Was blieb mir demnach übrig, als daß ich mich noch einmal unter das alte verhaßte Joch bequemte, und, als Setzschiffer, auf einem Leichter-Fahrzeuge, zwischen Königs- berg, Pillau und Elbing hin und her tage- löhnerte, um nur mein kümmerliches Brodt zu verdienen.
Drei mühselige Jahre blieb mein Schick- sal in dieser Schwebe; und Gott weiß, wie sauer, ja bitter sie mir geworden sind! End- lich gieng vom Preussischen Gesandten im Haag ein großes Schreiben an mich ein, mit der Verkündigung, mein Proceß sey in letzter Jnstanz glücklich gewonnen. -- Gott- lob! hätt' ich gerne aus tiefer erleichterter Brust gerufen, wäre nur nicht unmittelbar die Hiobs-Post damit verbunden gewesen: Kock, der Eine meiner Widersacher, sey ge- storben, nun sey der Bankerott des Hauses ausgebrochen, von den übrigen Gläubigern auf alle Effecten desselben Beschlag gelegt worden und zu Befriedigung meiner Anforde- rung leider! nichts übrig geblieben. -- So war ich denn ein ruinirter Mann; hatte mir die schönsten Jahre meines Lebens gleich- sam stehlen lassen, mir den Leib unaufhörlich voll geärgert, und mochte nun in Gottes Namen anfangen, zu meinem künftigen Glücke, wo ich wüßte und könnte, wieder den aller- ersten Grundstein zu legen!
Was blieb mir demnach uͤbrig, als daß ich mich noch einmal unter das alte verhaßte Joch bequemte, und, als Setzſchiffer, auf einem Leichter-Fahrzeuge, zwiſchen Koͤnigs- berg, Pillau und Elbing hin und her tage- loͤhnerte, um nur mein kuͤmmerliches Brodt zu verdienen.
Drei muͤhſelige Jahre blieb mein Schick- ſal in dieſer Schwebe; und Gott weiß, wie ſauer, ja bitter ſie mir geworden ſind! End- lich gieng vom Preuſſiſchen Geſandten im Haag ein großes Schreiben an mich ein, mit der Verkuͤndigung, mein Proceß ſey in letzter Jnſtanz gluͤcklich gewonnen. — Gott- lob! haͤtt’ ich gerne aus tiefer erleichterter Bruſt gerufen, waͤre nur nicht unmittelbar die Hiobs-Poſt damit verbunden geweſen: Kock, der Eine meiner Widerſacher, ſey ge- ſtorben, nun ſey der Bankerott des Hauſes ausgebrochen, von den uͤbrigen Glaͤubigern auf alle Effecten deſſelben Beſchlag gelegt worden und zu Befriedigung meiner Anforde- rung leider! nichts uͤbrig geblieben. — So war ich denn ein ruinirter Mann; hatte mir die ſchoͤnſten Jahre meines Lebens gleich- ſam ſtehlen laſſen, mir den Leib unaufhoͤrlich voll geaͤrgert, und mochte nun in Gottes Namen anfangen, zu meinem kuͤnftigen Gluͤcke, wo ich wuͤßte und koͤnnte, wieder den aller- erſten Grundſtein zu legen!
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0253"n="237"/>
Was blieb mir demnach uͤbrig, als daß ich<lb/>
mich noch einmal unter das alte verhaßte<lb/>
Joch bequemte, und, als Setzſchiffer, auf<lb/>
einem Leichter-Fahrzeuge, zwiſchen Koͤnigs-<lb/>
berg, Pillau und Elbing hin und her tage-<lb/>
loͤhnerte, um nur mein kuͤmmerliches Brodt<lb/>
zu verdienen.</p><lb/><p>Drei muͤhſelige Jahre blieb mein Schick-<lb/>ſal in dieſer Schwebe; und Gott weiß, wie<lb/>ſauer, ja bitter ſie mir geworden ſind! End-<lb/>
lich gieng vom Preuſſiſchen Geſandten im<lb/>
Haag ein großes Schreiben an mich ein,<lb/>
mit der Verkuͤndigung, mein Proceß ſey in<lb/>
letzter Jnſtanz gluͤcklich gewonnen. — Gott-<lb/>
lob! haͤtt’ ich gerne aus tiefer erleichterter<lb/>
Bruſt gerufen, waͤre nur nicht unmittelbar<lb/>
die Hiobs-Poſt damit verbunden geweſen:<lb/>
Kock, der Eine meiner Widerſacher, ſey ge-<lb/>ſtorben, nun ſey der Bankerott des Hauſes<lb/>
ausgebrochen, von den uͤbrigen Glaͤubigern<lb/>
auf alle Effecten deſſelben Beſchlag gelegt<lb/>
worden und zu Befriedigung meiner Anforde-<lb/>
rung leider! nichts uͤbrig geblieben. — So<lb/>
war ich denn ein ruinirter Mann; hatte<lb/>
mir die ſchoͤnſten Jahre meines Lebens gleich-<lb/>ſam ſtehlen laſſen, mir den Leib unaufhoͤrlich<lb/>
voll geaͤrgert, und mochte nun in Gottes<lb/>
Namen anfangen, zu meinem kuͤnftigen Gluͤcke,<lb/>
wo ich wuͤßte und koͤnnte, wieder den aller-<lb/>
erſten Grundſtein zu legen!</p><lb/></div></body></text></TEI>
[237/0253]
Was blieb mir demnach uͤbrig, als daß ich
mich noch einmal unter das alte verhaßte
Joch bequemte, und, als Setzſchiffer, auf
einem Leichter-Fahrzeuge, zwiſchen Koͤnigs-
berg, Pillau und Elbing hin und her tage-
loͤhnerte, um nur mein kuͤmmerliches Brodt
zu verdienen.
Drei muͤhſelige Jahre blieb mein Schick-
ſal in dieſer Schwebe; und Gott weiß, wie
ſauer, ja bitter ſie mir geworden ſind! End-
lich gieng vom Preuſſiſchen Geſandten im
Haag ein großes Schreiben an mich ein,
mit der Verkuͤndigung, mein Proceß ſey in
letzter Jnſtanz gluͤcklich gewonnen. — Gott-
lob! haͤtt’ ich gerne aus tiefer erleichterter
Bruſt gerufen, waͤre nur nicht unmittelbar
die Hiobs-Poſt damit verbunden geweſen:
Kock, der Eine meiner Widerſacher, ſey ge-
ſtorben, nun ſey der Bankerott des Hauſes
ausgebrochen, von den uͤbrigen Glaͤubigern
auf alle Effecten deſſelben Beſchlag gelegt
worden und zu Befriedigung meiner Anforde-
rung leider! nichts uͤbrig geblieben. — So
war ich denn ein ruinirter Mann; hatte
mir die ſchoͤnſten Jahre meines Lebens gleich-
ſam ſtehlen laſſen, mir den Leib unaufhoͤrlich
voll geaͤrgert, und mochte nun in Gottes
Namen anfangen, zu meinem kuͤnftigen Gluͤcke,
wo ich wuͤßte und koͤnnte, wieder den aller-
erſten Grundſtein zu legen!
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/253>, abgerufen am 03.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.