Delatre seinen eignen Bruder vor, -- einen jungen, im Seewesen ganz unerfahrnen Men- schen, der indeß früher als Unter-Lieutenant, auf einer Französischen Fregatte gedient hatte, mit derselben im letzten Kriege den Englän- dern in die Hände gefallen und dort (eben) erst, durch des zu Glück und Ehren gelang- ten Bruders Vermittelung, aus dem Schuld- gefängnisse hervorgekrochen war. Er kam nach Stettin, und ich war eben nicht sonder- lich erbaut, meinen neuen Herren Admiral kennen zu lernen, und zugleich zu erfahren, daß ihm das Commando der nächsten zu er- bauenden Fregatte zugetheilt werden sollte. Bis dahin hatt' er nun freilich wenig oder gar nichts zu thun; und so verführte der Müs- sigang den luftigen Patron zu einer Menge albernen Streiche, die ihm wenig zur Ehre gereichten. Unaufhörlich gab es Neckereien und blutige Händel mit den Officieren von der Garnison: so daß er am Ende sich kaum mehr durfte blicken lassen, um nicht der schimpflichen Ahndung eines gerechten Un- willens anheim zu fallen.
Gegen Ende des Junius gieng ich mit meinem Schiffe die Oder hinab, und war an- gewiesen, auf der Rheede von Swinemünde eine Ladung Balken einzunehmen, die ich nach Cadix bringen und dort, wo möglich, mit
sammt
Delatre ſeinen eignen Bruder vor, — einen jungen, im Seeweſen ganz unerfahrnen Men- ſchen, der indeß fruͤher als Unter-Lieutenant, auf einer Franzoͤſiſchen Fregatte gedient hatte, mit derſelben im letzten Kriege den Englaͤn- dern in die Haͤnde gefallen und dort (eben) erſt, durch des zu Gluͤck und Ehren gelang- ten Bruders Vermittelung, aus dem Schuld- gefaͤngniſſe hervorgekrochen war. Er kam nach Stettin, und ich war eben nicht ſonder- lich erbaut, meinen neuen Herren Admiral kennen zu lernen, und zugleich zu erfahren, daß ihm das Commando der naͤchſten zu er- bauenden Fregatte zugetheilt werden ſollte. Bis dahin hatt’ er nun freilich wenig oder gar nichts zu thun; und ſo verfuͤhrte der Muͤſ- ſigang den luftigen Patron zu einer Menge albernen Streiche, die ihm wenig zur Ehre gereichten. Unaufhoͤrlich gab es Neckereien und blutige Haͤndel mit den Officieren von der Garniſon: ſo daß er am Ende ſich kaum mehr durfte blicken laſſen, um nicht der ſchimpflichen Ahndung eines gerechten Un- willens anheim zu fallen.
Gegen Ende des Junius gieng ich mit meinem Schiffe die Oder hinab, und war an- gewieſen, auf der Rheede von Swinemuͤnde eine Ladung Balken einzunehmen, die ich nach Cadix bringen und dort, wo moͤglich, mit
ſammt
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0256"n="240"/><hirendition="#g">Delatre</hi>ſeinen eignen Bruder vor, — einen<lb/>
jungen, im Seeweſen ganz unerfahrnen Men-<lb/>ſchen, der indeß fruͤher als Unter-Lieutenant,<lb/>
auf einer Franzoͤſiſchen Fregatte gedient hatte,<lb/>
mit derſelben im letzten Kriege den Englaͤn-<lb/>
dern in die Haͤnde gefallen und dort (eben)<lb/>
erſt, durch des zu Gluͤck und Ehren gelang-<lb/>
ten Bruders Vermittelung, aus dem Schuld-<lb/>
gefaͤngniſſe hervorgekrochen war. Er kam<lb/>
nach Stettin, und ich war eben nicht ſonder-<lb/>
lich erbaut, meinen neuen Herren Admiral<lb/>
kennen zu lernen, und zugleich zu erfahren,<lb/>
daß ihm das Commando der naͤchſten zu er-<lb/>
bauenden Fregatte zugetheilt werden ſollte.<lb/>
Bis dahin hatt’ er nun freilich wenig oder<lb/>
gar nichts zu thun; und ſo verfuͤhrte der Muͤſ-<lb/>ſigang den luftigen Patron zu einer Menge<lb/>
albernen Streiche, die ihm wenig zur Ehre<lb/>
gereichten. Unaufhoͤrlich gab es Neckereien<lb/>
und blutige Haͤndel mit den Officieren von<lb/>
der Garniſon: ſo daß er am Ende ſich kaum<lb/>
mehr durfte blicken laſſen, um nicht der<lb/>ſchimpflichen Ahndung eines gerechten Un-<lb/>
willens anheim zu fallen.</p><lb/><p>Gegen Ende des Junius gieng ich mit<lb/>
meinem Schiffe die Oder hinab, und war an-<lb/>
gewieſen, auf der Rheede von Swinemuͤnde<lb/>
eine Ladung Balken einzunehmen, die ich nach<lb/>
Cadix bringen und dort, wo moͤglich, mit<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſammt</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[240/0256]
Delatre ſeinen eignen Bruder vor, — einen
jungen, im Seeweſen ganz unerfahrnen Men-
ſchen, der indeß fruͤher als Unter-Lieutenant,
auf einer Franzoͤſiſchen Fregatte gedient hatte,
mit derſelben im letzten Kriege den Englaͤn-
dern in die Haͤnde gefallen und dort (eben)
erſt, durch des zu Gluͤck und Ehren gelang-
ten Bruders Vermittelung, aus dem Schuld-
gefaͤngniſſe hervorgekrochen war. Er kam
nach Stettin, und ich war eben nicht ſonder-
lich erbaut, meinen neuen Herren Admiral
kennen zu lernen, und zugleich zu erfahren,
daß ihm das Commando der naͤchſten zu er-
bauenden Fregatte zugetheilt werden ſollte.
Bis dahin hatt’ er nun freilich wenig oder
gar nichts zu thun; und ſo verfuͤhrte der Muͤſ-
ſigang den luftigen Patron zu einer Menge
albernen Streiche, die ihm wenig zur Ehre
gereichten. Unaufhoͤrlich gab es Neckereien
und blutige Haͤndel mit den Officieren von
der Garniſon: ſo daß er am Ende ſich kaum
mehr durfte blicken laſſen, um nicht der
ſchimpflichen Ahndung eines gerechten Un-
willens anheim zu fallen.
Gegen Ende des Junius gieng ich mit
meinem Schiffe die Oder hinab, und war an-
gewieſen, auf der Rheede von Swinemuͤnde
eine Ladung Balken einzunehmen, die ich nach
Cadix bringen und dort, wo moͤglich, mit
ſammt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/256>, abgerufen am 03.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.