Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebenjährige Welt-Beschauung.
iemand müste aufgehalten haben/ wie auch wohl müg-
lich/ weil die Mohren/ so sich vom Raube nehren/ gerne solche
Löcher suchen und sie zu ihrem Vorthel gebrauchen. Zur lin-
cken Hand war ein Thaal/ CampoSanto. oder das heilige Feld
genannt/ in heiliger Schrifft aber Hakeldama, oder Blut-A-
cker/ darum also genennet/ weil er um die dreissig Silberlinge/
für welche der untreue Judas den HErrn Jesum Verrathen/
erkaufft worden zum Begräbniß und Gottes-Acker für die Pil-
grim. Und darzu wird er noch heute zu Tage gebraucht/ wie ich
denn selber von oben herab unten etzliche Cörper in weisser Lein-
wat nach der Ordnung da liegen sehen.

Umher sind sehr viel lange/ tieffe und weite Höhlen in Fel-
sen/ welche Sommerszeit sehr frisch und in denen man sich so
gar gemachlich niedersetzen und ruhen kan/ weilen darinnen
gar ordentliche Sessel in Felß gehauen seyn.

Nach diesem sind wir auf den Berg Sion gestiegen/ der-
selbe ist sehr hoch also/ daß man fast die gantze Stadt drauff ü-
bersehen kan und deßwegen ist vor Zeiten auch Davids Schloß
und Residentz drauf gestanden/ die nim gantz zerstöret ist iedoch
stehet gar eine statliche Kirche drauf. Weil sie aber die Tür-
cken inne haben und gebrauchen/ lassen sie keinen Christen hin-
ein und sich drinnen umsehen. Es ist aber auch sonst auf diesem
Berge Sion noch eine andere Capelle mit Bley gedeckt und
soll der Ort seyn/ wo der heilige Geist in sichtbarer Gestalt über
die heiligen Apostel außgegossen worden/ wie denn auch König
David allda begraben seyn soll.

Auf diesem Berge Zion beym Thor an der Pforten Si-
on/ gleich dem Convent, oder Kloster gegen über wird gezeiget
der Ort/ da Caiphas gewohnet/ dahin ietzt ein Kloster der Ar-
menier gebauet ist. Jm Hof aber dessen/ wenn man hinein ge-
het zur lincken Hand weiset man den Ort in der Mayer/ wo der

Hahn
R r

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
iemand muͤſte aufgehalten haben/ wie auch wohl muͤg-
lich/ weil die Mohren/ ſo ſich vom Raube nehren/ gerne ſolche
Loͤcher ſuchen und ſie zu ihrem Vorthel gebrauchen. Zur lin-
cken Hand war ein Thaal/ CampoSanto. oder das heilige Feld
genannt/ in heiliger Schrifft aber Hakeldama, oder Blut-A-
cker/ darum alſo genennet/ weil er um die dreiſſig Silberlinge/
fuͤr welche der untreue Judas den HErrn Jeſum Verrathen/
erkaufft worden zum Begraͤbniß uñ Gottes-Acker fuͤr die Pil-
grim. Und darzu wird er noch heute zu Tage gebraucht/ wie ich
denn ſelber von oben herab unten etzliche Coͤrper in weiſſer Lein-
wat nach der Ordnung da liegen ſehen.

Umher ſind ſehr viel lange/ tieffe und weite Hoͤhlen in Fel-
ſen/ welche Sommerszeit ſehr friſch und in denen man ſich ſo
gar gemachlich niederſetzen und ruhen kan/ weilen darinnen
gar ordentliche Seſſel in Felß gehauen ſeyn.

