welle, die sich dicht vor meinem Pferde donnernd und schäumend brach. Es wurde davon scheu, bäumte und wandte sich; so daß nun eine neue Woge nicht nur über unsern Köpfen zusammen- schlug, sondern auch, da sie uns von der Seite faßte, uns mit Gewalt zu Boden warf. Jch hielt mich gleichwohl fest in Sattel und Bügeln. Als jedoch die See nach wenig Augenblicken wie- der zurücktrat, richtete sich das Pferd mit mir empor, bis abermals eine Welle uns heimsuchte, die es dergestalt blendete, daß es, anstatt dem Zügel zu folgen und nach dem Strande umzu- kehren, vielmehr seeeinwärts kollerte und bald auch den Grund unter seinen Füßen verlor. Wäh- rend wir nun, schwimmend, mehr unter als über dem Wasser krabbelten, ward mir doch der Han- del endlich bedenklich. Jch suchte die Füße aus den Steigbügeln loszubekommen; warf mich vom Pferde herab und schwamm dem Lande zu, das ich auch glücklich erreichte. Doch Hut und Pe- rücke waren verloren gegangen.
Den erstern sah ich noch in der Ferne trei- ben. Rasch warf ich den Rock vom Leibe und watete und schwamm ihm nach, bis ich ihn glück- lich erreicht hatte. Abermals im Trocknen, schaute ich nun auch nach meinem Gaule um, der es mir glücklich nachgethan, aber, wild und scheu geworden, im vollen Sprunge landeinwärts lief. Jch eilte ihm nach, und sah bald, von den hohen Sanddünen herab, daß einige Leute bereits damit
welle, die ſich dicht vor meinem Pferde donnernd und ſchaͤumend brach. Es wurde davon ſcheu, baͤumte und wandte ſich; ſo daß nun eine neue Woge nicht nur uͤber unſern Koͤpfen zuſammen- ſchlug, ſondern auch, da ſie uns von der Seite faßte, uns mit Gewalt zu Boden warf. Jch hielt mich gleichwohl feſt in Sattel und Buͤgeln. Als jedoch die See nach wenig Augenblicken wie- der zuruͤcktrat, richtete ſich das Pferd mit mir empor, bis abermals eine Welle uns heimſuchte, die es dergeſtalt blendete, daß es, anſtatt dem Zuͤgel zu folgen und nach dem Strande umzu- kehren, vielmehr ſeeeinwaͤrts kollerte und bald auch den Grund unter ſeinen Fuͤßen verlor. Waͤh- rend wir nun, ſchwimmend, mehr unter als uͤber dem Waſſer krabbelten, ward mir doch der Han- del endlich bedenklich. Jch ſuchte die Fuͤße aus den Steigbuͤgeln loszubekommen; warf mich vom Pferde herab und ſchwamm dem Lande zu, das ich auch gluͤcklich erreichte. Doch Hut und Pe- ruͤcke waren verloren gegangen.
Den erſtern ſah ich noch in der Ferne trei- ben. Raſch warf ich den Rock vom Leibe und watete und ſchwamm ihm nach, bis ich ihn gluͤck- lich erreicht hatte. Abermals im Trocknen, ſchaute ich nun auch nach meinem Gaule um, der es mir gluͤcklich nachgethan, aber, wild und ſcheu geworden, im vollen Sprunge landeinwaͤrts lief. Jch eilte ihm nach, und ſah bald, von den hohen Sandduͤnen herab, daß einige Leute bereits damit
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[5/0021]
welle, die ſich dicht vor meinem Pferde donnernd
und ſchaͤumend brach. Es wurde davon ſcheu,
baͤumte und wandte ſich; ſo daß nun eine neue
Woge nicht nur uͤber unſern Koͤpfen zuſammen-
ſchlug, ſondern auch, da ſie uns von der Seite
faßte, uns mit Gewalt zu Boden warf. Jch
hielt mich gleichwohl feſt in Sattel und Buͤgeln.
Als jedoch die See nach wenig Augenblicken wie-
der zuruͤcktrat, richtete ſich das Pferd mit mir
empor, bis abermals eine Welle uns heimſuchte,
die es dergeſtalt blendete, daß es, anſtatt dem
Zuͤgel zu folgen und nach dem Strande umzu-
kehren, vielmehr ſeeeinwaͤrts kollerte und bald
auch den Grund unter ſeinen Fuͤßen verlor. Waͤh-
rend wir nun, ſchwimmend, mehr unter als uͤber
dem Waſſer krabbelten, ward mir doch der Han-
del endlich bedenklich. Jch ſuchte die Fuͤße aus
den Steigbuͤgeln loszubekommen; warf mich vom
Pferde herab und ſchwamm dem Lande zu, das
ich auch gluͤcklich erreichte. Doch Hut und Pe-
ruͤcke waren verloren gegangen.
Den erſtern ſah ich noch in der Ferne trei-
ben. Raſch warf ich den Rock vom Leibe und
watete und ſchwamm ihm nach, bis ich ihn gluͤck-
lich erreicht hatte. Abermals im Trocknen, ſchaute
ich nun auch nach meinem Gaule um, der es
mir gluͤcklich nachgethan, aber, wild und ſcheu
geworden, im vollen Sprunge landeinwaͤrts lief.
Jch eilte ihm nach, und ſah bald, von den hohen
Sandduͤnen herab, daß einige Leute bereits damit
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/21>, abgerufen am 16.07.2024.
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