gerichtet, und dienten trefflich dazu, uns den Feind in einer ehrerbietigen Ferne zu halten und die Fortsührung seiner Laufgräben, wenn er sie nicht voll Wasser haben wollte, zu zügeln. Fragte mich der Commandant: "Wie steht's, Nettel- beck? Können wir nicht noch einen halben Fuß höher stauen?" -- so fehlte es nicht an einem bereitwilligen: "Ei nun, wir wollen sehen!" und ich sorgte und künstelte so lange, bis ich den Wasserstand noch um so viel höher brachte. Die meiste Noth machte mir der Müller Fischer, der stets mehr Wasser verbrauchte, als mir lieb war; bis ich mich endlich genöthigt sah, ihm vier starke eiserne Bolzen über den Aufzugs-Schützen in solcher Höhe einzuschlagen, als ihm ohne Nach- theil für die Jnundationen eingeräumt werden konnte. Jndem ich aber dies Werk allmählig immer höher und höher trieb, mußt' es denn frei- lich wohl seinen letzten Zielpunkt erreichen; und so war mir's ein betrübender Anblick, als ich eines Tages wahrnehmen mußte, daß an der Stauschleuse die mittlere Schütte bedenklich auf die Seite zu weichen begann. Die Gefahr war groß; und zugleich regnete es Vorwürfe von al- len Seiten! -- Was war zu thun, als flugs Hand an ein neues Bollwerk und Schütte, et- was weiter oberwärts, zu legen und so den An- drang an die beschädigten Wasserwerke zu brechen? -- Es geschah, und leistete wenigstens nothdürf- tig, was es sollte: denn freilich blieb es ein un-
gerichtet, und dienten trefflich dazu, uns den Feind in einer ehrerbietigen Ferne zu halten und die Fortſuͤhrung ſeiner Laufgraͤben, wenn er ſie nicht voll Waſſer haben wollte, zu zuͤgeln. Fragte mich der Commandant: „Wie ſteht’s, Nettel- beck? Koͤnnen wir nicht noch einen halben Fuß hoͤher ſtauen?‟ — ſo fehlte es nicht an einem bereitwilligen: „Ei nun, wir wollen ſehen!‟ und ich ſorgte und kuͤnſtelte ſo lange, bis ich den Waſſerſtand noch um ſo viel hoͤher brachte. Die meiſte Noth machte mir der Muͤller Fiſcher, der ſtets mehr Waſſer verbrauchte, als mir lieb war; bis ich mich endlich genoͤthigt ſah, ihm vier ſtarke eiſerne Bolzen uͤber den Aufzugs-Schuͤtzen in ſolcher Hoͤhe einzuſchlagen, als ihm ohne Nach- theil fuͤr die Jnundationen eingeraͤumt werden konnte. Jndem ich aber dies Werk allmaͤhlig immer hoͤher und hoͤher trieb, mußt’ es denn frei- lich wohl ſeinen letzten Zielpunkt erreichen; und ſo war mir’s ein betruͤbender Anblick, als ich eines Tages wahrnehmen mußte, daß an der Stauſchleuſe die mittlere Schuͤtte bedenklich auf die Seite zu weichen begann. Die Gefahr war groß; und zugleich regnete es Vorwuͤrfe von al- len Seiten! — Was war zu thun, als flugs Hand an ein neues Bollwerk und Schuͤtte, et- was weiter oberwaͤrts, zu legen und ſo den An- drang an die beſchaͤdigten Waſſerwerke zu brechen? — Es geſchah, und leiſtete wenigſtens nothduͤrf- tig, was es ſollte: denn freilich blieb es ein un-
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gerichtet, und dienten trefflich dazu, uns den
Feind in einer ehrerbietigen Ferne zu halten und
die Fortſuͤhrung ſeiner Laufgraͤben, wenn er ſie
nicht voll Waſſer haben wollte, zu zuͤgeln. Fragte
mich der Commandant: „Wie ſteht’s, Nettel-
beck? Koͤnnen wir nicht noch einen halben Fuß
hoͤher ſtauen?‟ — ſo fehlte es nicht an einem
bereitwilligen: „Ei nun, wir wollen ſehen!‟ und
ich ſorgte und kuͤnſtelte ſo lange, bis ich den
Waſſerſtand noch um ſo viel hoͤher brachte. Die
meiſte Noth machte mir der Muͤller Fiſcher, der
ſtets mehr Waſſer verbrauchte, als mir lieb war;
bis ich mich endlich genoͤthigt ſah, ihm vier ſtarke
eiſerne Bolzen uͤber den Aufzugs-Schuͤtzen in
ſolcher Hoͤhe einzuſchlagen, als ihm ohne Nach-
theil fuͤr die Jnundationen eingeraͤumt werden
konnte. Jndem ich aber dies Werk allmaͤhlig
immer hoͤher und hoͤher trieb, mußt’ es denn frei-
lich wohl ſeinen letzten Zielpunkt erreichen; und
ſo war mir’s ein betruͤbender Anblick, als ich
eines Tages wahrnehmen mußte, daß an der
Stauſchleuſe die mittlere Schuͤtte bedenklich auf
die Seite zu weichen begann. Die Gefahr war
groß; und zugleich regnete es Vorwuͤrfe von al-
len Seiten! — Was war zu thun, als flugs
Hand an ein neues Bollwerk und Schuͤtte, et-
was weiter oberwaͤrts, zu legen und ſo den An-
drang an die beſchaͤdigten Waſſerwerke zu brechen?
— Es geſchah, und leiſtete wenigſtens nothduͤrf-
tig, was es ſollte: denn freilich blieb es ein un-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/138>, abgerufen am 16.07.2024.
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