die Poſt- pferde fuͤr uns zu beſtellen. Gluͤcklich auf den Weg gelangt, bemerkten wir erſt drauſſen auf dem Felde, daß es eine ſtockdunkle Nacht gab, und daß es ſchwer halten werde, des rechten Weges nicht zu verfehlen. Wirklich auch hatten wir noch nicht Spie erreicht, als wir mit Unluſt inne wurden, daß wir uns ſeitabwaͤrts nach Garrin verirrt, und genoͤthigt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/214
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/214>, abgerufen am 24.11.2024.