Festigkeit erhielt. Sie nannten es jetzt "das Fort Loison," zu Ehren des französischen Divisions- Generals, der, als Oberbefehlshaber, in Teullie's Stelle getreten war; und ihre Kerntruppen rück- ten dort zur Besatzung ein. Wir, an unsrer Seite, waren jedoch nicht minder beflissen, dem Platz und dem Hafen gegen diese Seite eine neue Deckung zu geben, indem wir die Ziegelschanze (dicht hinter der Vorstadt Stubbenhagen nord- östlich gelegen) möglichst verstärkten und darinn auch, obwohl in unsern Arbeiten durch jenes feindliche Werk nicht wenig belästigt, glücklich zu Stande kamen.
Von hier ab, bis zum 30. Junius, nahm unser Geschick und unser Bedrängniß eine immer ernstlichere Wendung. Frische Truppen-Abthei- lungen verstärkten das Belagerungs-Heer und errichteten neue Läger unter unsern Augen. Jn eben dem Maasse auch wurden die Schanzen rings umher an Mannschaften lebendiger; neue Werke stiegen empor; die Laufgräben näherten sich und schnürten uns auf einen immer engeren Raum zusammen. Die Beschiessung des Platzes, täglich und mit Eifer fortgesetzt, zeigte sich auch täglich zerstörender in ihren Wirkungen. Beson- ders diente die große Marien-Kirche, bei ihrer Lage mitten in der Stadt und als der hervor- ragendste Gegenstand, allen feindlichen Geschützen gleichsam zum Zielpunkte, und litt ausserordent- lich. Loucadou hatte diese, wie andre Kirchen,
Feſtigkeit erhielt. Sie nannten es jetzt „das Fort Loiſon,‟ zu Ehren des franzoͤſiſchen Diviſions- Generals, der, als Oberbefehlshaber, in Teullié’s Stelle getreten war; und ihre Kerntruppen ruͤck- ten dort zur Beſatzung ein. Wir, an unſrer Seite, waren jedoch nicht minder befliſſen, dem Platz und dem Hafen gegen dieſe Seite eine neue Deckung zu geben, indem wir die Ziegelſchanze (dicht hinter der Vorſtadt Stubbenhagen nord- oͤſtlich gelegen) moͤglichſt verſtaͤrkten und darinn auch, obwohl in unſern Arbeiten durch jenes feindliche Werk nicht wenig belaͤſtigt, gluͤcklich zu Stande kamen.
Von hier ab, bis zum 30. Junius, nahm unſer Geſchick und unſer Bedraͤngniß eine immer ernſtlichere Wendung. Friſche Truppen-Abthei- lungen verſtaͤrkten das Belagerungs-Heer und errichteten neue Laͤger unter unſern Augen. Jn eben dem Maaſſe auch wurden die Schanzen rings umher an Mannſchaften lebendiger; neue Werke ſtiegen empor; die Laufgraͤben naͤherten ſich und ſchnuͤrten uns auf einen immer engeren Raum zuſammen. Die Beſchieſſung des Platzes, taͤglich und mit Eifer fortgeſetzt, zeigte ſich auch taͤglich zerſtoͤrender in ihren Wirkungen. Beſon- ders diente die große Marien-Kirche, bei ihrer Lage mitten in der Stadt und als der hervor- ragendſte Gegenſtand, allen feindlichen Geſchuͤtzen gleichſam zum Zielpunkte, und litt auſſerordent- lich. Loucadou hatte dieſe, wie andre Kirchen,
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Feſtigkeit erhielt. Sie nannten es jetzt „das Fort
Loiſon,‟ zu Ehren des franzoͤſiſchen Diviſions-
Generals, der, als Oberbefehlshaber, in Teullié’s
Stelle getreten war; und ihre Kerntruppen ruͤck-
ten dort zur Beſatzung ein. Wir, an unſrer
Seite, waren jedoch nicht minder befliſſen, dem
Platz und dem Hafen gegen dieſe Seite eine neue
Deckung zu geben, indem wir die Ziegelſchanze
(dicht hinter der Vorſtadt Stubbenhagen nord-
oͤſtlich gelegen) moͤglichſt verſtaͤrkten und darinn
auch, obwohl in unſern Arbeiten durch jenes
feindliche Werk nicht wenig belaͤſtigt, gluͤcklich zu
Stande kamen.
Von hier ab, bis zum 30. Junius, nahm
unſer Geſchick und unſer Bedraͤngniß eine immer
ernſtlichere Wendung. Friſche Truppen-Abthei-
lungen verſtaͤrkten das Belagerungs-Heer und
errichteten neue Laͤger unter unſern Augen. Jn
eben dem Maaſſe auch wurden die Schanzen
rings umher an Mannſchaften lebendiger; neue
Werke ſtiegen empor; die Laufgraͤben naͤherten
ſich und ſchnuͤrten uns auf einen immer engeren
Raum zuſammen. Die Beſchieſſung des Platzes,
taͤglich und mit Eifer fortgeſetzt, zeigte ſich auch
taͤglich zerſtoͤrender in ihren Wirkungen. Beſon-
ders diente die große Marien-Kirche, bei ihrer
Lage mitten in der Stadt und als der hervor-
ragendſte Gegenſtand, allen feindlichen Geſchuͤtzen
gleichſam zum Zielpunkte, und litt auſſerordent-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/156>, abgerufen am 17.07.2024.
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