Nach dieſem ſind wir auf den Berg Sion geſtiegen/ der-
ſelbe iſt ſehr hoch alſo/ daß man faſt die gantze Stadt drauff uͤ-
berſehen kan und deßwegen iſt vor Zeiten auch Davids Schloß
und Reſidentz drauf geſtanden/ die nim gantz zerſtoͤret iſt iedoch
ſtehet gar eine ſtatliche Kirche drauf. Weil ſie aber die Tuͤr-
cken inne haben und gebrauchen/ laſſen ſie keinen Chriſten hin-
ein und ſich drinnen umſehen. Es iſt aber auch ſonſt auf dieſem
Berge Sion noch eine andere Capelle mit Bley gedeckt und
ſoll der Ort ſeyn/ wo der heilige Geiſt in ſichtbarer Geſtalt uͤber
die heiligen Apoſtel außgegoſſen worden/ wie denn auch Koͤnig
David allda begraben ſeyn ſoll.

Auf dieſem Berge Zion beym Thor an der Pforten Si-
on/ gleich dem Convent, oder Kloſter gegen uͤber wird gezeiget
der Ort/ da Caiphas gewohnet/ dahin ietzt ein Kloſter der Ar-
menier gebauet iſt. Jm Hof aber deſſen/ wenn man hinein ge-
het zur lincken Hand weiſet man den Ort in der Mayer/ wo der

