Wenige Tage später befand ich mich vor der Mündung eines kleinen Flusses, genannt Rio de St. Paul, aus welchem zwei Neger in einem Kanot zu mir herankamen, um mir den Kauf von zwei Sklaven und einer Kackebobe *) anzubieten, die sie daheim be- wahrten und wohlfeilen Preises loszuschlagen gedächten. Doch war die Bedingung, daß ich mit dem Boote zu ihnen in den Strom kommen müßte, weil sie mit ihren Nachbarn am andern Ufer in offner Fehde begriffen wären, die sie sonst mit ihrer Waare nicht ungehindert passiren lassen möchten. Wie mißlich mir auch dieser Antrag däuchte, so überwog doch endlich die Betrachtung, daß ich bereits seit mehreren Tagen zu gar keinem Handel hatte kommen können und daß hier schon einmal etwas gewagt seyn wolle. Nachdem ich also meine kleinen Pöller geladen, die Gewehre zur Hand genommen und mich in gehörige Verfassung gesetzt hatte, ruderte ich getrost auf den Ausfluß zu, wäh- rend die beiden Schwarzen bei mir im Fahr- zeuge verblieben.
Ein paar hundert Klafter mocht' ich strom- aufwärts gekommen seyn, wo ich beide Ufer dicht mit Gebüsch verwachsen fand und der
*) Der dort übliche Name einer jungen Sklavinn, die noch nicht Mutter geworden.
Wenige Tage ſpaͤter befand ich mich vor der Muͤndung eines kleinen Fluſſes, genannt Rio de St. Paul, aus welchem zwei Neger in einem Kanot zu mir herankamen, um mir den Kauf von zwei Sklaven und einer Kackebobe *) anzubieten, die ſie daheim be- wahrten und wohlfeilen Preiſes loszuſchlagen gedaͤchten. Doch war die Bedingung, daß ich mit dem Boote zu ihnen in den Strom kommen muͤßte, weil ſie mit ihren Nachbarn am andern Ufer in offner Fehde begriffen waͤren, die ſie ſonſt mit ihrer Waare nicht ungehindert paſſiren laſſen moͤchten. Wie mißlich mir auch dieſer Antrag daͤuchte, ſo uͤberwog doch endlich die Betrachtung, daß ich bereits ſeit mehreren Tagen zu gar keinem Handel hatte kommen koͤnnen und daß hier ſchon einmal etwas gewagt ſeyn wolle. Nachdem ich alſo meine kleinen Poͤller geladen, die Gewehre zur Hand genommen und mich in gehoͤrige Verfaſſung geſetzt hatte, ruderte ich getroſt auf den Ausfluß zu, waͤh- rend die beiden Schwarzen bei mir im Fahr- zeuge verblieben.
Ein paar hundert Klafter mocht’ ich ſtrom- aufwaͤrts gekommen ſeyn, wo ich beide Ufer dicht mit Gebuͤſch verwachſen fand und der
*) Der dort uͤbliche Name einer jungen Sklavinn, die noch nicht Mutter geworden.
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Wenige Tage ſpaͤter befand ich mich vor
der Muͤndung eines kleinen Fluſſes, genannt
Rio de St. Paul, aus welchem zwei Neger
in einem Kanot zu mir herankamen, um
mir den Kauf von zwei Sklaven und einer
Kackebobe *) anzubieten, die ſie daheim be-
wahrten und wohlfeilen Preiſes loszuſchlagen
gedaͤchten. Doch war die Bedingung, daß
ich mit dem Boote zu ihnen in den Strom
kommen muͤßte, weil ſie mit ihren Nachbarn
am andern Ufer in offner Fehde begriffen
waͤren, die ſie ſonſt mit ihrer Waare nicht
ungehindert paſſiren laſſen moͤchten. Wie
mißlich mir auch dieſer Antrag daͤuchte, ſo
uͤberwog doch endlich die Betrachtung, daß
ich bereits ſeit mehreren Tagen zu gar
keinem Handel hatte kommen koͤnnen und
daß hier ſchon einmal etwas gewagt ſeyn
wolle. Nachdem ich alſo meine kleinen Poͤller
geladen, die Gewehre zur Hand genommen
und mich in gehoͤrige Verfaſſung geſetzt hatte,
ruderte ich getroſt auf den Ausfluß zu, waͤh-
rend die beiden Schwarzen bei mir im Fahr-
zeuge verblieben.
Ein paar hundert Klafter mocht’ ich ſtrom-
aufwaͤrts gekommen ſeyn, wo ich beide Ufer
dicht mit Gebuͤſch verwachſen fand und der
*) Der dort uͤbliche Name einer jungen Sklavinn,
die noch nicht Mutter geworden.
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/48>, abgerufen am 25.07.2024.
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