Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

verlegt worden, wohin große Züge beladener Wa-
gen von Treptow ihre Richtung nahmen. Fa-
schinen wurden nach allen Seiten hin gefahren;
man erblickte häufig die feindlichen Officiere auf
Recognoscirungen begriffen, und von Tramm aus
ward Geschütz von großem Kaliber in die Ver-
schanzungen geführt.

Um diese Bewegungen noch genauer zu be-
obachten, verlangte der Commandant einen Bür-
ger, der des Terrains um die Stadt vollkommen
kundig wäre und auch einige militairische Kennt-
nisse besäße, und hatte die Absicht, denselben auf
den großen Kirchthurm zu postiren. Jch schlug
hiezu den Brauer Roland vor, welcher sich auch
gerne willig finden ließ und von seinen gemach-
ten Bemerkungen, nach Erforderniß, Bericht ab-
stattete; während der Schiffer Busch es über-
nahm, von dort aus ein gleich wachsames Auge
auf den Hafen und die See zu haben und gleich-
falls Meldungen zu machen. Zu dem Ende brachte
ich an dem Thurm eine Winde mit einem Käst-
chen an, worinn Fragen und Antworten auf-
und nieder befördert wurden; und eine Schild-
wache unten erhielt die Maschine im Gange.
Bald aber blieb dieser Posten nicht ohne Gefahr,
da der Feind jene Späher gewahr geworden war
und nun häufig die Thurmspitze zum Zielpunkt
seiner Artillerie machte.

Endlich am 17. Mai geschahen von der
Schanze auf dem Hohen-Berge die ersten sieben

(8 *)

verlegt worden, wohin große Zuͤge beladener Wa-
gen von Treptow ihre Richtung nahmen. Fa-
ſchinen wurden nach allen Seiten hin gefahren;
man erblickte haͤufig die feindlichen Officiere auf
Recognoſcirungen begriffen, und von Tramm aus
ward Geſchuͤtz von großem Kaliber in die Ver-
ſchanzungen gefuͤhrt.

Um dieſe Bewegungen noch genauer zu be-
obachten, verlangte der Commandant einen Buͤr-
ger, der des Terrains um die Stadt vollkommen
kundig waͤre und auch einige militairiſche Kennt-
niſſe beſaͤße, und hatte die Abſicht, denſelben auf
den großen Kirchthurm zu poſtiren. Jch ſchlug
hiezu den Brauer Roland vor, welcher ſich auch
gerne willig finden ließ und von ſeinen gemach-
ten Bemerkungen, nach Erforderniß, Bericht ab-
ſtattete; waͤhrend der Schiffer Buſch es uͤber-
nahm, von dort aus ein gleich wachſames Auge
auf den Hafen und die See zu haben und gleich-
falls Meldungen zu machen. Zu dem Ende brachte
ich an dem Thurm eine Winde mit einem Kaͤſt-
chen an, worinn Fragen und Antworten auf-
und nieder befoͤrdert wurden; und eine Schild-
wache unten erhielt die Maſchine im Gange.
Bald aber blieb dieſer Poſten nicht ohne Gefahr,
da der Feind jene Spaͤher gewahr geworden war
und nun haͤufig die Thurmſpitze zum Zielpunkt
ſeiner Artillerie machte.

Endlich am 17. Mai geſchahen von der
Schanze auf dem Hohen-Berge die erſten ſieben