Hahn
R r
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0317" n="311"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebenja&#x0364;hrige Welt-Be&#x017F;chauung.</hi></fw><lb/>
iemand mu&#x0364;&#x017F;te aufgehalten haben/ wie auch wohl mu&#x0364;g-<lb/>
lich/ weil die Mohren/ &#x017F;o &#x017F;ich vom Raube nehren/ gerne &#x017F;olche<lb/>
Lo&#x0364;cher &#x017F;uchen und &#x017F;ie zu ihrem Vorthel gebrauchen. Zur lin-<lb/>
cken Hand war ein Thaal/ <hi rendition="#aq">CampoSanto</hi>. oder das heilige Feld<lb/>
genannt/ in heiliger Schrifft aber <hi rendition="#aq">Hakeldama,</hi> oder Blut-A-<lb/>
cker/ darum al&#x017F;o genennet/ weil er um die drei&#x017F;&#x017F;ig Silberlinge/<lb/>
fu&#x0364;r welche der untreue Judas den HErrn Je&#x017F;um Verrathen/<lb/>
erkaufft worden zum Begra&#x0364;bniß un&#x0303; Gottes-Acker fu&#x0364;r die Pil-<lb/>
grim. Und darzu wird er noch heute zu Tage gebraucht/ wie ich<lb/>
denn &#x017F;elber von oben herab unten etzliche Co&#x0364;rper in wei&#x017F;&#x017F;er Lein-<lb/>
wat nach der Ordnung da liegen &#x017F;ehen.</p><lb/>
            <p>Umher &#x017F;ind &#x017F;ehr viel lange/ tieffe und weite Ho&#x0364;hlen in Fel-<lb/>
&#x017F;en/ welche Sommerszeit &#x017F;ehr fri&#x017F;ch und in denen man &#x017F;ich &#x017F;o<lb/>
gar gemachlich nieder&#x017F;etzen und ruhen kan/ weilen darinnen<lb/>
gar ordentliche Se&#x017F;&#x017F;el in Felß gehauen &#x017F;eyn.</p><lb/>
            <p>Nach die&#x017F;em &#x017F;ind wir auf den Berg Sion ge&#x017F;tiegen/ der-<lb/>
&#x017F;elbe i&#x017F;t &#x017F;ehr hoch al&#x017F;o/ daß man fa&#x017F;t die gantze Stadt drauff u&#x0364;-<lb/>
ber&#x017F;ehen kan und deßwegen i&#x017F;t vor Zeiten auch Davids Schloß<lb/>
und <hi rendition="#aq">Re&#x017F;iden</hi>tz drauf ge&#x017F;tanden/ die nim gantz zer&#x017F;to&#x0364;ret i&#x017F;t iedoch<lb/>
&#x017F;tehet gar eine &#x017F;tatliche Kirche drauf. Weil &#x017F;ie aber die Tu&#x0364;r-<lb/>
cken inne haben und gebrauchen/ la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie keinen Chri&#x017F;ten hin-<lb/>
ein und &#x017F;ich drinnen um&#x017F;ehen. Es i&#x017F;t aber auch &#x017F;on&#x017F;t auf die&#x017F;em<lb/>
Berge Sion noch eine andere Capelle mit Bley gedeckt und<lb/>
&#x017F;oll der Ort &#x017F;eyn/ wo der heilige Gei&#x017F;t in &#x017F;ichtbarer Ge&#x017F;talt u&#x0364;ber<lb/>
die heiligen Apo&#x017F;tel außgego&#x017F;&#x017F;en worden/ wie denn auch Ko&#x0364;nig<lb/>
David allda begraben &#x017F;eyn &#x017F;oll.</p><lb/>
            <p>Auf die&#x017F;em Berge Zion beym Thor an der Pforten Si-<lb/>
on/ gleich dem <hi rendition="#aq">Convent,</hi> oder Klo&#x017F;ter gegen u&#x0364;ber wird gezeiget<lb/>
der Ort/ da Caiphas gewohnet/ dahin ietzt ein Klo&#x017F;ter der Ar-<lb/>
menier gebauet i&#x017F;t. Jm Hof aber de&#x017F;&#x017F;en/ wenn man hinein ge-<lb/>
het zur lincken Hand wei&#x017F;et man den Ort in der Mayer/ wo der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R r</fw><fw place="bottom" type="catch">Hahn</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[311/0317] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. iemand muͤſte aufgehalten haben/ wie auch wohl muͤg- lich/ weil die Mohren/ ſo ſich vom Raube nehren/ gerne ſolche Loͤcher ſuchen und ſie zu ihrem Vorthel gebrauchen. Zur lin- cken Hand war ein Thaal/ CampoSanto. oder das heilige Feld genannt/ in heiliger Schrifft aber Hakeldama, oder Blut-A- cker/ darum alſo genennet/ weil er um die dreiſſig Silberlinge/ fuͤr welche der untreue Judas den HErrn Jeſum Verrathen/ erkaufft worden zum Begraͤbniß uñ Gottes-Acker fuͤr die Pil- grim. Und darzu wird er noch heute zu Tage gebraucht/ wie ich denn ſelber von oben herab unten etzliche Coͤrper in weiſſer Lein- wat nach der Ordnung da liegen ſehen. Umher ſind ſehr viel lange/ tieffe und weite Hoͤhlen in Fel- ſen/ welche Sommerszeit ſehr friſch und in denen man ſich ſo gar gemachlich niederſetzen und ruhen kan/ weilen darinnen gar ordentliche Seſſel in Felß gehauen ſeyn. Nach dieſem ſind wir auf den Berg Sion geſtiegen/ der- ſelbe iſt ſehr hoch alſo/ daß man faſt die gantze Stadt drauff uͤ- berſehen kan und deßwegen iſt vor Zeiten auch Davids Schloß und Reſidentz drauf geſtanden/ die nim gantz zerſtoͤret iſt iedoch ſtehet gar eine ſtatliche Kirche drauf. Weil ſie aber die Tuͤr- cken inne haben und gebrauchen/ laſſen ſie keinen Chriſten hin- ein und ſich drinnen umſehen. Es iſt aber auch ſonſt auf dieſem Berge Sion noch eine andere Capelle mit Bley gedeckt und ſoll der Ort ſeyn/ wo der heilige Geiſt in ſichtbarer Geſtalt uͤber die heiligen Apoſtel außgegoſſen worden/ wie denn auch Koͤnig David allda begraben ſeyn ſoll. Auf dieſem Berge Zion beym Thor an der Pforten Si- on/ gleich dem Convent, oder Kloſter gegen uͤber wird gezeiget der Ort/ da Caiphas gewohnet/ dahin ietzt ein Kloſter der Ar- menier gebauet iſt. Jm Hof aber deſſen/ wenn man hinein ge- het zur lincken Hand weiſet man den Ort in der Mayer/ wo der Hahn R r

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/317
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/317>, abgerufen am 18.05.2024.