in den folgenden Blättern fehlt es nicht an aus- gesprochenem Tadel von Personen und Hand- lungen: aber auch der Getroffene wird sich sa- gen müssen, daß der Tadel nicht ausser Weges herbeigezogen wurde; daß er nie aus bösem Her- zen kam; daß er sich lieber, wenn er gedurft, in Lob gestaltet hätte. Vieles ist wenigstens gemil- dert im Urtheil; Vieles mit schonendem Still- schweigen übergangen. Denn hier schon Alles zu sagen, Böses wie Gutes, -- über Ereignisse, die uns in noch so naher Vergangenheit liegen, gestatteten anderweitige Rücksichten nicht, welche die Beachtung des Verfassers, wie des Heraus- gebers, heischten.
Wenn der Leser den Schluß dieser Biogra- phie charakteristisch in psychologischer Hinsicht findet, so ist es gewiß nicht minder bezeichnend, daß es dies nemliche Anliegen war, was den Greis noch vor wenig Monaten und in sehr ern- sten Augenblicken, die damals seine nahe Auf- lösung ahnen liessen, still, aber tief beschäftigte. Der Herausgeber stand an seinem Bette; und selbst noch in der Minute seines gerührten Abschiedes, gleichsam als letzte Bitte, ergieng an ihn, von zitternden Lippen, die Aufforderung, diesen Ge-
in den folgenden Blaͤttern fehlt es nicht an aus- geſprochenem Tadel von Perſonen und Hand- lungen: aber auch der Getroffene wird ſich ſa- gen muͤſſen, daß der Tadel nicht auſſer Weges herbeigezogen wurde; daß er nie aus boͤſem Her- zen kam; daß er ſich lieber, wenn er gedurft, in Lob geſtaltet haͤtte. Vieles iſt wenigſtens gemil- dert im Urtheil; Vieles mit ſchonendem Still- ſchweigen uͤbergangen. Denn hier ſchon Alles zu ſagen, Boͤſes wie Gutes, — uͤber Ereigniſſe, die uns in noch ſo naher Vergangenheit liegen, geſtatteten anderweitige Ruͤckſichten nicht, welche die Beachtung des Verfaſſers, wie des Heraus- gebers, heiſchten.
Wenn der Leſer den Schluß dieſer Biogra- phie charakteriſtiſch in pſychologiſcher Hinſicht findet, ſo iſt es gewiß nicht minder bezeichnend, daß es dies nemliche Anliegen war, was den Greis noch vor wenig Monaten und in ſehr ern- ſten Augenblicken, die damals ſeine nahe Auf- loͤſung ahnen lieſſen, ſtill, aber tief beſchaͤftigte. Der Herausgeber ſtand an ſeinem Bette; und ſelbſt noch in der Minute ſeines geruͤhrten Abſchiedes, gleichſam als letzte Bitte, ergieng an ihn, von zitternden Lippen, die Aufforderung, dieſen Ge-
<TEI><text><front><divtype="preface"n="1"><p><pbfacs="#f0015"n="IX"/>
in den folgenden Blaͤttern fehlt es nicht an aus-<lb/>
geſprochenem Tadel von Perſonen und Hand-<lb/>
lungen: aber auch der Getroffene wird ſich ſa-<lb/>
gen muͤſſen, daß der Tadel nicht auſſer Weges<lb/>
herbeigezogen wurde; daß er nie aus boͤſem Her-<lb/>
zen kam; daß er ſich lieber, wenn er gedurft, in<lb/>
Lob geſtaltet haͤtte. Vieles iſt wenigſtens gemil-<lb/>
dert im Urtheil; Vieles mit ſchonendem Still-<lb/>ſchweigen uͤbergangen. Denn <hirendition="#g">hier</hi>ſchon <hirendition="#g">Alles</hi><lb/>
zu ſagen, Boͤſes wie Gutes, — uͤber Ereigniſſe,<lb/>
die uns in noch ſo naher Vergangenheit liegen,<lb/>
geſtatteten anderweitige Ruͤckſichten nicht, welche<lb/>
die Beachtung des Verfaſſers, wie des Heraus-<lb/>
gebers, heiſchten.</p><lb/><p>Wenn der Leſer den Schluß dieſer Biogra-<lb/>
phie charakteriſtiſch in pſychologiſcher Hinſicht<lb/>
findet, ſo iſt es gewiß nicht minder bezeichnend,<lb/>
daß es dies nemliche Anliegen war, was den<lb/>
Greis noch vor wenig Monaten und in ſehr ern-<lb/>ſten Augenblicken, die damals ſeine nahe Auf-<lb/>
loͤſung ahnen lieſſen, ſtill, aber tief beſchaͤftigte.<lb/>
Der Herausgeber ſtand an ſeinem Bette; und ſelbſt<lb/>
noch in der Minute ſeines geruͤhrten Abſchiedes,<lb/>
gleichſam als letzte Bitte, ergieng an ihn, von<lb/>
zitternden Lippen, die Aufforderung, dieſen Ge-<lb/></p></div></front></text></TEI>
[IX/0015]
in den folgenden Blaͤttern fehlt es nicht an aus-
geſprochenem Tadel von Perſonen und Hand-
lungen: aber auch der Getroffene wird ſich ſa-
gen muͤſſen, daß der Tadel nicht auſſer Weges
herbeigezogen wurde; daß er nie aus boͤſem Her-
zen kam; daß er ſich lieber, wenn er gedurft, in
Lob geſtaltet haͤtte. Vieles iſt wenigſtens gemil-
dert im Urtheil; Vieles mit ſchonendem Still-
ſchweigen uͤbergangen. Denn hier ſchon Alles
zu ſagen, Boͤſes wie Gutes, — uͤber Ereigniſſe,
die uns in noch ſo naher Vergangenheit liegen,
geſtatteten anderweitige Ruͤckſichten nicht, welche
die Beachtung des Verfaſſers, wie des Heraus-
gebers, heiſchten.
Wenn der Leſer den Schluß dieſer Biogra-
phie charakteriſtiſch in pſychologiſcher Hinſicht
findet, ſo iſt es gewiß nicht minder bezeichnend,
daß es dies nemliche Anliegen war, was den
Greis noch vor wenig Monaten und in ſehr ern-
ſten Augenblicken, die damals ſeine nahe Auf-
loͤſung ahnen lieſſen, ſtill, aber tief beſchaͤftigte.
Der Herausgeber ſtand an ſeinem Bette; und ſelbſt
noch in der Minute ſeines geruͤhrten Abſchiedes,
gleichſam als letzte Bitte, ergieng an ihn, von
zitternden Lippen, die Aufforderung, dieſen Ge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/15>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.