Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

und Raaen -- stießen nun auch unaufhörlich
und mit solcher Macht gegen die Seiten des
Schiffs, daß wir uns auf dem Verdeck kaum
stehend erhalten konnten und jeden Augen-
blick erwarten mußten, Planken und Fütte-
rung zertrümmert zu sehen. Nichts blieb
übrig in dieser Noth, als schnell alles Tau-
werk, das mit dem gestürzten Mast noch zu-
sammenhieng, zu kappen, um solchergestalt
davon loszukommen.

Eigentlich aber hub unsre wahre Noth
jetzt erst an, da unser schwer beladenes Schiff,
gleich einem Klotz auf dem Wasser trieb; ein
Spiel der Wellen, die sich unaufhörlich drü-
ber hin brachen und uns überspülten. Selbst
die Kajüte schwann beständig voll Wasser;
unsre Lebensmittel wurden naß, und unsre
Ladung hatte kaum ein besseres Schicksal zu
gewarten, da wir das eindringende Wasser
mit beiden Pumpen kaum zu überwältigen
vermochten. Ueber dies Alles trieben wir
augenscheinlich immer näher dem Lande zu,
indem wir Nachts um 11 Uhr bereits in
einer Tiefe von 40 Faden Grund fanden.
Ungesäumt ward jedoch der Anker ausgewor-
fen, und ich ließ das Ankertau 100 bis 110
Faden nachschiessen. Nun lag das Schiff
bequem gegen die hohe See, wie eine Ente, die
auf ihrem Teiche schwimmt; und der Sturm
ward glücklich ausgehalten.

und Raaen — ſtießen nun auch unaufhoͤrlich
und mit ſolcher Macht gegen die Seiten des
Schiffs, daß wir uns auf dem Verdeck kaum
ſtehend erhalten konnten und jeden Augen-
blick erwarten mußten, Planken und Fuͤtte-
rung zertruͤmmert zu ſehen. Nichts blieb
uͤbrig in dieſer Noth, als ſchnell alles Tau-
werk, das mit dem geſtuͤrzten Maſt noch zu-
ſammenhieng, zu kappen, um ſolchergeſtalt
davon loszukommen.

