Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

seiner Nähe seyn und bleiben mußte. Jch
konnte solchergestalt für seinen zweiten Bür-
ger-Adjutanten gelten und wurde oftermalen
auf den Wällen von ihm gebraucht, seine
Befehle nach entfernten Posten zu überbrin-
gen. Jn der That war dies eine gute Vor-
schule für mich, um zu lernen, was unter
solchen Umständen zum Festungsdienste gehört;
und die Lection ist mir noch im späten Alter
trefflich zugute gekommen!

Man weiß, daß diese Belagerung, obgleich
ernstlich genug gemeynt und mit überlegener
Kraft begonnen, dennoch durch die Entschlos-
senheit unsers Anführers und seine geschickten
Gegenanstalten fruchtlos blieb und daß die
Russen, nachdem sie eine Menge Pulver un-
nütz verschossen hatten, nach einigen Wochen
wieder abziehen mußten. Sobald aber auch
nur der Platz wieder frei geworden, war dort
meines Bleibens nicht länger. Jch machte
eine Fahrt nach Amsterdam, von der ich hier
nichts Besonderes anzuführen habe, und traf
hier wieder mit meinem alten werthgehaltenen
Kapitain Joachim Blank zusammen, den ich
vor drei Jahren ungern verlassen hatte. Er
hatte gerade eine neue Reise nach Surinam
vor, wo es denn keines langen Zuredens bei
mir bedurfte, um auf seinem Schiffe meine
alte Stelle als Steuermann anzunehmen.

ſeiner Naͤhe ſeyn und bleiben mußte. Jch
konnte ſolchergeſtalt fuͤr ſeinen zweiten Buͤr-
ger-Adjutanten gelten und wurde oftermalen
auf den Waͤllen von ihm gebraucht, ſeine
Befehle nach entfernten Poſten zu uͤberbrin-
gen. Jn der That war dies eine gute Vor-
ſchule fuͤr mich, um zu lernen, was unter
ſolchen Umſtaͤnden zum Feſtungsdienſte gehoͤrt;
und die Lection iſt mir noch im ſpaͤten Alter
trefflich zugute gekommen!

Man weiß, daß dieſe Belagerung, obgleich
ernſtlich genug gemeynt und mit uͤberlegener
Kraft begonnen, dennoch durch die Entſchloſ-
ſenheit unſers Anfuͤhrers und ſeine geſchickten
Gegenanſtalten fruchtlos blieb und daß die
Ruſſen, nachdem ſie eine Menge Pulver un-
nuͤtz verſchoſſen hatten, nach einigen Wochen
wieder abziehen mußten. Sobald aber auch
nur der Platz wieder frei geworden, war dort
meines Bleibens nicht laͤnger. Jch machte
eine Fahrt nach Amſterdam, von der ich hier
nichts Beſonderes anzufuͤhren habe, und traf
hier wieder mit meinem alten werthgehaltenen
Kapitain Joachim Blank zuſammen, den ich
vor drei Jahren ungern verlaſſen hatte. Er
hatte gerade eine neue Reiſe nach Surinam
vor, wo es denn keines langen Zuredens bei
mir bedurfte, um auf ſeinem Schiffe meine
alte Stelle als Steuermann anzunehmen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0122" n="106"/>
&#x017F;einer Na&#x0364;he &#x017F;eyn und bleiben mußte. Jch<lb/>
konnte &#x017F;olcherge&#x017F;talt fu&#x0364;r &#x017F;einen zweiten Bu&#x0364;r-<lb/>
ger-Adjutanten gelten und wurde oftermalen<lb/>
auf den Wa&#x0364;llen von ihm gebraucht, &#x017F;eine<lb/>
Befehle nach entfernten Po&#x017F;ten zu u&#x0364;berbrin-<lb/>
gen. Jn der That war dies eine gute Vor-<lb/>
&#x017F;chule fu&#x0364;r mich, um zu lernen, was unter<lb/>
&#x017F;olchen Um&#x017F;ta&#x0364;nden zum Fe&#x017F;tungsdien&#x017F;te geho&#x0364;rt;<lb/>
und die Lection i&#x017F;t mir noch im &#x017F;pa&#x0364;ten Alter<lb/>
trefflich zugute gekommen!</p><lb/>
        <p>Man weiß, daß die&#x017F;e Belagerung, obgleich<lb/>
ern&#x017F;tlich genug gemeynt und mit u&#x0364;berlegener<lb/>
Kraft begonnen, dennoch durch die Ent&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enheit un&#x017F;ers Anfu&#x0364;hrers und &#x017F;eine ge&#x017F;chickten<lb/>
Gegenan&#x017F;talten fruchtlos blieb und daß die<lb/>
Ru&#x017F;&#x017F;en, nachdem &#x017F;ie eine Menge Pulver un-<lb/>
nu&#x0364;tz ver&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en hatten, nach einigen Wochen<lb/>
wieder abziehen mußten. Sobald aber auch<lb/>
nur der Platz wieder frei geworden, war dort<lb/>
meines Bleibens nicht la&#x0364;nger. Jch machte<lb/>
eine Fahrt nach Am&#x017F;terdam, von der ich hier<lb/>
nichts Be&#x017F;onderes anzufu&#x0364;hren habe, und traf<lb/>
hier wieder mit meinem alten werthgehaltenen<lb/>
Kapitain Joachim Blank zu&#x017F;ammen, den ich<lb/>
vor drei Jahren ungern verla&#x017F;&#x017F;en hatte. Er<lb/>
hatte gerade eine neue Rei&#x017F;e nach Surinam<lb/>
vor, wo es denn keines langen Zuredens bei<lb/>
mir bedurfte, um auf &#x017F;einem Schiffe meine<lb/>
alte Stelle als Steuermann anzunehmen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0122] ſeiner Naͤhe ſeyn und bleiben mußte. Jch konnte ſolchergeſtalt fuͤr ſeinen zweiten Buͤr- ger-Adjutanten gelten und wurde oftermalen auf den Waͤllen von ihm gebraucht, ſeine Befehle nach entfernten Poſten zu uͤberbrin- gen. Jn der That war dies eine gute Vor- ſchule fuͤr mich, um zu lernen, was unter ſolchen Umſtaͤnden zum Feſtungsdienſte gehoͤrt; und die Lection iſt mir noch im ſpaͤten Alter trefflich zugute gekommen! Man weiß, daß dieſe Belagerung, obgleich ernſtlich genug gemeynt und mit uͤberlegener Kraft begonnen, dennoch durch die Entſchloſ- ſenheit unſers Anfuͤhrers und ſeine geſchickten Gegenanſtalten fruchtlos blieb und daß die Ruſſen, nachdem ſie eine Menge Pulver un- nuͤtz verſchoſſen hatten, nach einigen Wochen wieder abziehen mußten. Sobald aber auch nur der Platz wieder frei geworden, war dort meines Bleibens nicht laͤnger. Jch machte eine Fahrt nach Amſterdam, von der ich hier nichts Beſonderes anzufuͤhren habe, und traf hier wieder mit meinem alten werthgehaltenen Kapitain Joachim Blank zuſammen, den ich vor drei Jahren ungern verlaſſen hatte. Er hatte gerade eine neue Reiſe nach Surinam vor, wo es denn keines langen Zuredens bei mir bedurfte, um auf ſeinem Schiffe meine alte Stelle als Steuermann anzunehmen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/122
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/122>, abgerufen am 15.10.2024.