(8 *)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0131" n="115"/>
verlegt worden, wohin große Zu&#x0364;ge beladener Wa-<lb/>
gen von Treptow ihre Richtung nahmen. Fa-<lb/>
&#x017F;chinen wurden nach allen Seiten hin gefahren;<lb/>
man erblickte ha&#x0364;ufig die feindlichen Officiere auf<lb/>
Recogno&#x017F;cirungen begriffen, und von Tramm aus<lb/>
ward Ge&#x017F;chu&#x0364;tz von großem Kaliber in die Ver-<lb/>
&#x017F;chanzungen gefu&#x0364;hrt.</p><lb/>
        <p>Um die&#x017F;e Bewegungen noch genauer zu be-<lb/>
obachten, verlangte der Commandant einen Bu&#x0364;r-<lb/>
ger, der des Terrains um die Stadt vollkommen<lb/>
kundig wa&#x0364;re und auch einige militairi&#x017F;che Kennt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;a&#x0364;ße, und hatte die Ab&#x017F;icht, den&#x017F;elben auf<lb/>
den großen Kirchthurm zu po&#x017F;tiren. Jch &#x017F;chlug<lb/>
hiezu den Brauer Roland vor, welcher &#x017F;ich auch<lb/>
gerne willig finden ließ und von &#x017F;einen gemach-<lb/>
ten Bemerkungen, nach Erforderniß, Bericht ab-<lb/>
&#x017F;tattete; wa&#x0364;hrend der Schiffer Bu&#x017F;ch es u&#x0364;ber-<lb/>
nahm, von dort aus ein gleich wach&#x017F;ames Auge<lb/>
auf den Hafen und die See zu haben und gleich-<lb/>
falls Meldungen zu machen. Zu dem Ende brachte<lb/>
ich an dem Thurm eine Winde mit einem Ka&#x0364;&#x017F;t-<lb/>
chen an, worinn Fragen und Antworten auf-<lb/>
und nieder befo&#x0364;rdert wurden; und eine Schild-<lb/>
wache unten erhielt die Ma&#x017F;chine im Gange.<lb/>
Bald aber blieb die&#x017F;er Po&#x017F;ten nicht ohne Gefahr,<lb/>
da der Feind jene Spa&#x0364;her gewahr geworden war<lb/>
und nun ha&#x0364;ufig die Thurm&#x017F;pitze zum Zielpunkt<lb/>
&#x017F;einer Artillerie machte.</p><lb/>
        <p>Endlich am 17. Mai ge&#x017F;chahen von der<lb/>
Schanze auf dem Hohen-Berge die er&#x017F;ten &#x017F;ieben<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">(8 *)</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0131] verlegt worden, wohin große Zuͤge beladener Wa- gen von Treptow ihre Richtung nahmen. Fa- ſchinen wurden nach allen Seiten hin gefahren; man erblickte haͤufig die feindlichen Officiere auf Recognoſcirungen begriffen, und von Tramm aus ward Geſchuͤtz von großem Kaliber in die Ver- ſchanzungen gefuͤhrt. Um dieſe Bewegungen noch genauer zu be- obachten, verlangte der Commandant einen Buͤr- ger, der des Terrains um die Stadt vollkommen kundig waͤre und auch einige militairiſche Kennt- niſſe beſaͤße, und hatte die Abſicht, denſelben auf den großen Kirchthurm zu poſtiren. Jch ſchlug hiezu den Brauer Roland vor, welcher ſich auch gerne willig finden ließ und von ſeinen gemach- ten Bemerkungen, nach Erforderniß, Bericht ab- ſtattete; waͤhrend der Schiffer Buſch es uͤber- nahm, von dort aus ein gleich wachſames Auge auf den Hafen und die See zu haben und gleich- falls Meldungen zu machen. Zu dem Ende brachte ich an dem Thurm eine Winde mit einem Kaͤſt- chen an, worinn Fragen und Antworten auf- und nieder befoͤrdert wurden; und eine Schild- wache unten erhielt die Maſchine im Gange. Bald aber blieb dieſer Poſten nicht ohne Gefahr, da der Feind jene Spaͤher gewahr geworden war und nun haͤufig die Thurmſpitze zum Zielpunkt ſeiner Artillerie machte. Endlich am 17. Mai geſchahen von der Schanze auf dem Hohen-Berge die erſten ſieben (8 *)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/131
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/131>, abgerufen am 04.05.2024.