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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

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Was blieb mir demnach übrig, als daß ich
mich noch einmal unter das alte verhaßte
Joch bequemte, und, als Setzschiffer, auf
einem Leichter-Fahrzeuge, zwischen Königs-
berg, Pillau und Elbing hin und her tage-
löhnerte, um nur mein kümmerliches Brodt
zu verdienen.

Drei mühselige Jahre blieb mein Schick-
sal in dieser Schwebe; und Gott weiß, wie
sauer, ja bitter sie mir geworden sind! End-
lich gieng vom Preussischen Gesandten im
Haag ein großes Schreiben an mich ein,
mit der Verkündigung, mein Proceß sey in
letzter Jnstanz glücklich gewonnen. -- Gott-
lob! hätt' ich gerne aus tiefer erleichterter
Brust gerufen, wäre nur nicht unmittelbar
die Hiobs-Post damit verbunden gewesen:
Kock, der Eine meiner Widersacher, sey ge-
storben, nun sey der Bankerott des Hauses
ausgebrochen, von den übrigen Gläubigern
auf alle Effecten desselben Beschlag gelegt
worden und zu Befriedigung meiner Anforde-
rung leider! nichts übrig geblieben. -- So
war ich denn ein ruinirter Mann; hatte
mir die schönsten Jahre meines Lebens gleich-
sam stehlen lassen, mir den Leib unaufhörlich
voll geärgert, und mochte nun in Gottes
Namen anfangen, zu meinem künftigen Glücke,
wo ich wüßte und könnte, wieder den aller-
ersten Grundstein zu legen!

Was blieb mir demnach uͤbrig, als daß ich
mich noch einmal unter das alte verhaßte
Joch bequemte, und, als Setzſchiffer, auf
einem Leichter-Fahrzeuge, zwiſchen Koͤnigs-
berg, Pillau und Elbing hin und her tage-
loͤhnerte, um nur mein kuͤmmerliches Brodt
zu verdienen.

Drei muͤhſelige Jahre blieb mein Schick-
ſal in dieſer Schwebe; und Gott weiß, wie
ſauer, ja bitter ſie mir geworden ſind! End-
lich gieng vom Preuſſiſchen Geſandten im
Haag ein großes Schreiben an mich ein,
mit der Verkuͤndigung, mein Proceß ſey in
letzter Jnſtanz gluͤcklich gewonnen. — Gott-
lob! haͤtt’ ich gerne aus tiefer erleichterter
Bruſt gerufen, waͤre nur nicht unmittelbar
die Hiobs-Poſt damit verbunden geweſen:
Kock, der Eine meiner Widerſacher, ſey ge-
ſtorben, nun ſey der Bankerott des Hauſes
ausgebrochen, von den uͤbrigen Glaͤubigern
auf alle Effecten deſſelben Beſchlag gelegt
worden und zu Befriedigung meiner Anforde-
rung leider! nichts uͤbrig geblieben. — So
war ich denn ein ruinirter Mann; hatte
mir die ſchoͤnſten Jahre meines Lebens gleich-
ſam ſtehlen laſſen, mir den Leib unaufhoͤrlich
voll geaͤrgert, und mochte nun in Gottes
Namen anfangen, zu meinem kuͤnftigen Gluͤcke,
wo ich wuͤßte und koͤnnte, wieder den aller-
erſten Grundſtein zu legen!

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[237/0253] Was blieb mir demnach uͤbrig, als daß ich mich noch einmal unter das alte verhaßte Joch bequemte, und, als Setzſchiffer, auf einem Leichter-Fahrzeuge, zwiſchen Koͤnigs- berg, Pillau und Elbing hin und her tage- loͤhnerte, um nur mein kuͤmmerliches Brodt zu verdienen. Drei muͤhſelige Jahre blieb mein Schick- ſal in dieſer Schwebe; und Gott weiß, wie ſauer, ja bitter ſie mir geworden ſind! End- lich gieng vom Preuſſiſchen Geſandten im Haag ein großes Schreiben an mich ein, mit der Verkuͤndigung, mein Proceß ſey in letzter Jnſtanz gluͤcklich gewonnen. — Gott- lob! haͤtt’ ich gerne aus tiefer erleichterter Bruſt gerufen, waͤre nur nicht unmittelbar die Hiobs-Poſt damit verbunden geweſen: Kock, der Eine meiner Widerſacher, ſey ge- ſtorben, nun ſey der Bankerott des Hauſes ausgebrochen, von den uͤbrigen Glaͤubigern auf alle Effecten deſſelben Beſchlag gelegt worden und zu Befriedigung meiner Anforde- rung leider! nichts uͤbrig geblieben. — So war ich denn ein ruinirter Mann; hatte mir die ſchoͤnſten Jahre meines Lebens gleich- ſam ſtehlen laſſen, mir den Leib unaufhoͤrlich voll geaͤrgert, und mochte nun in Gottes Namen anfangen, zu meinem kuͤnftigen Gluͤcke, wo ich wuͤßte und koͤnnte, wieder den aller- erſten Grundſtein zu legen!

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/253>, abgerufen am 28.11.2024.