Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

heraus: "Hoho, das ist nur Wischewäsche!"
-- "So, guter Kerl? Nun, so will ich dir
"zeigen, was Wischewäsche ist;" und damit
griff ich nach dem spanischen Rohr und
walkte ihn durch, aus Leibes Kräften. Das
böse Gewissen erlaubte dem Buben nicht,
sich thätlich zu widersetzen; sondern er tau-
melte nur stöhnend aus Einem Winkel in
den Andern, um meinen Streichen zu ent-
gehen. So geschah es, daß mein Strafge-
richt in dem engen Raum der Kajüte eben-
sowohl die umher angebrachten Glasschränke,
sammt den darinn befindlichen Gläsern und
Tassen, traf; was ich aber in meinem bren-
nenden Eifer nicht achtete.

Endlich, da ich meinen Arm erlahmt
fühlte, stieß ich den Taugenichts mit den
Füßen zur Kajüte hinaus; riegelte die Thüre
hinter mir zu, und nahm mir nun etwas
Zeit zum Verschnaufen. Der Anfang zur
Wiederherstellung meiner Autorität war glück-
lich gemacht, und damit zugleich ein schwerer
Stein von meinem Herzen gefallen. Die
Kerle steckten in keinen reinen Schuhen und
fiengen an, bei meiner Entschlossenheit per-
plex zu werden. Jch durfte nun aber auch
nicht auf halbem Wege stehen bleiben; sondern
sie mußten noch gewichtiger fühlen, daß ich
ihnen gewachsen war. Sobald ich mich dem-
nach einwenig erholt hatte, zog ich aber-

heraus: „Hoho, das iſt nur Wiſchewaͤſche!‟
— „So, guter Kerl? Nun, ſo will ich dir
„zeigen, was Wiſchewaͤſche iſt;‟ und damit
griff ich nach dem ſpaniſchen Rohr und
walkte ihn durch, aus Leibes Kraͤften. Das
boͤſe Gewiſſen erlaubte dem Buben nicht,
ſich thaͤtlich zu widerſetzen; ſondern er tau-
melte nur ſtoͤhnend aus Einem Winkel in
den Andern, um meinen Streichen zu ent-
gehen. So geſchah es, daß mein Strafge-
richt in dem engen Raum der Kajuͤte eben-
ſowohl die umher angebrachten Glasſchraͤnke,
ſammt den darinn befindlichen Glaͤſern und
Taſſen, traf; was ich aber in meinem bren-
nenden Eifer nicht achtete.

