"mögen Sie auch mich in den Kauf hier behalten: denn ich bleibe, wo mein Matrose ist; und mein Schiff dort schwimmt oder sinkt, von diesem Augenblick an, auf ihr Ri- sico. Thun Sie nun, was Jhnen beliebt! Todt können Sie mich nicht schlagen vor so vielen Augen; und alles Uebrige werde ich erwarten."
Dieser feste Sinn schien den Kapitain doch einigermaaßen stutzig zu machen. Er gieng mit einigen Officieren abseits in die Kajüte -- wahrscheinlich, um sich mit ihnen näher zu berathen; dann aber, als sie wieder zum Vorschein kamen, stieß der Eine und Andre von ihnen meinem aufsätzigen Matro- sen in die Zähne und in die Rippen, und so wieder in die Schaluppe hinein, worauf ich ungenöthigt folgte und mit meinem Aus- reisser wieder an mein Schiff gebracht wurde. Damit jedoch Diesem sein Frevel nicht ganz ungenossen ausgienge, ward ich mit meinem Steuermanne einig, ihn mit Händen und Füßen an die große Spille fest zu binden, und so sein Gat durch Jeden von unsern Leuten mittelst eines Endchens Tau, mit einer Anzahl wohlgemessener Hiebe heimsuchen zu lassen. Die Cur schien auch für die fortge- setzte Reise nicht ohne gute Wirkung zu bleiben.
„moͤgen Sie auch mich in den Kauf hier behalten: denn ich bleibe, wo mein Matroſe iſt; und mein Schiff dort ſchwimmt oder ſinkt, von dieſem Augenblick an, auf ihr Ri- ſico. Thun Sie nun, was Jhnen beliebt! Todt koͤnnen Sie mich nicht ſchlagen vor ſo vielen Augen; und alles Uebrige werde ich erwarten.‟
Dieſer feſte Sinn ſchien den Kapitain doch einigermaaßen ſtutzig zu machen. Er gieng mit einigen Officieren abſeits in die Kajuͤte — wahrſcheinlich, um ſich mit ihnen naͤher zu berathen; dann aber, als ſie wieder zum Vorſchein kamen, ſtieß der Eine und Andre von ihnen meinem aufſaͤtzigen Matro- ſen in die Zaͤhne und in die Rippen, und ſo wieder in die Schaluppe hinein, worauf ich ungenoͤthigt folgte und mit meinem Aus- reiſſer wieder an mein Schiff gebracht wurde. Damit jedoch Dieſem ſein Frevel nicht ganz ungenoſſen ausgienge, ward ich mit meinem Steuermanne einig, ihn mit Haͤnden und Fuͤßen an die große Spille feſt zu binden, und ſo ſein Gat durch Jeden von unſern Leuten mittelſt eines Endchens Tau, mit einer Anzahl wohlgemeſſener Hiebe heimſuchen zu laſſen. Die Cur ſchien auch fuͤr die fortge- ſetzte Reiſe nicht ohne gute Wirkung zu bleiben.
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„moͤgen Sie auch mich in den Kauf hier
behalten: denn ich bleibe, wo mein Matroſe
iſt; und mein Schiff dort ſchwimmt oder
ſinkt, von dieſem Augenblick an, auf ihr Ri-
ſico. Thun Sie nun, was Jhnen beliebt!
Todt koͤnnen Sie mich nicht ſchlagen vor
ſo vielen Augen; und alles Uebrige werde
ich erwarten.‟
Dieſer feſte Sinn ſchien den Kapitain
doch einigermaaßen ſtutzig zu machen. Er
gieng mit einigen Officieren abſeits in die
Kajuͤte — wahrſcheinlich, um ſich mit ihnen
naͤher zu berathen; dann aber, als ſie wieder
zum Vorſchein kamen, ſtieß der Eine und
Andre von ihnen meinem aufſaͤtzigen Matro-
ſen in die Zaͤhne und in die Rippen, und
ſo wieder in die Schaluppe hinein, worauf
ich ungenoͤthigt folgte und mit meinem Aus-
reiſſer wieder an mein Schiff gebracht wurde.
Damit jedoch Dieſem ſein Frevel nicht ganz
ungenoſſen ausgienge, ward ich mit meinem
Steuermanne einig, ihn mit Haͤnden und
Fuͤßen an die große Spille feſt zu binden,
und ſo ſein Gat durch Jeden von unſern
Leuten mittelſt eines Endchens Tau, mit einer
Anzahl wohlgemeſſener Hiebe heimſuchen zu
laſſen. Die Cur ſchien auch fuͤr die fortge-
ſetzte Reiſe nicht ohne gute Wirkung zu
bleiben.
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/263>, abgerufen am 16.02.2025.
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