Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

derkehrenden Bewußtseyn begann ich nun
aber auch erst meine Schmerzen zu fühlen.
Meine Hände waren überall verletzt; die
Haare auf dem Kopfe zum Theil abgesengt;
der Kopf selbst wund und voller Brandbla-
sen, wo denn auch in der Folge nie wie-
der Haare gewachsen sind. Nicht minder
sind mir die beiden äußersten Finger an der
rechten Hand, die vom Feuer am meisten ge-
litten hatten, bis auf diese Stunde krumm
geblieben; und so werde ich sie auch wohl
mit in mein Grab nehmen müssen.

Vom Kirchhofe trug man mich nach
meiner Wohnung, wo eine gute und sorg-
fältige Pflege mir denn auch bald wieder
auf die Beine half. Einige Wochen später
behändigte mir der Herr Kriegs-Commissair
Donath eine goldene Denkmünze in der Größe
eines Doppel Friedrichsd'or, nebst einem Be-
lobungsschreiben, die ihm beide von Berlin
zugeschickt worden, um sie mir, gegen meine
Quitung, zu überliefern. Das Gepräge die-
ser Denkmünze ließ ich mir in meinem Pett-
schaft nachstechen; sie selbst aber, nebst dem
Schreiben, übergab ich in die Hände des
Magistrats, mit dem Ersuchen, sie, bis auf
meine weitere Verfügung, im rathhäusli-
chen Archiv verwahrlich niederzulegen. Doch
als ich, nach Verlauf einiger Jahre, dieser-
halb eine gelegentliche Nachfrage anstellte,

derkehrenden Bewußtſeyn begann ich nun
aber auch erſt meine Schmerzen zu fuͤhlen.
Meine Haͤnde waren uͤberall verletzt; die
Haare auf dem Kopfe zum Theil abgeſengt;
der Kopf ſelbſt wund und voller Brandbla-
ſen, wo denn auch in der Folge nie wie-
der Haare gewachſen ſind. Nicht minder
ſind mir die beiden aͤußerſten Finger an der
rechten Hand, die vom Feuer am meiſten ge-
litten hatten, bis auf dieſe Stunde krumm
geblieben; und ſo werde ich ſie auch wohl
mit in mein Grab nehmen muͤſſen.

