stehenden Barkhölzer, daß die Trümmer davon hoch in die Luft flogen; und da zugleich auch der Sturm uns jagte, so schoß mein Fahr- zeug längs dem Damme hin, schnitt sich an der äußersten Spitze desselben haarscharf gegen die Brandung ab und kroch solchergestalt, mit fliegender Fahrt, unter zwei oder drei hochge- thürmten Sturzwellen durch, daß die Ver- decke schwammen und mir selbst die Haare zu Berge standen.
Nun war ich denn freilich in See: allein noch hatt' ich in dem Getümmel nicht Zeit und Gedanken finden können, meinen erlitte- nen Schaden zu beurtheilen. Die Verwüstung war indeß jämmerlich genug. Mehr, als 15 Fuß lang, fand ich die Barkhölzer am Steuerborde rein abgestoßen, so daß die Jnn- hölzer bloß lagen, und ich kopfschüttelnd zu mir sagen mußte: Ei, ei, Nettelbeck! Das war wohl eben so ein dummer Streich, als letzthin, wo du dich durch die schwedische Flot- tille schlichst! -- Jch will's aber auch nicht läugnen, daß ich dergleichen unüberlegte Stück- chen, vor und nach dieser Zeit, wohl meh- rere auf dem Kerbholz habe. Gelingen sie, so heißt man gleichwohl ein gescheuter Kerl, ob man gleich einen ganz andern Titel ver- dient hätte.
Hier war nun aber noch immer guter Rath bei mir theuer: denn jenem Schaden
1. Bändchen. (10)
ſtehenden Barkhoͤlzer, daß die Truͤmmer davon hoch in die Luft flogen; und da zugleich auch der Sturm uns jagte, ſo ſchoß mein Fahr- zeug laͤngs dem Damme hin, ſchnitt ſich an der aͤußerſten Spitze deſſelben haarſcharf gegen die Brandung ab und kroch ſolchergeſtalt, mit fliegender Fahrt, unter zwei oder drei hochge- thuͤrmten Sturzwellen durch, daß die Ver- decke ſchwammen und mir ſelbſt die Haare zu Berge ſtanden.
Nun war ich denn freilich in See: allein noch hatt’ ich in dem Getuͤmmel nicht Zeit und Gedanken finden koͤnnen, meinen erlitte- nen Schaden zu beurtheilen. Die Verwuͤſtung war indeß jaͤmmerlich genug. Mehr, als 15 Fuß lang, fand ich die Barkhoͤlzer am Steuerborde rein abgeſtoßen, ſo daß die Jnn- hoͤlzer bloß lagen, und ich kopfſchuͤttelnd zu mir ſagen mußte: Ei, ei, Nettelbeck! Das war wohl eben ſo ein dummer Streich, als letzthin, wo du dich durch die ſchwediſche Flot- tille ſchlichſt! — Jch will’s aber auch nicht laͤugnen, daß ich dergleichen unuͤberlegte Stuͤck- chen, vor und nach dieſer Zeit, wohl meh- rere auf dem Kerbholz habe. Gelingen ſie, ſo heißt man gleichwohl ein geſcheuter Kerl, ob man gleich einen ganz andern Titel ver- dient haͤtte.
Hier war nun aber noch immer guter Rath bei mir theuer: denn jenem Schaden
1. Bändchen. (10)
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0161"n="145"/>ſtehenden Barkhoͤlzer, daß die Truͤmmer davon<lb/>
hoch in die Luft flogen; und da zugleich auch<lb/>
der Sturm uns jagte, ſo ſchoß mein Fahr-<lb/>
zeug laͤngs dem Damme hin, ſchnitt ſich an<lb/>
der aͤußerſten Spitze deſſelben haarſcharf gegen<lb/>
die Brandung ab und kroch ſolchergeſtalt, mit<lb/>
fliegender Fahrt, unter zwei oder drei hochge-<lb/>
thuͤrmten Sturzwellen durch, daß die Ver-<lb/>
decke ſchwammen und mir ſelbſt die Haare zu<lb/>
Berge ſtanden.</p><lb/><p>Nun war ich denn freilich in See: allein<lb/>
noch hatt’ ich in dem Getuͤmmel nicht Zeit<lb/>
und Gedanken finden koͤnnen, meinen erlitte-<lb/>
nen Schaden zu beurtheilen. Die Verwuͤſtung<lb/>
war indeß jaͤmmerlich genug. Mehr, als<lb/>
15 Fuß lang, fand ich die Barkhoͤlzer am<lb/>
Steuerborde rein abgeſtoßen, ſo daß die Jnn-<lb/>
hoͤlzer bloß lagen, und ich kopfſchuͤttelnd zu<lb/>
mir ſagen mußte: Ei, ei, Nettelbeck! Das<lb/>
war wohl eben ſo ein dummer Streich, als<lb/>
letzthin, wo du dich durch die ſchwediſche Flot-<lb/>
tille ſchlichſt! — Jch will’s aber auch nicht<lb/>
laͤugnen, daß ich dergleichen unuͤberlegte Stuͤck-<lb/>
chen, vor und nach dieſer Zeit, wohl meh-<lb/>
rere auf dem Kerbholz habe. Gelingen ſie,<lb/>ſo heißt man gleichwohl ein geſcheuter Kerl,<lb/>
ob man gleich einen ganz andern Titel ver-<lb/>
dient haͤtte.</p><lb/><p>Hier war nun aber noch immer guter<lb/>
Rath bei mir theuer: denn jenem Schaden<lb/><fwplace="bottom"type="sig">1. Bändchen. (10)</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[145/0161]
ſtehenden Barkhoͤlzer, daß die Truͤmmer davon
hoch in die Luft flogen; und da zugleich auch
der Sturm uns jagte, ſo ſchoß mein Fahr-
zeug laͤngs dem Damme hin, ſchnitt ſich an
der aͤußerſten Spitze deſſelben haarſcharf gegen
die Brandung ab und kroch ſolchergeſtalt, mit
fliegender Fahrt, unter zwei oder drei hochge-
thuͤrmten Sturzwellen durch, daß die Ver-
decke ſchwammen und mir ſelbſt die Haare zu
Berge ſtanden.
Nun war ich denn freilich in See: allein
noch hatt’ ich in dem Getuͤmmel nicht Zeit
und Gedanken finden koͤnnen, meinen erlitte-
nen Schaden zu beurtheilen. Die Verwuͤſtung
war indeß jaͤmmerlich genug. Mehr, als
15 Fuß lang, fand ich die Barkhoͤlzer am
Steuerborde rein abgeſtoßen, ſo daß die Jnn-
hoͤlzer bloß lagen, und ich kopfſchuͤttelnd zu
mir ſagen mußte: Ei, ei, Nettelbeck! Das
war wohl eben ſo ein dummer Streich, als
letzthin, wo du dich durch die ſchwediſche Flot-
tille ſchlichſt! — Jch will’s aber auch nicht
laͤugnen, daß ich dergleichen unuͤberlegte Stuͤck-
chen, vor und nach dieſer Zeit, wohl meh-
rere auf dem Kerbholz habe. Gelingen ſie,
ſo heißt man gleichwohl ein geſcheuter Kerl,
ob man gleich einen ganz andern Titel ver-
dient haͤtte.
Hier war nun aber noch immer guter
Rath bei mir theuer: denn jenem Schaden
1. Bändchen. (10)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/161>, abgerufen am 20.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.