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Nestroy, Johann: Einen Jux will er sich machen. Wien, 1844.

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obendrein noch jedes offne Gwürzg'wölb einen heim-
lichen Gewissensbiß macht.
Christoph.
Den ganzen Vormittag is uns nix unter kom-
men, nix aufgestoßen.
Weinberl.
Wir wollen die Hoffnung nicht sinken lassen, --
vielleicht stoßt uns jetzt Nachmittag was auf. Arg
wär das, wenn wir vier Stund weit herfahreten,
einen ganzen Tag in der Residenz zubrächten; ohne
einen Jux 's Geld verjuxt --
Christoph.
Das wär a Jux! Vor allen Andern müssen wir
doch wieder unter die Leut geh'n, in den öden Gassel
da wer'n wir nix erleb'n.
Weinberl.
O Freund in die öden Gasseln erlebt man aller-
hand, das is ja grad das Abenteuerliche. Wie oft
hab ich gelesen in die Bücher: "Er befand sich ohne
zu wissen wie, in einem engen abgelegenen Gäßchen,
plötzlich gewahrt er an der Ecke einen Mann in einen
Mantel, ihm war's als ob er ihm gewunken -- an
der andern Ecke sieht er auch einen Mann, ihm
däucht als hätt' er ihm gewinkt, unentschlossen steht
obendrein noch jedes offne Gwürzg’wölb einen heim-
lichen Gewiſſensbiß macht.
Chriſtoph.
Den ganzen Vormittag is uns nix unter kom-
men, nix aufgeſtoßen.
Weinberl.
Wir wollen die Hoffnung nicht ſinken laſſen, —
vielleicht ſtoßt uns jetzt Nachmittag was auf. Arg
wär das, wenn wir vier Stund weit herfahreten,
einen ganzen Tag in der Reſidenz zubrächten; ohne
einen Jux ’s Geld verjuxt —
Chriſtoph.
Das wär a Jux! Vor allen Andern müſſen wir
doch wieder unter die Leut geh’n, in den öden Gaſſel
da wer’n wir nix erleb’n.
Weinberl.
O Freund in die öden Gaſſeln erlebt man aller-
hand, das is ja grad das Abenteuerliche. Wie oft
hab ich geleſen in die Bücher: „Er befand ſich ohne
zu wiſſen wie, in einem engen abgelegenen Gäßchen,
plötzlich gewahrt er an der Ecke einen Mann in einen
Mantel, ihm war’s als ob er ihm gewunken — an
der andern Ecke ſieht er auch einen Mann, ihm
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[64/0070] obendrein noch jedes offne Gwürzg’wölb einen heim- lichen Gewiſſensbiß macht. Chriſtoph. Den ganzen Vormittag is uns nix unter kom- men, nix aufgeſtoßen. Weinberl. Wir wollen die Hoffnung nicht ſinken laſſen, — vielleicht ſtoßt uns jetzt Nachmittag was auf. Arg wär das, wenn wir vier Stund weit herfahreten, einen ganzen Tag in der Reſidenz zubrächten; ohne einen Jux ’s Geld verjuxt — Chriſtoph. Das wär a Jux! Vor allen Andern müſſen wir doch wieder unter die Leut geh’n, in den öden Gaſſel da wer’n wir nix erleb’n. Weinberl. O Freund in die öden Gaſſeln erlebt man aller- hand, das is ja grad das Abenteuerliche. Wie oft hab ich geleſen in die Bücher: „Er befand ſich ohne zu wiſſen wie, in einem engen abgelegenen Gäßchen, plötzlich gewahrt er an der Ecke einen Mann in einen Mantel, ihm war’s als ob er ihm gewunken — an der andern Ecke ſieht er auch einen Mann, ihm däucht als hätt’ er ihm gewinkt, unentſchloſſen ſteht

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Zitationshilfe: Nestroy, Johann: Einen Jux will er sich machen. Wien, 1844, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nestroy_jux_1844/70>, abgerufen am 25.11.2024.