was sie im Schilde führten. Um aber auf Alles gefaßt zu seyn, zog ich meinen Hauer blank, trat mitten unter sie, und fragte ge- bieterisch: Was sie wollten? -- Der Boots- mann nahm für sie das Wort, dem sie nach und nach Alle beifielen, und gestand mit Zer- knirschung: Sie hätten sich übereilt und ver- gangen; bäten mich um Vergebung, und ver- sprächen, sich hinführo besser gegen mich zu betragen.
"Ei wohl!" entgegnete ich ihnen -- "Re- spect und Gehorsam gegen mich verstehen sich wohl von selbst. Aber was ich wegen des Vergangenen über euch beschliesse, darüber werde ich mich allerdings noch besinnen müssen. Jetzt an die Arbeit!" -- Für mich selbst aber zog ich nunmehr in Erwägung, daß, da die Kerle dergestalt zu Kreuze gekrochen, die Fahrt nach Norwegen nur eine unnöthige Zeitversplitterung seyn und es bessern Vortheil versprechen werde, in See zu bleiben und meine Reise möglichst zu beschleunigen. Jn- dem ich sie also auf's neue zusammen berief, erklärte ich ihnen, daß ihr böser Handel für's erste mit dem Liebesmantel zugedeckt, wenn gleich nicht ganz vergeben seyn solle; was sich zu seiner Zeit weiter ausweisen werde.
Demnach änderte ich meinen Kurs wie- der nach Osten gegen das Kattegat, bis mich, in der Nacht vom 2. zum 3. September, ein
11. Bändchen (15)
was ſie im Schilde fuͤhrten. Um aber auf Alles gefaßt zu ſeyn, zog ich meinen Hauer blank, trat mitten unter ſie, und fragte ge- bieteriſch: Was ſie wollten? — Der Boots- mann nahm fuͤr ſie das Wort, dem ſie nach und nach Alle beifielen, und geſtand mit Zer- knirſchung: Sie haͤtten ſich uͤbereilt und ver- gangen; baͤten mich um Vergebung, und ver- ſpraͤchen, ſich hinfuͤhro beſſer gegen mich zu betragen.
„Ei wohl!‟ entgegnete ich ihnen — „Re- ſpect und Gehorſam gegen mich verſtehen ſich wohl von ſelbſt. Aber was ich wegen des Vergangenen uͤber euch beſchlieſſe, daruͤber werde ich mich allerdings noch beſinnen muͤſſen. Jetzt an die Arbeit!‟ — Fuͤr mich ſelbſt aber zog ich nunmehr in Erwaͤgung, daß, da die Kerle dergeſtalt zu Kreuze gekrochen, die Fahrt nach Norwegen nur eine unnoͤthige Zeitverſplitterung ſeyn und es beſſern Vortheil verſprechen werde, in See zu bleiben und meine Reiſe moͤglichſt zu beſchleunigen. Jn- dem ich ſie alſo auf’s neue zuſammen berief, erklaͤrte ich ihnen, daß ihr boͤſer Handel fuͤr’s erſte mit dem Liebesmantel zugedeckt, wenn gleich nicht ganz vergeben ſeyn ſolle; was ſich zu ſeiner Zeit weiter ausweiſen werde.
