Willen; fügte aber zugleich auch den Gruß hinzu, den mir der Kapitain des englischen Kreuzers an den Admiral aufgetragen hatte. Während dem Schreiben musterte Jener einen Berg Zitronen, die in einem Winkel der Kajüte lagen, mit lüsternen Augen. Jch bat ihn, sich davon auszuwählen, soviel er irgend zu lassen wüßte -- Eine Höflichkeit, die er mit Dank annahm und benutzte, und wornach wir Beiderseits freundlich auseinander schie- den. Aber auch späterhin ist von diesem Handel auf keine Weise wieder etwas zur Sprache gekommen.
Jch selbst vergaß diesen Vorgang alsbald über der Noth, die ich hatte, bei dem, noch immer kontrairen Ostwinde, in dem engen Fahrwasser, mit Laviren in kurzen Schläger, und unter Beihülfe der jedesmaligen Fluth, langsam genug fortzurücken; hinwiederum aber mit jeder Ebbe die Anker fallen zu lassen. Hierbei fror es zu gleicher Zeit so heftig, und es kam mir soviel Treibeis auf den Hals, daß ich mich oftmals vor zwei oder auch wohl drei Anker legen mußte, um dem An- drang gehörig zu widerstehen. So währte es drei Tage hinter einander, ohne daß es sich zu einem Besseren anließ; und ich mochte mich allein damit trösten, daß es vor und hinter mir noch eine Menge von Schiffen gab, die eben so angestrengt und vergeblich trach-
Willen; fuͤgte aber zugleich auch den Gruß hinzu, den mir der Kapitain des engliſchen Kreuzers an den Admiral aufgetragen hatte. Waͤhrend dem Schreiben muſterte Jener einen Berg Zitronen, die in einem Winkel der Kajuͤte lagen, mit luͤſternen Augen. Jch bat ihn, ſich davon auszuwaͤhlen, ſoviel er irgend zu laſſen wuͤßte — Eine Hoͤflichkeit, die er mit Dank annahm und benutzte, und wornach wir Beiderſeits freundlich auseinander ſchie- den. Aber auch ſpaͤterhin iſt von dieſem Handel auf keine Weiſe wieder etwas zur Sprache gekommen.
Jch ſelbſt vergaß dieſen Vorgang alsbald uͤber der Noth, die ich hatte, bei dem, noch immer kontrairen Oſtwinde, in dem engen Fahrwaſſer, mit Laviren in kurzen Schlaͤger, und unter Beihuͤlfe der jedesmaligen Fluth, langſam genug fortzuruͤcken; hinwiederum aber mit jeder Ebbe die Anker fallen zu laſſen. Hierbei fror es zu gleicher Zeit ſo heftig, und es kam mir ſoviel Treibeis auf den Hals, daß ich mich oftmals vor zwei oder auch wohl drei Anker legen mußte, um dem An- drang gehoͤrig zu widerſtehen. So waͤhrte es drei Tage hinter einander, ohne daß es ſich zu einem Beſſeren anließ; und ich mochte mich allein damit troͤſten, daß es vor und hinter mir noch eine Menge von Schiffen gab, die eben ſo angeſtrengt und vergeblich trach-
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Willen; fuͤgte aber zugleich auch den Gruß
hinzu, den mir der Kapitain des engliſchen
Kreuzers an den Admiral aufgetragen hatte.
Waͤhrend dem Schreiben muſterte Jener einen
Berg Zitronen, die in einem Winkel der Kajuͤte
lagen, mit luͤſternen Augen. Jch bat ihn,
ſich davon auszuwaͤhlen, ſoviel er irgend zu
laſſen wuͤßte — Eine Hoͤflichkeit, die er mit
Dank annahm und benutzte, und wornach
wir Beiderſeits freundlich auseinander ſchie-
den. Aber auch ſpaͤterhin iſt von dieſem
Handel auf keine Weiſe wieder etwas zur
Sprache gekommen.
Jch ſelbſt vergaß dieſen Vorgang alsbald
uͤber der Noth, die ich hatte, bei dem, noch
immer kontrairen Oſtwinde, in dem engen
Fahrwaſſer, mit Laviren in kurzen Schlaͤger,
und unter Beihuͤlfe der jedesmaligen Fluth,
langſam genug fortzuruͤcken; hinwiederum
aber mit jeder Ebbe die Anker fallen zu laſſen.
Hierbei fror es zu gleicher Zeit ſo heftig,
und es kam mir ſoviel Treibeis auf den Hals,
daß ich mich oftmals vor zwei oder auch
wohl drei Anker legen mußte, um dem An-
drang gehoͤrig zu widerſtehen. So waͤhrte
es drei Tage hinter einander, ohne daß es
ſich zu einem Beſſeren anließ; und ich mochte
mich allein damit troͤſten, daß es vor und
hinter mir noch eine Menge von Schiffen gab,
die eben ſo angeſtrengt und vergeblich trach-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/188>, abgerufen am 16.02.2025.
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