zuziehen; und gegen die rohe Gewalt, die ich zu fürchten hatte, und deren Opfer ich schon früher gewesen war, ließ sich einzig nur durch eine, hier wohlerlaubte List aufkommen. Mit diesem Entschluß begab ich mich, gleich am frühen Morgen zu dem gedachten russischen General und machte ihm glaublich, daß ich auf mein Schiff schuldig sey und meine Cre- ditoren mich nicht von der Stelle fahren lassen wollten, bis ich ihre Forderungen be- friedigt hätte. So bliebe mir denn nichts übrig, als um baare Vorausbezahlung meiner Fracht zu bitten, oder die Fracht nach Riga, wiewohl ungerne, aufzugeben.
Der Mann hörte mich geduldig an; und wie sehr ihn auch mein Ansinnen zu befrem- den schien, und seine Einwendungen, daß der- gleichen gar nicht zu bewilligen stände und ich mir an den schon bedungenen Vortheilen genügen lassen könne, das Recht auf ihrer Seite hatten, so legte ich mich doch nur um so geflissentlicher auf's Bitten, bis ich end- lich mit dem Kernschuß hervorrückte, von dem ich mir das Beste versprach. "Nun denn," rief ich -- "Meine Certeparthie ist zwar auf 42 Rubel pro Last gezeichnet: aber lassen sie mir baar Geld zahlen, und ich bin mit 40 zufrieden, während ich für den vollen Empfang quittire."
zuziehen; und gegen die rohe Gewalt, die ich zu fuͤrchten hatte, und deren Opfer ich ſchon fruͤher geweſen war, ließ ſich einzig nur durch eine, hier wohlerlaubte Liſt aufkommen. Mit dieſem Entſchluß begab ich mich, gleich am fruͤhen Morgen zu dem gedachten ruſſiſchen General und machte ihm glaublich, daß ich auf mein Schiff ſchuldig ſey und meine Cre- ditoren mich nicht von der Stelle fahren laſſen wollten, bis ich ihre Forderungen be- friedigt haͤtte. So bliebe mir denn nichts uͤbrig, als um baare Vorausbezahlung meiner Fracht zu bitten, oder die Fracht nach Riga, wiewohl ungerne, aufzugeben.
Der Mann hoͤrte mich geduldig an; und wie ſehr ihn auch mein Anſinnen zu befrem- den ſchien, und ſeine Einwendungen, daß der- gleichen gar nicht zu bewilligen ſtaͤnde und ich mir an den ſchon bedungenen Vortheilen genuͤgen laſſen koͤnne, das Recht auf ihrer Seite hatten, ſo legte ich mich doch nur um ſo gefliſſentlicher auf’s Bitten, bis ich end- lich mit dem Kernſchuß hervorruͤckte, von dem ich mir das Beſte verſprach. „Nun denn,‟ rief ich — „Meine Certeparthie iſt zwar auf 42 Rubel pro Laſt gezeichnet: aber laſſen ſie mir baar Geld zahlen, und ich bin mit 40 zufrieden, waͤhrend ich fuͤr den vollen Empfang quittire.‟
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0166"n="150"/>
zuziehen; und gegen die rohe Gewalt, die ich<lb/>
zu fuͤrchten hatte, und deren Opfer ich ſchon<lb/>
fruͤher geweſen war, ließ ſich einzig nur durch<lb/>
eine, hier wohlerlaubte Liſt aufkommen. Mit<lb/>
dieſem Entſchluß begab ich mich, gleich am<lb/>
fruͤhen Morgen zu dem gedachten ruſſiſchen<lb/>
General und machte ihm glaublich, daß ich<lb/>
auf mein Schiff ſchuldig ſey und meine Cre-<lb/>
ditoren mich nicht von der Stelle fahren<lb/>
laſſen wollten, bis ich ihre Forderungen be-<lb/>
friedigt haͤtte. So bliebe mir denn nichts<lb/>
uͤbrig, als um baare Vorausbezahlung meiner<lb/>
Fracht zu bitten, oder die Fracht nach Riga,<lb/>
wiewohl ungerne, aufzugeben.</p><lb/><p>Der Mann hoͤrte mich geduldig an; und<lb/>
wie ſehr ihn auch mein Anſinnen zu befrem-<lb/>
den ſchien, und ſeine Einwendungen, daß der-<lb/>
gleichen gar nicht zu bewilligen ſtaͤnde und<lb/>
ich mir an den ſchon bedungenen Vortheilen<lb/>
genuͤgen laſſen koͤnne, das Recht auf ihrer<lb/>
Seite hatten, ſo legte ich mich doch nur um<lb/>ſo gefliſſentlicher auf’s Bitten, bis ich end-<lb/>
lich mit dem Kernſchuß hervorruͤckte, von<lb/>
dem ich mir das Beſte verſprach. „Nun<lb/>
denn,‟ rief ich —„Meine Certeparthie iſt<lb/>
zwar auf 42 Rubel <hirendition="#aq">pro</hi> Laſt gezeichnet: aber<lb/>
laſſen ſie mir baar Geld zahlen, und ich bin<lb/>
mit 40 zufrieden, waͤhrend ich fuͤr den vollen<lb/>
Empfang quittire.‟</p><lb/></div></body></text></TEI>
[150/0166]
zuziehen; und gegen die rohe Gewalt, die ich
zu fuͤrchten hatte, und deren Opfer ich ſchon
fruͤher geweſen war, ließ ſich einzig nur durch
eine, hier wohlerlaubte Liſt aufkommen. Mit
dieſem Entſchluß begab ich mich, gleich am
fruͤhen Morgen zu dem gedachten ruſſiſchen
General und machte ihm glaublich, daß ich
auf mein Schiff ſchuldig ſey und meine Cre-
ditoren mich nicht von der Stelle fahren
laſſen wollten, bis ich ihre Forderungen be-
friedigt haͤtte. So bliebe mir denn nichts
uͤbrig, als um baare Vorausbezahlung meiner
Fracht zu bitten, oder die Fracht nach Riga,
wiewohl ungerne, aufzugeben.
Der Mann hoͤrte mich geduldig an; und
wie ſehr ihn auch mein Anſinnen zu befrem-
den ſchien, und ſeine Einwendungen, daß der-
gleichen gar nicht zu bewilligen ſtaͤnde und
ich mir an den ſchon bedungenen Vortheilen
genuͤgen laſſen koͤnne, das Recht auf ihrer
Seite hatten, ſo legte ich mich doch nur um
ſo gefliſſentlicher auf’s Bitten, bis ich end-
lich mit dem Kernſchuß hervorruͤckte, von
dem ich mir das Beſte verſprach. „Nun
denn,‟ rief ich — „Meine Certeparthie iſt
zwar auf 42 Rubel pro Laſt gezeichnet: aber
laſſen ſie mir baar Geld zahlen, und ich bin
mit 40 zufrieden, waͤhrend ich fuͤr den vollen
Empfang quittire.‟
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/166>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.