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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.

Nach dem wir nun bald wieder ans Thor vor Jerusa-
lem hinan gewesen/ welches das Bethlehemitische Thor genen-
net ward/ hat man mir zur lincken Hand ein Orth gezeiget/ wo
König Salomon soll gekrönet worden seyn/ und stehen drey
kleine Capellen dabey.

Weiter hat man mir auch noch ausserhalb der Stadt
vor dem Thor Ephraim eine sehr grosse Höhle gewiesen/ wel-
che so hoch ist/ daß man kaum mit einer langen Picquen oben
anreichen kan. Jst in die sechzig gemeine Schritte lang und
wird La Grotta di san Jeremiae genannt/ darum/ weil/ wie sie
vorgeben/ der Prophet Jeremias seine Klage-Lieder drinnen
geschrieben/ wie man denn flugs zur lincken Hand im Hinein-
gehen im Winckel den Orth zeiget/ an welchem er gesessen seyn
solle. Dahero auch die Türcken und Mohren einen sonderli-
chen Ort darinnen mit Breten verschlagen haben/ da sie dem
gedachten Propheten zu Ehren ihren falschen Gottes-Dienst
zu halten pflegen.

Von hier ab bin ich weiter kommen an den Orth/ wo der
Evangeliste Marcus soll gewohnet haben und also drauf wieder
in die Stadt Jerusalem. Weils aber noch gar zeitlich war nach
Mittage/ habe ich die Zeit nicht so vergeblich wollen hinstrei-
chen lassen/ sondern mir vorgenommen mich noch weiter um-
zusehen/ wo noch etwas denckwürdiges mögte zu sehen und zu-
erkundigen seyn.

Haben uns demnach um halb Abend-Zeit wieder aufge-
macht und sind zum Tempel deß heiligen Grabes Christi auff
dem Berge Calvariae gegangen.

Es halten aber die Türcken diesen Tempel gar hoch und
heilig weßwegen sie ihn stets verschlossen und verwahret hal-
ten. Da sitzet vorm Thore desselben allezeit ein Türcke und war-
tet auf die Pilgrim und Reisende/ der nicht allein auf und zu-

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Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.

Nach dem wir nun bald wieder ans Thor vor Jeruſa-
lem hinan geweſen/ welches das Bethlehemitiſche Thor genen-
net ward/ hat man mir zur lincken Hand ein Orth gezeiget/ wo
Koͤnig Salomon ſoll gekroͤnet worden ſeyn/ und ſtehen drey
kleine Capellen dabey.

Weiter hat man mir auch noch auſſerhalb der Stadt
vor dem Thor Ephraim eine ſehr groſſe Hoͤhle gewieſen/ wel-
che ſo hoch iſt/ daß man kaum mit einer langen Picquen oben
anreichen kan. Jſt in die ſechzig gemeine Schritte lang und
wird La Grotta di ſan Jeremiæ genannt/ darum/ weil/ wie ſie
vorgeben/ der Prophet Jeremias ſeine Klage-Lieder drinnen
geſchrieben/ wie man denn flugs zur lincken Hand im Hinein-
gehen im Winckel den Orth zeiget/ an welchem er geſeſſen ſeyn
ſolle. Dahero auch die Tuͤrcken und Mohren einen ſonderli-
chen Ort darinnen mit Breten verſchlagen haben/ da ſie dem
gedachten Propheten zu Ehren ihren falſchen Gottes-Dienſt
zu halten pflegen.

Von hier ab bin ich weiter kommen an den Orth/ wo der
Evangeliſte Marcus ſoll gewohnet haben und alſo dꝛauf wieder
in die Stadt Jeruſalem. Weils aber noch gar zeitlich war nach
Mittage/ habe ich die Zeit nicht ſo vergeblich wollen hinſtrei-
chen laſſen/ ſondern mir vorgenommen mich noch weiter um-
zuſehen/ wo noch etwas denckwuͤrdiges moͤgte zu ſehen und zu-
erkundigen ſeyn.

Haben uns demnach um halb Abend-Zeit wieder aufge-
macht und ſind zum Tempel deß heiligen Grabes Chriſti auff
dem Berge Calvariæ gegangen.

Es halten aber die Tuͤrcken dieſen Tempel gar hoch und
heilig weßwegen ſie ihn ſtets verſchloſſen und verwahret hal-
ten. Da ſitzet vorm Thore deſſelben allezeit ein Tuͤrcke und war-
tet auf die Pilgrim und Reiſende/ der nicht allein auf und zu-

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[331/0337] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Nach dem wir nun bald wieder ans Thor vor Jeruſa- lem hinan geweſen/ welches das Bethlehemitiſche Thor genen- net ward/ hat man mir zur lincken Hand ein Orth gezeiget/ wo Koͤnig Salomon ſoll gekroͤnet worden ſeyn/ und ſtehen drey kleine Capellen dabey. Weiter hat man mir auch noch auſſerhalb der Stadt vor dem Thor Ephraim eine ſehr groſſe Hoͤhle gewieſen/ wel- che ſo hoch iſt/ daß man kaum mit einer langen Picquen oben anreichen kan. Jſt in die ſechzig gemeine Schritte lang und wird La Grotta di ſan Jeremiæ genannt/ darum/ weil/ wie ſie vorgeben/ der Prophet Jeremias ſeine Klage-Lieder drinnen geſchrieben/ wie man denn flugs zur lincken Hand im Hinein- gehen im Winckel den Orth zeiget/ an welchem er geſeſſen ſeyn ſolle. Dahero auch die Tuͤrcken und Mohren einen ſonderli- chen Ort darinnen mit Breten verſchlagen haben/ da ſie dem gedachten Propheten zu Ehren ihren falſchen Gottes-Dienſt zu halten pflegen. Von hier ab bin ich weiter kommen an den Orth/ wo der Evangeliſte Marcus ſoll gewohnet haben und alſo dꝛauf wieder in die Stadt Jeruſalem. Weils aber noch gar zeitlich war nach Mittage/ habe ich die Zeit nicht ſo vergeblich wollen hinſtrei- chen laſſen/ ſondern mir vorgenommen mich noch weiter um- zuſehen/ wo noch etwas denckwuͤrdiges moͤgte zu ſehen und zu- erkundigen ſeyn. Haben uns demnach um halb Abend-Zeit wieder aufge- macht und ſind zum Tempel deß heiligen Grabes Chriſti auff dem Berge Calvariæ gegangen. Es halten aber die Tuͤrcken dieſen Tempel gar hoch und heilig weßwegen ſie ihn ſtets verſchloſſen und verwahret hal- ten. Da ſitzet vorm Thore deſſelben allezeit ein Tuͤrcke und war- tet auf die Pilgrim und Reiſende/ der nicht allein auf und zu- ſchlieſſen/ T t 3

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/337>, abgerufen am 18.05.2024.