Demnach aͤnderte ich meinen Kurs wie- der nach Oſten gegen das Kattegat, bis mich, in der Nacht vom 2. zum 3. September, ein
11. Bändchen (15)
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0229"n="225"/>
was ſie im Schilde fuͤhrten. Um aber auf<lb/>
Alles gefaßt zu ſeyn, zog ich meinen Hauer<lb/>
blank, trat mitten unter ſie, und fragte ge-<lb/>
bieteriſch: Was ſie wollten? — Der Boots-<lb/>
mann nahm fuͤr ſie das Wort, dem ſie nach<lb/>
und nach Alle beifielen, und geſtand mit Zer-<lb/>
knirſchung: Sie haͤtten ſich uͤbereilt und ver-<lb/>
gangen; baͤten mich um Vergebung, und ver-<lb/>ſpraͤchen, ſich hinfuͤhro beſſer gegen mich zu<lb/>
betragen.</p><lb/><p>„Ei wohl!‟ entgegnete ich ihnen —„Re-<lb/>ſpect und Gehorſam gegen mich verſtehen ſich<lb/>
wohl von ſelbſt. Aber was ich wegen des<lb/>
Vergangenen uͤber euch beſchlieſſe, daruͤber<lb/>
werde ich mich allerdings noch beſinnen muͤſſen.<lb/>
Jetzt an die Arbeit!‟— Fuͤr mich ſelbſt<lb/>
aber zog ich nunmehr in Erwaͤgung, daß,<lb/>
da die Kerle dergeſtalt zu Kreuze gekrochen,<lb/>
die Fahrt nach Norwegen nur eine unnoͤthige<lb/>
Zeitverſplitterung ſeyn und es beſſern Vortheil<lb/>
verſprechen werde, in See zu bleiben und<lb/>
meine Reiſe moͤglichſt zu beſchleunigen. Jn-<lb/>
dem ich ſie alſo auf’s neue zuſammen berief,<lb/>
erklaͤrte ich ihnen, daß ihr boͤſer Handel fuͤr’s<lb/>
erſte mit dem Liebesmantel zugedeckt, wenn<lb/>
gleich nicht ganz vergeben ſeyn ſolle; was ſich<lb/>
zu ſeiner Zeit weiter ausweiſen werde.</p><lb/><p>Demnach aͤnderte ich meinen Kurs wie-<lb/>
der nach Oſten gegen das Kattegat, bis mich,<lb/>
in der Nacht vom 2. zum 3. September, ein<lb/><fwplace="bottom"type="sig">11. Bändchen (15)</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[225/0229]
was ſie im Schilde fuͤhrten. Um aber auf
Alles gefaßt zu ſeyn, zog ich meinen Hauer
blank, trat mitten unter ſie, und fragte ge-
bieteriſch: Was ſie wollten? — Der Boots-
mann nahm fuͤr ſie das Wort, dem ſie nach
und nach Alle beifielen, und geſtand mit Zer-
knirſchung: Sie haͤtten ſich uͤbereilt und ver-
gangen; baͤten mich um Vergebung, und ver-
ſpraͤchen, ſich hinfuͤhro beſſer gegen mich zu
betragen.
„Ei wohl!‟ entgegnete ich ihnen — „Re-
ſpect und Gehorſam gegen mich verſtehen ſich
wohl von ſelbſt. Aber was ich wegen des
Vergangenen uͤber euch beſchlieſſe, daruͤber
werde ich mich allerdings noch beſinnen muͤſſen.
Jetzt an die Arbeit!‟ — Fuͤr mich ſelbſt
aber zog ich nunmehr in Erwaͤgung, daß,
da die Kerle dergeſtalt zu Kreuze gekrochen,
die Fahrt nach Norwegen nur eine unnoͤthige
Zeitverſplitterung ſeyn und es beſſern Vortheil
verſprechen werde, in See zu bleiben und
meine Reiſe moͤglichſt zu beſchleunigen. Jn-
dem ich ſie alſo auf’s neue zuſammen berief,
erklaͤrte ich ihnen, daß ihr boͤſer Handel fuͤr’s
erſte mit dem Liebesmantel zugedeckt, wenn
gleich nicht ganz vergeben ſeyn ſolle; was ſich
zu ſeiner Zeit weiter ausweiſen werde.
Demnach aͤnderte ich meinen Kurs wie-
der nach Oſten gegen das Kattegat, bis mich,
in der Nacht vom 2. zum 3. September, ein
11. Bändchen (15)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/229>, abgerufen am 15.08.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.