Vom Kirchhofe trug man mich nach
meiner Wohnung, wo eine gute und ſorg-
faͤltige Pflege mir denn auch bald wieder
auf die Beine half. Einige Wochen ſpaͤter
behaͤndigte mir der Herr Kriegs-Commiſſair
Donath eine goldene Denkmuͤnze in der Groͤße
eines Doppel Friedrichsd’or, nebſt einem Be-
lobungsſchreiben, die ihm beide von Berlin
zugeſchickt worden, um ſie mir, gegen meine
Quitung, zu uͤberliefern. Das Gepraͤge die-
ſer Denkmuͤnze ließ ich mir in meinem Pett-
ſchaft nachſtechen; ſie ſelbſt aber, nebſt dem
Schreiben, uͤbergab ich in die Haͤnde des
Magiſtrats, mit dem Erſuchen, ſie, bis auf
meine weitere Verfuͤgung, im rathhaͤusli-
chen Archiv verwahrlich niederzulegen. Doch
als ich, nach Verlauf einiger Jahre, dieſer-
halb eine gelegentliche Nachfrage anſtellte,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0137" n="133"/>
derkehrenden Bewußt&#x017F;eyn begann ich nun<lb/>
aber auch er&#x017F;t meine Schmerzen zu fu&#x0364;hlen.<lb/>
Meine Ha&#x0364;nde waren u&#x0364;berall verletzt; die<lb/>
Haare auf dem Kopfe zum Theil abge&#x017F;engt;<lb/>
der Kopf &#x017F;elb&#x017F;t wund und voller Brandbla-<lb/>
&#x017F;en, wo denn auch in der Folge nie wie-<lb/>
der Haare gewach&#x017F;en &#x017F;ind. Nicht minder<lb/>
&#x017F;ind mir die beiden a&#x0364;ußer&#x017F;ten Finger an der<lb/>
rechten Hand, die vom Feuer am mei&#x017F;ten ge-<lb/>
litten hatten, bis auf die&#x017F;e Stunde krumm<lb/>
geblieben; und &#x017F;o werde ich &#x017F;ie auch wohl<lb/>
mit in mein Grab nehmen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Vom Kirchhofe trug man mich nach<lb/>
meiner Wohnung, wo eine gute und &#x017F;org-<lb/>
fa&#x0364;ltige Pflege mir denn auch bald wieder<lb/>
auf die Beine half. Einige Wochen &#x017F;pa&#x0364;ter<lb/>
beha&#x0364;ndigte mir der Herr Kriegs-Commi&#x017F;&#x017F;air<lb/>
Donath eine goldene Denkmu&#x0364;nze in der Gro&#x0364;ße<lb/>
eines Doppel Friedrichsd&#x2019;or, neb&#x017F;t einem Be-<lb/>
lobungs&#x017F;chreiben, die ihm beide von Berlin<lb/>
zuge&#x017F;chickt worden, um &#x017F;ie mir, gegen meine<lb/>
Quitung, zu u&#x0364;berliefern. Das Gepra&#x0364;ge die-<lb/>
&#x017F;er Denkmu&#x0364;nze ließ ich mir in meinem Pett-<lb/>
&#x017F;chaft nach&#x017F;techen; &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t aber, neb&#x017F;t dem<lb/>
Schreiben, u&#x0364;bergab ich in die Ha&#x0364;nde des<lb/>
Magi&#x017F;trats, mit dem Er&#x017F;uchen, &#x017F;ie, bis auf<lb/>
meine weitere Verfu&#x0364;gung, im rathha&#x0364;usli-<lb/>
chen Archiv verwahrlich niederzulegen. Doch<lb/>
als ich, nach Verlauf einiger Jahre, die&#x017F;er-<lb/>
halb eine gelegentliche Nachfrage an&#x017F;tellte,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0137] derkehrenden Bewußtſeyn begann ich nun aber auch erſt meine Schmerzen zu fuͤhlen. Meine Haͤnde waren uͤberall verletzt; die Haare auf dem Kopfe zum Theil abgeſengt; der Kopf ſelbſt wund und voller Brandbla- ſen, wo denn auch in der Folge nie wie- der Haare gewachſen ſind. Nicht minder ſind mir die beiden aͤußerſten Finger an der rechten Hand, die vom Feuer am meiſten ge- litten hatten, bis auf dieſe Stunde krumm geblieben; und ſo werde ich ſie auch wohl mit in mein Grab nehmen muͤſſen. Vom Kirchhofe trug man mich nach meiner Wohnung, wo eine gute und ſorg- faͤltige Pflege mir denn auch bald wieder auf die Beine half. Einige Wochen ſpaͤter behaͤndigte mir der Herr Kriegs-Commiſſair Donath eine goldene Denkmuͤnze in der Groͤße eines Doppel Friedrichsd’or, nebſt einem Be- lobungsſchreiben, die ihm beide von Berlin zugeſchickt worden, um ſie mir, gegen meine Quitung, zu uͤberliefern. Das Gepraͤge die- ſer Denkmuͤnze ließ ich mir in meinem Pett- ſchaft nachſtechen; ſie ſelbſt aber, nebſt dem Schreiben, uͤbergab ich in die Haͤnde des Magiſtrats, mit dem Erſuchen, ſie, bis auf meine weitere Verfuͤgung, im rathhaͤusli- chen Archiv verwahrlich niederzulegen. Doch als ich, nach Verlauf einiger Jahre, dieſer- halb eine gelegentliche Nachfrage anſtellte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/137
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/137>, abgerufen am 01.05.2024.