Endlich, da ich meinen Arm erlahmt
fuͤhlte, ſtieß ich den Taugenichts mit den
Fuͤßen zur Kajuͤte hinaus; riegelte die Thuͤre
hinter mir zu, und nahm mir nun etwas
Zeit zum Verſchnaufen. Der Anfang zur
Wiederherſtellung meiner Autoritaͤt war gluͤck-
lich gemacht, und damit zugleich ein ſchwerer
Stein von meinem Herzen gefallen. Die
Kerle ſteckten in keinen reinen Schuhen und
fiengen an, bei meiner Entſchloſſenheit per-
plex zu werden. Jch durfte nun aber auch
nicht auf halbem Wege ſtehen bleiben; ſondern
ſie mußten noch gewichtiger fuͤhlen, daß ich
ihnen gewachſen war. Sobald ich mich dem-
nach einwenig erholt hatte, zog ich aber-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0226" n="222"/>
heraus: &#x201E;Hoho, das i&#x017F;t nur Wi&#x017F;chewa&#x0364;&#x017F;che!&#x201F;<lb/>
&#x2014; &#x201E;So, guter Kerl? Nun, &#x017F;o will ich dir<lb/>
&#x201E;zeigen, was Wi&#x017F;chewa&#x0364;&#x017F;che i&#x017F;t;&#x201F; und damit<lb/>
griff ich nach dem &#x017F;pani&#x017F;chen Rohr und<lb/>
walkte ihn durch, aus Leibes Kra&#x0364;ften. Das<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;e Gewi&#x017F;&#x017F;en erlaubte dem Buben nicht,<lb/>
&#x017F;ich tha&#x0364;tlich zu wider&#x017F;etzen; &#x017F;ondern er tau-<lb/>
melte nur &#x017F;to&#x0364;hnend aus Einem Winkel in<lb/>
den Andern, um meinen Streichen zu ent-<lb/>
gehen. So ge&#x017F;chah es, daß mein Strafge-<lb/>
richt in dem engen Raum der Kaju&#x0364;te eben-<lb/>
&#x017F;owohl die umher angebrachten Glas&#x017F;chra&#x0364;nke,<lb/>
&#x017F;ammt den darinn befindlichen Gla&#x0364;&#x017F;ern und<lb/>
Ta&#x017F;&#x017F;en, traf; was ich aber in meinem bren-<lb/>
nenden Eifer nicht achtete.</p><lb/>
        <p>Endlich, da ich meinen Arm erlahmt<lb/>
fu&#x0364;hlte, &#x017F;tieß ich den Taugenichts mit den<lb/>
Fu&#x0364;ßen zur Kaju&#x0364;te hinaus; riegelte die Thu&#x0364;re<lb/>
hinter mir zu, und nahm mir nun etwas<lb/>
Zeit zum Ver&#x017F;chnaufen. Der Anfang zur<lb/>
Wiederher&#x017F;tellung meiner Autorita&#x0364;t war glu&#x0364;ck-<lb/>
lich gemacht, und damit zugleich ein &#x017F;chwerer<lb/>
Stein von meinem Herzen gefallen. Die<lb/>
Kerle &#x017F;teckten in keinen reinen Schuhen und<lb/>
fiengen an, bei meiner Ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit per-<lb/>
plex zu werden. Jch durfte nun aber auch<lb/>
nicht auf halbem Wege &#x017F;tehen bleiben; &#x017F;ondern<lb/>
&#x017F;ie mußten noch gewichtiger fu&#x0364;hlen, daß ich<lb/>
ihnen gewach&#x017F;en war. Sobald ich mich dem-<lb/>
nach einwenig erholt hatte, zog ich aber-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0226] heraus: „Hoho, das iſt nur Wiſchewaͤſche!‟ — „So, guter Kerl? Nun, ſo will ich dir „zeigen, was Wiſchewaͤſche iſt;‟ und damit griff ich nach dem ſpaniſchen Rohr und walkte ihn durch, aus Leibes Kraͤften. Das boͤſe Gewiſſen erlaubte dem Buben nicht, ſich thaͤtlich zu widerſetzen; ſondern er tau- melte nur ſtoͤhnend aus Einem Winkel in den Andern, um meinen Streichen zu ent- gehen. So geſchah es, daß mein Strafge- richt in dem engen Raum der Kajuͤte eben- ſowohl die umher angebrachten Glasſchraͤnke, ſammt den darinn befindlichen Glaͤſern und Taſſen, traf; was ich aber in meinem bren- nenden Eifer nicht achtete. Endlich, da ich meinen Arm erlahmt fuͤhlte, ſtieß ich den Taugenichts mit den Fuͤßen zur Kajuͤte hinaus; riegelte die Thuͤre hinter mir zu, und nahm mir nun etwas Zeit zum Verſchnaufen. Der Anfang zur Wiederherſtellung meiner Autoritaͤt war gluͤck- lich gemacht, und damit zugleich ein ſchwerer Stein von meinem Herzen gefallen. Die Kerle ſteckten in keinen reinen Schuhen und fiengen an, bei meiner Entſchloſſenheit per- plex zu werden. Jch durfte nun aber auch nicht auf halbem Wege ſtehen bleiben; ſondern ſie mußten noch gewichtiger fuͤhlen, daß ich ihnen gewachſen war. Sobald ich mich dem- nach einwenig erholt hatte, zog ich aber-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/226
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/226>, abgerufen am 24.11.2024.