bemerkte nun erst mit Schrecken, daß mir nichts, als Frauenskleider, in die Hände ge- fallen waren. Was blieb zu thun? Jch warf mir einen rothen Friesrock über die Schultern, und war im Begriff, mich mit dem Reste noch besser auszustaffiren, als ich in meinem Anputzen häßlich gestört wurde.
Es waren die Herren Soldaten, die kaum zehn Schritte von mir um eine Ecke bogen. Jch suchte mein Heil in der Flucht: aber eben dadurch verrieth ich mich, und hatte alsobald meinen alten Widersacher Schnell, nebst noch ein paar Andern, auf der Ferse hinter mir. Mein Lauf gieng geradesweges nach einem, im Hafen liegenden Schiffe zu, an dessen Bord sie mir nicht so hurtig nach- folgen konnten. Zu meinem Glücke lag an der andern Seite des Schiffs ein Boot befe- stigt. Jch sprang hinein; fand sogar ein Ruder darinn vor, löste das Tau, stieß ab, und ließ Jenen in eben dem Augenblicke das Nachsehen, als auch sie endlich das Verdeck erreicht hatten.
Jenseits, in der Maykuhle, gieng ich an Land, und überlegte nun etwas ruhiger, was weiter zu thun sey? Jch befand mich sogut, als nackend, in einer bitterlich kalten Merz- Nacht, und mußte vor allen Dingen meine
bemerkte nun erſt mit Schrecken, daß mir nichts, als Frauenskleider, in die Haͤnde ge- fallen waren. Was blieb zu thun? Jch warf mir einen rothen Friesrock uͤber die Schultern, und war im Begriff, mich mit dem Reſte noch beſſer auszuſtaffiren, als ich in meinem Anputzen haͤßlich geſtoͤrt wurde.
Es waren die Herren Soldaten, die kaum zehn Schritte von mir um eine Ecke bogen. Jch ſuchte mein Heil in der Flucht: aber eben dadurch verrieth ich mich, und hatte alſobald meinen alten Widerſacher Schnell, nebſt noch ein paar Andern, auf der Ferſe hinter mir. Mein Lauf gieng geradesweges nach einem, im Hafen liegenden Schiffe zu, an deſſen Bord ſie mir nicht ſo hurtig nach- folgen konnten. Zu meinem Gluͤcke lag an der andern Seite des Schiffs ein Boot befe- ſtigt. Jch ſprang hinein; fand ſogar ein Ruder darinn vor, loͤste das Tau, ſtieß ab, und ließ Jenen in eben dem Augenblicke das Nachſehen, als auch ſie endlich das Verdeck erreicht hatten.
Jenſeits, in der Maykuhle, gieng ich an Land, und uͤberlegte nun etwas ruhiger, was weiter zu thun ſey? Jch befand mich ſogut, als nackend, in einer bitterlich kalten Merz- Nacht, und mußte vor allen Dingen meine
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bemerkte nun erſt mit Schrecken, daß mir
nichts, als Frauenskleider, in die Haͤnde ge-
fallen waren. Was blieb zu thun? Jch
warf mir einen rothen Friesrock uͤber die
Schultern, und war im Begriff, mich
mit dem Reſte noch beſſer auszuſtaffiren,
als ich in meinem Anputzen haͤßlich geſtoͤrt
wurde.
Es waren die Herren Soldaten, die kaum
zehn Schritte von mir um eine Ecke bogen.
Jch ſuchte mein Heil in der Flucht: aber
eben dadurch verrieth ich mich, und hatte
alſobald meinen alten Widerſacher Schnell,
nebſt noch ein paar Andern, auf der Ferſe
hinter mir. Mein Lauf gieng geradesweges
nach einem, im Hafen liegenden Schiffe zu,
an deſſen Bord ſie mir nicht ſo hurtig nach-
folgen konnten. Zu meinem Gluͤcke lag an
der andern Seite des Schiffs ein Boot befe-
ſtigt. Jch ſprang hinein; fand ſogar ein
Ruder darinn vor, loͤste das Tau, ſtieß ab,
und ließ Jenen in eben dem Augenblicke das
Nachſehen, als auch ſie endlich das Verdeck
erreicht hatten.
Jenſeits, in der Maykuhle, gieng ich an
Land, und uͤberlegte nun etwas ruhiger, was
weiter zu thun ſey? Jch befand mich ſogut,
als nackend, in einer bitterlich kalten Merz-
Nacht, und mußte vor allen Dingen meine
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/105>, abgerufen am 16.02.2025.
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