und Raaen -- stießen nun auch unaufhörlich und mit solcher Macht gegen die Seiten des Schiffs, daß wir uns auf dem Verdeck kaum stehend erhalten konnten und jeden Augen- blick erwarten mußten, Planken und Fütte- rung zertrümmert zu sehen. Nichts blieb übrig in dieser Noth, als schnell alles Tau- werk, das mit dem gestürzten Mast noch zu- sammenhieng, zu kappen, um solchergestalt davon loszukommen.
Eigentlich aber hub unsre wahre Noth jetzt erst an, da unser schwer beladenes Schiff, gleich einem Klotz auf dem Wasser trieb; ein Spiel der Wellen, die sich unaufhörlich drü- ber hin brachen und uns überspülten. Selbst die Kajüte schwann beständig voll Wasser; unsre Lebensmittel wurden naß, und unsre Ladung hatte kaum ein besseres Schicksal zu gewarten, da wir das eindringende Wasser mit beiden Pumpen kaum zu überwältigen vermochten. Ueber dies Alles trieben wir augenscheinlich immer näher dem Lande zu, indem wir Nachts um 11 Uhr bereits in einer Tiefe von 40 Faden Grund fanden. Ungesäumt ward jedoch der Anker ausgewor- fen, und ich ließ das Ankertau 100 bis 110 Faden nachschiessen. Nun lag das Schiff bequem gegen die hohe See, wie eine Ente, die auf ihrem Teiche schwimmt; und der Sturm ward glücklich ausgehalten.
und Raaen — ſtießen nun auch unaufhoͤrlich und mit ſolcher Macht gegen die Seiten des Schiffs, daß wir uns auf dem Verdeck kaum ſtehend erhalten konnten und jeden Augen- blick erwarten mußten, Planken und Fuͤtte- rung zertruͤmmert zu ſehen. Nichts blieb uͤbrig in dieſer Noth, als ſchnell alles Tau- werk, das mit dem geſtuͤrzten Maſt noch zu- ſammenhieng, zu kappen, um ſolchergeſtalt davon loszukommen.
Eigentlich aber hub unſre wahre Noth jetzt erſt an, da unſer ſchwer beladenes Schiff, gleich einem Klotz auf dem Waſſer trieb; ein Spiel der Wellen, die ſich unaufhoͤrlich druͤ- ber hin brachen und uns uͤberſpuͤlten. Selbſt die Kajuͤte ſchwann beſtaͤndig voll Waſſer; unſre Lebensmittel wurden naß, und unſre Ladung hatte kaum ein beſſeres Schickſal zu gewarten, da wir das eindringende Waſſer mit beiden Pumpen kaum zu uͤberwaͤltigen vermochten. Ueber dies Alles trieben wir augenſcheinlich immer naͤher dem Lande zu, indem wir Nachts um 11 Uhr bereits in einer Tiefe von 40 Faden Grund fanden. Ungeſaͤumt ward jedoch der Anker ausgewor- fen, und ich ließ das Ankertau 100 bis 110 Faden nachſchieſſen. Nun lag das Schiff bequem gegen die hohe See, wie eine Ente, die auf ihrem Teiche ſchwimmt; und der Sturm ward gluͤcklich ausgehalten.
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und Raaen — ſtießen nun auch unaufhoͤrlich
und mit ſolcher Macht gegen die Seiten des
Schiffs, daß wir uns auf dem Verdeck kaum
ſtehend erhalten konnten und jeden Augen-
blick erwarten mußten, Planken und Fuͤtte-
rung zertruͤmmert zu ſehen. Nichts blieb
uͤbrig in dieſer Noth, als ſchnell alles Tau-
werk, das mit dem geſtuͤrzten Maſt noch zu-
ſammenhieng, zu kappen, um ſolchergeſtalt
davon loszukommen.
Eigentlich aber hub unſre wahre Noth
jetzt erſt an, da unſer ſchwer beladenes Schiff,
gleich einem Klotz auf dem Waſſer trieb; ein
Spiel der Wellen, die ſich unaufhoͤrlich druͤ-
ber hin brachen und uns uͤberſpuͤlten. Selbſt
die Kajuͤte ſchwann beſtaͤndig voll Waſſer;
unſre Lebensmittel wurden naß, und unſre
Ladung hatte kaum ein beſſeres Schickſal zu
gewarten, da wir das eindringende Waſſer
mit beiden Pumpen kaum zu uͤberwaͤltigen
vermochten. Ueber dies Alles trieben wir
augenſcheinlich immer naͤher dem Lande zu,
indem wir Nachts um 11 Uhr bereits in
einer Tiefe von 40 Faden Grund fanden.
Ungeſaͤumt ward jedoch der Anker ausgewor-
fen, und ich ließ das Ankertau 100 bis 110
Faden nachſchieſſen. Nun lag das Schiff
bequem gegen die hohe See, wie eine Ente, die
auf ihrem Teiche ſchwimmt; und der Sturm
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/243>, abgerufen am 03.05.2024.
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