Nun war hier aber auch meines Blei- bens nicht länger! Kaum graute der Abend, so machte ich mich, in Gottes Namen, zu meinem Bauer auf den Weg, nachdem man mir einen tüchtigen Schiffshauer zu meiner Sicherheit mitgegeben -- weniger vor mei- nen Verfolgern, als um mich im Stadtholze, welches ich passiren mußte, der Wölfe zu erwehren, die damals an Menschen und Vieh viel Unglück anrichteten. Wirklich auch war es ein wahres Wolfswetter mit Sturm und Schneegestöber; und Gott weiß, wie blutsauer mir dieser Weg geworden: denn unzählige Male brach das Eis unter mir ein, oder ich versank im Schnee, daß ich vollauf zu thun hatte, um nur allemal wieder auf die Beine zu kommen. Endlich am Morgen erreichte ich meine Freistatt, und hielt mich dort 10 oder 12 Tage ver- borgen. Aber diese däuchteten mir bald, wie eine halbe Ewigkeit; eben so wohl wegen des ganz ungewohnten Einsitzens, als wegen der ermangelnden Zeitungen von Hause; bis mich's nicht länger ruhen ließ und ich mich eines Abends wieder aufmachte, um in mei- nem alten Quartier auf der Münde nachzu- fragen, ob ich mich wohl mit einiger Sicher- heit wieder zeigen dürfte?
Hier lauteten indeß die Nachrichten so wenig tröstlich, daß mir nur die sorgfältigste
Nun war hier aber auch meines Blei- bens nicht laͤnger! Kaum graute der Abend, ſo machte ich mich, in Gottes Namen, zu meinem Bauer auf den Weg, nachdem man mir einen tuͤchtigen Schiffshauer zu meiner Sicherheit mitgegeben — weniger vor mei- nen Verfolgern, als um mich im Stadtholze, welches ich paſſiren mußte, der Woͤlfe zu erwehren, die damals an Menſchen und Vieh viel Ungluͤck anrichteten. Wirklich auch war es ein wahres Wolfswetter mit Sturm und Schneegeſtoͤber; und Gott weiß, wie blutſauer mir dieſer Weg geworden: denn unzaͤhlige Male brach das Eis unter mir ein, oder ich verſank im Schnee, daß ich vollauf zu thun hatte, um nur allemal wieder auf die Beine zu kommen. Endlich am Morgen erreichte ich meine Freiſtatt, und hielt mich dort 10 oder 12 Tage ver- borgen. Aber dieſe daͤuchteten mir bald, wie eine halbe Ewigkeit; eben ſo wohl wegen des ganz ungewohnten Einſitzens, als wegen der ermangelnden Zeitungen von Hauſe; bis mich’s nicht laͤnger ruhen ließ und ich mich eines Abends wieder aufmachte, um in mei- nem alten Quartier auf der Muͤnde nachzu- fragen, ob ich mich wohl mit einiger Sicher- heit wieder zeigen duͤrfte?
Hier lauteten indeß die Nachrichten ſo wenig troͤſtlich, daß mir nur die ſorgfaͤltigſte
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Nun war hier aber auch meines Blei-
bens nicht laͤnger! Kaum graute der Abend,
ſo machte ich mich, in Gottes Namen, zu
meinem Bauer auf den Weg, nachdem man
mir einen tuͤchtigen Schiffshauer zu meiner
Sicherheit mitgegeben — weniger vor mei-
nen Verfolgern, als um mich im Stadtholze,
welches ich paſſiren mußte, der Woͤlfe zu
erwehren, die damals an Menſchen und
Vieh viel Ungluͤck anrichteten. Wirklich
auch war es ein wahres Wolfswetter mit
Sturm und Schneegeſtoͤber; und Gott weiß,
wie blutſauer mir dieſer Weg geworden:
denn unzaͤhlige Male brach das Eis unter
mir ein, oder ich verſank im Schnee, daß
ich vollauf zu thun hatte, um nur allemal
wieder auf die Beine zu kommen. Endlich
am Morgen erreichte ich meine Freiſtatt,
und hielt mich dort 10 oder 12 Tage ver-
borgen. Aber dieſe daͤuchteten mir bald, wie
eine halbe Ewigkeit; eben ſo wohl wegen
des ganz ungewohnten Einſitzens, als wegen
der ermangelnden Zeitungen von Hauſe; bis
mich’s nicht laͤnger ruhen ließ und ich mich
eines Abends wieder aufmachte, um in mei-
nem alten Quartier auf der Muͤnde nachzu-
fragen, ob ich mich wohl mit einiger Sicher-
heit wieder zeigen duͤrfte?
Hier lauteten indeß die Nachrichten ſo
wenig troͤſtlich, daß mir nur die ſorgfaͤltigſte
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/103>, abgerufen am 25.11.2024.
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