Eigentlich aber hub unſre wahre Noth
jetzt erſt an, da unſer ſchwer beladenes Schiff,
gleich einem Klotz auf dem Waſſer trieb; ein
Spiel der Wellen, die ſich unaufhoͤrlich druͤ-
ber hin brachen und uns uͤberſpuͤlten. Selbſt
die Kajuͤte ſchwann beſtaͤndig voll Waſſer;
unſre Lebensmittel wurden naß, und unſre
Ladung hatte kaum ein beſſeres Schickſal zu
gewarten, da wir das eindringende Waſſer
mit beiden Pumpen kaum zu uͤberwaͤltigen
vermochten. Ueber dies Alles trieben wir
augenſcheinlich immer naͤher dem Lande zu,
indem wir Nachts um 11 Uhr bereits in
einer Tiefe von 40 Faden Grund fanden.
Ungeſaͤumt ward jedoch der Anker ausgewor-
fen, und ich ließ das Ankertau 100 bis 110
Faden nachſchieſſen. Nun lag das Schiff
bequem gegen die hohe See, wie eine Ente, die
auf ihrem Teiche ſchwimmt; und der Sturm
ward gluͤcklich ausgehalten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0243" n="227"/>
und Raaen &#x2014; &#x017F;tießen nun auch unaufho&#x0364;rlich<lb/>
und mit &#x017F;olcher Macht gegen die Seiten des<lb/>
Schiffs, daß wir uns auf dem Verdeck kaum<lb/>
&#x017F;tehend erhalten konnten und jeden Augen-<lb/>
blick erwarten mußten, Planken und Fu&#x0364;tte-<lb/>
rung zertru&#x0364;mmert zu &#x017F;ehen. Nichts blieb<lb/>
u&#x0364;brig in die&#x017F;er Noth, als &#x017F;chnell alles Tau-<lb/>
werk, das mit dem ge&#x017F;tu&#x0364;rzten Ma&#x017F;t noch zu-<lb/>
&#x017F;ammenhieng, zu kappen, um &#x017F;olcherge&#x017F;talt<lb/>
davon loszukommen.</p><lb/>
        <p>Eigentlich aber hub un&#x017F;re wahre Noth<lb/>
jetzt er&#x017F;t an, da un&#x017F;er &#x017F;chwer beladenes Schiff,<lb/>
gleich einem Klotz auf dem Wa&#x017F;&#x017F;er trieb; ein<lb/>
Spiel der Wellen, die &#x017F;ich unaufho&#x0364;rlich dru&#x0364;-<lb/>
ber hin brachen und uns u&#x0364;ber&#x017F;pu&#x0364;lten. Selb&#x017F;t<lb/>
die Kaju&#x0364;te &#x017F;chwann be&#x017F;ta&#x0364;ndig voll Wa&#x017F;&#x017F;er;<lb/>
un&#x017F;re Lebensmittel wurden naß, und un&#x017F;re<lb/>
Ladung hatte kaum ein be&#x017F;&#x017F;eres Schick&#x017F;al zu<lb/>
gewarten, da wir das eindringende Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
mit beiden Pumpen kaum zu u&#x0364;berwa&#x0364;ltigen<lb/>
vermochten. Ueber dies Alles trieben wir<lb/>
augen&#x017F;cheinlich immer na&#x0364;her dem Lande zu,<lb/>
indem wir Nachts um 11 Uhr bereits in<lb/>
einer Tiefe von 40 Faden Grund fanden.<lb/>
Unge&#x017F;a&#x0364;umt ward jedoch der Anker ausgewor-<lb/>
fen, und ich ließ das Ankertau 100 bis 110<lb/>
Faden nach&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en. Nun lag das Schiff<lb/>
bequem gegen die hohe See, wie eine Ente, die<lb/>
auf ihrem Teiche &#x017F;chwimmt; und der Sturm<lb/>
ward glu&#x0364;cklich ausgehalten.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0243] und Raaen — ſtießen nun auch unaufhoͤrlich und mit ſolcher Macht gegen die Seiten des Schiffs, daß wir uns auf dem Verdeck kaum ſtehend erhalten konnten und jeden Augen- blick erwarten mußten, Planken und Fuͤtte- rung zertruͤmmert zu ſehen. Nichts blieb uͤbrig in dieſer Noth, als ſchnell alles Tau- werk, das mit dem geſtuͤrzten Maſt noch zu- ſammenhieng, zu kappen, um ſolchergeſtalt davon loszukommen. Eigentlich aber hub unſre wahre Noth jetzt erſt an, da unſer ſchwer beladenes Schiff, gleich einem Klotz auf dem Waſſer trieb; ein Spiel der Wellen, die ſich unaufhoͤrlich druͤ- ber hin brachen und uns uͤberſpuͤlten. Selbſt die Kajuͤte ſchwann beſtaͤndig voll Waſſer; unſre Lebensmittel wurden naß, und unſre Ladung hatte kaum ein beſſeres Schickſal zu gewarten, da wir das eindringende Waſſer mit beiden Pumpen kaum zu uͤberwaͤltigen vermochten. Ueber dies Alles trieben wir augenſcheinlich immer naͤher dem Lande zu, indem wir Nachts um 11 Uhr bereits in einer Tiefe von 40 Faden Grund fanden. Ungeſaͤumt ward jedoch der Anker ausgewor- fen, und ich ließ das Ankertau 100 bis 110 Faden nachſchieſſen. Nun lag das Schiff bequem gegen die hohe See, wie eine Ente, die auf ihrem Teiche ſchwimmt; und der Sturm ward gluͤcklich ausgehalten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/243
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/243>, abgerufen am 27.11.2024.