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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
und Pfeiler/ darnach ist sie über und über inwendig mit dem
reinsten und hell pollirtesten Marmel überzogen und drittens
an den Wänden um und um mit der allerschönsten gemahlten
und vergüldeten Mosaischen Arbeit gezieret von aussen hat sie
vors vierdte ein sehr langes Tach mit grossen bleyern Taffeln
über und über bedecket und hat noch einen alten zerbrochenen
stumpffen Thurm ohne Tach/ iedoch ohne Glocken/ weil die
Türcken keine Glocken leiden und alsbald abschaffen/ wann sie
einen Ort übermeistern. Und eben so ist auch die Kirche selbst
inwendig sehr verwüstet und zernichtiget/ welches höchlich zu
bethauren/ iedoch kan man gleichwol noch alles sehen/ was für
ein herrliches Kunst-Stück und Gedächtnüß es gewesen
ist.

Jch habe auch gesehen/ wie hoch die Türcken selber diese
Kirche gehalten und daß sie gleichwohl CHristo zu Ehren drin-
nen kniend ihre Andacht gar fleissig üben/ weil sie Christum
für einen grossen Propheten halten/ vor GOTTES Sohn
aber und der Welt Heiland gleichwol nicht erkennen wol-
len.

Ausser dieser grossen Kirch e stehet zur lincken Hand/ wenn
man hineingehen will/ S. Nicolai Capelle und in derselben nicht
weit von einer Stiegen ist ein schöner frischer Brunn. Weil
uns aber die finstere Nacht übereilete/ haben wir uns diesen
Tag weiter nicht umsehen können/ sondern es biß auf den
folgenden Tag versparen müssen.

Den 25 Aug. war Montag/ bin ich nebenst zween Mün-
chen hinaus gegangen in den lustigen Thaal/ wo die Hirten
ihre Heerde gehütet/ als ihnen der Engel deß HErrn vom Him-
mel herab die Gebuhrt Christi verkündiget und der gesammte
Chor der Himmlischen Heerscharen drauf abgedancket und
dem Menschlichen Geschlecht angekündiget/ weß sie deß lieben
Christkindleins solten gebessert seyn.


Die-

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
und Pfeiler/ darnach iſt ſie uͤber und uͤber inwendig mit dem
reinſten und hell pollirteſten Marmel uͤberzogen und drittens
an den Waͤnden um und um mit der allerſchoͤnſten gemahlten
und verguͤldeten Moſaiſchen Arbeit gezieret von auſſen hat ſie
vors vierdte ein ſehr langes Tach mit groſſen bleyern Taffeln
uͤber und uͤber bedecket und hat noch einen alten zerbrochenen
ſtumpffen Thurm ohne Tach/ iedoch ohne Glocken/ weil die
Tuͤrcken keine Glocken leiden und alsbald abſchaffen/ wann ſie
einen Ort uͤbermeiſtern. Und eben ſo iſt auch die Kirche ſelbſt
inwendig ſehr verwuͤſtet und zernichtiget/ welches hoͤchlich zu
bethauren/ iedoch kan man gleichwol noch alles ſehen/ was fuͤr
ein herrliches Kunſt-Stuͤck und Gedaͤchtnuͤß es geweſen
iſt.

Jch habe auch geſehen/ wie hoch die Tuͤrcken ſelber dieſe
Kirche gehalten und daß ſie gleichwohl CHriſto zu Ehren drin-
nen kniend ihre Andacht gar fleiſſig uͤben/ weil ſie Chriſtum
fuͤr einen groſſen Propheten halten/ vor GOTTES Sohn
aber und der Welt Heiland gleichwol nicht erkennen wol-
len.

Auſſer dieſer groſſen Kirch e ſtehet zur lincken Hand/ weñ
man hineingehen will/ S. Nicolai Capelle und in derſelben nicht
weit von einer Stiegen iſt ein ſchoͤner friſcher Brunn. Weil
uns aber die finſtere Nacht uͤbereilete/ haben wir uns dieſen
Tag weiter nicht umſehen koͤnnen/ ſondern es biß auf den
folgenden Tag verſparen muͤſſen.

Den 25 Aug. war Montag/ bin ich nebenſt zween Muͤn-
chen hinaus gegangen in den luſtigen Thaal/ wo die Hirten
ihre Heerde gehuͤtet/ als ihnen der Engel deß HErrn vom Him-
mel herab die Gebuhrt Chriſti verkuͤndiget und der geſammte
Chor der Himmliſchen Heerſcharen drauf abgedancket und
dem Menſchlichen Geſchlecht angekuͤndiget/ weß ſie deß lieben
Chriſtkindleins ſolten gebeſſert ſeyn.


Die-
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[324/0330] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. und Pfeiler/ darnach iſt ſie uͤber und uͤber inwendig mit dem reinſten und hell pollirteſten Marmel uͤberzogen und drittens an den Waͤnden um und um mit der allerſchoͤnſten gemahlten und verguͤldeten Moſaiſchen Arbeit gezieret von auſſen hat ſie vors vierdte ein ſehr langes Tach mit groſſen bleyern Taffeln uͤber und uͤber bedecket und hat noch einen alten zerbrochenen ſtumpffen Thurm ohne Tach/ iedoch ohne Glocken/ weil die Tuͤrcken keine Glocken leiden und alsbald abſchaffen/ wann ſie einen Ort uͤbermeiſtern. Und eben ſo iſt auch die Kirche ſelbſt inwendig ſehr verwuͤſtet und zernichtiget/ welches hoͤchlich zu bethauren/ iedoch kan man gleichwol noch alles ſehen/ was fuͤr ein herrliches Kunſt-Stuͤck und Gedaͤchtnuͤß es geweſen iſt. Jch habe auch geſehen/ wie hoch die Tuͤrcken ſelber dieſe Kirche gehalten und daß ſie gleichwohl CHriſto zu Ehren drin- nen kniend ihre Andacht gar fleiſſig uͤben/ weil ſie Chriſtum fuͤr einen groſſen Propheten halten/ vor GOTTES Sohn aber und der Welt Heiland gleichwol nicht erkennen wol- len. Auſſer dieſer groſſen Kirch e ſtehet zur lincken Hand/ weñ man hineingehen will/ S. Nicolai Capelle und in derſelben nicht weit von einer Stiegen iſt ein ſchoͤner friſcher Brunn. Weil uns aber die finſtere Nacht uͤbereilete/ haben wir uns dieſen Tag weiter nicht umſehen koͤnnen/ ſondern es biß auf den folgenden Tag verſparen muͤſſen. Den 25 Aug. war Montag/ bin ich nebenſt zween Muͤn- chen hinaus gegangen in den luſtigen Thaal/ wo die Hirten ihre Heerde gehuͤtet/ als ihnen der Engel deß HErrn vom Him- mel herab die Gebuhrt Chriſti verkuͤndiget und der geſammte Chor der Himmliſchen Heerſcharen drauf abgedancket und dem Menſchlichen Geſchlecht angekuͤndiget/ weß ſie deß lieben Chriſtkindleins ſolten gebeſſert ſeyn. Die-

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/330>, abgerufen am 23.05.2024.