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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
Frucht deß Verbotenen Baums im Paradiß solle gewesen
seyn/ daran sich Adam und Eva sollen versündiget haben/ die-
weil man alle mahl ein Crucifix drinnen siehet/ so offt man ein
Scheiblein abschneidet/ das Laub und die Blätter sind auch gar
sonderbar und ungewöhnlicher Grösse.

Die Gassen in der Stadt Baruth sind zwar zum Theil
gepflastert/ aber doch ist das Pflaster gantz zerbrochen und al-
lendhalben voll Gruben und Löcher. Es gibt viel schöne Gär-
ten allda/ in welchen um der Seidenwürme willen viel Maul-
beer-Bäume gezeuget werden/ weil die Seidenwürme von de-
nen Maulbeer-Blättern ernehret und erhalten werden. Denn
an dem Orte wird so viel Seide gemacht/ als sonst irgendswo/
zu dem Ende denn die Jnwohner die Seidenwürme halten und
spinnen lassen.

Von Tattel-Bäumen gibts auch sehr viel allda und
wächst die Frucht nicht/ wie sonst/ aus den Zweigen/ sondern
Püschel Weise/ einer von 3. biß 4. geballten Fäusten groß/ wel-
ches denn gar anmutig zu sehen ist/ wenn sie also auf den Bäu-
men hengen.

Aussen vor der Stadt wird auch gezeiget der Brunn/
bey welchem der ungeheure Drache deß Königs Tochter soll
begegnet und derselbe vom Ritter S. Georgen ertödtet und
also deß Königs-Tochter von ihm errettet worden seyn. Liegt
ohngefähr 400. Schritte vom Meere und ist gar ein sehr lusti-
ger Weg hinaus zu solchem Brunnen zwischen lauter schönen
fruchtbaren Gärten/ weßwegen denn auch ich sammt einem
Französischen Kauffmanns Diener hinaus geritten und mich
daselbst umgesehen/ dieweil so viel Schreibens und Sagens von
dieser Geschichte ist und dieselbe nicht allein vor warhafftig/
sondern auch gedachter Ritter vor einen grossen Heiligen allda
gehalten wird.

Dem
K k 3

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
Frucht deß Verbotenen Baums im Paradiß ſolle geweſen
ſeyn/ daran ſich Adam und Eva ſollen verſuͤndiget haben/ die-
weil man alle mahl ein Crucifix drinnen ſiehet/ ſo offt man ein
Scheiblein abſchneidet/ das Laub und die Blaͤtter ſind auch gar
ſonderbar und ungewoͤhnlicher Groͤſſe.

Die Gaſſen in der Stadt Baruth ſind zwar zum Theil
gepflaſtert/ aber doch iſt das Pflaſter gantz zerbrochen und al-
lendhalben voll Gruben und Loͤcher. Es gibt viel ſchoͤne Gaͤr-
ten allda/ in welchen um der Seidenwuͤrme willen viel Maul-
beer-Baͤume gezeuget werden/ weil die Seidenwuͤrme von de-
nen Maulbeer-Blaͤttern ernehret und erhalten werden. Denn
an dem Orte wird ſo viel Seide gemacht/ als ſonſt irgendswo/
zu dem Ende denn die Jnwohner die Seidenwuͤrme halten und
ſpinnen laſſen.

Von Tattel-Baͤumen gibts auch ſehr viel allda und
waͤchſt die Frucht nicht/ wie ſonſt/ aus den Zweigen/ ſondern
Puͤſchel Weiſe/ einer von 3. biß 4. geballten Faͤuſten groß/ wel-
ches denn gar anmutig zu ſehen iſt/ wenn ſie alſo auf den Baͤu-
men hengen.

Auſſen vor der Stadt wird auch gezeiget der Brunn/
bey welchem der ungeheure Drache deß Koͤnigs Tochter ſoll
begegnet und derſelbe vom Ritter S. Georgen ertoͤdtet und
alſo deß Koͤnigs-Tochter von ihm errettet worden ſeyn. Liegt
ohngefaͤhr 400. Schritte vom Meere und iſt gar ein ſehr luſti-
ger Weg hinaus zu ſolchem Brunnen zwiſchen lauter ſchoͤnen
fruchtbaren Gaͤrten/ weßwegen denn auch ich ſammt einem
Franzoͤſiſchen Kauffmanns Diener hinaus geritten und mich
daſelbſt umgeſehen/ dieweil ſo viel Schreibens uñ Sagens von
dieſer Geſchichte iſt und dieſelbe nicht allein vor warhafftig/
ſondern auch gedachter Ritter vor einen groſſen Heiligen allda
gehalten wird.

Dem
K k 3
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[259/0265] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Frucht deß Verbotenen Baums im Paradiß ſolle geweſen ſeyn/ daran ſich Adam und Eva ſollen verſuͤndiget haben/ die- weil man alle mahl ein Crucifix drinnen ſiehet/ ſo offt man ein Scheiblein abſchneidet/ das Laub und die Blaͤtter ſind auch gar ſonderbar und ungewoͤhnlicher Groͤſſe. Die Gaſſen in der Stadt Baruth ſind zwar zum Theil gepflaſtert/ aber doch iſt das Pflaſter gantz zerbrochen und al- lendhalben voll Gruben und Loͤcher. Es gibt viel ſchoͤne Gaͤr- ten allda/ in welchen um der Seidenwuͤrme willen viel Maul- beer-Baͤume gezeuget werden/ weil die Seidenwuͤrme von de- nen Maulbeer-Blaͤttern ernehret und erhalten werden. Denn an dem Orte wird ſo viel Seide gemacht/ als ſonſt irgendswo/ zu dem Ende denn die Jnwohner die Seidenwuͤrme halten und ſpinnen laſſen. Von Tattel-Baͤumen gibts auch ſehr viel allda und waͤchſt die Frucht nicht/ wie ſonſt/ aus den Zweigen/ ſondern Puͤſchel Weiſe/ einer von 3. biß 4. geballten Faͤuſten groß/ wel- ches denn gar anmutig zu ſehen iſt/ wenn ſie alſo auf den Baͤu- men hengen. Auſſen vor der Stadt wird auch gezeiget der Brunn/ bey welchem der ungeheure Drache deß Koͤnigs Tochter ſoll begegnet und derſelbe vom Ritter S. Georgen ertoͤdtet und alſo deß Koͤnigs-Tochter von ihm errettet worden ſeyn. Liegt ohngefaͤhr 400. Schritte vom Meere und iſt gar ein ſehr luſti- ger Weg hinaus zu ſolchem Brunnen zwiſchen lauter ſchoͤnen fruchtbaren Gaͤrten/ weßwegen denn auch ich ſammt einem Franzoͤſiſchen Kauffmanns Diener hinaus geritten und mich daſelbſt umgeſehen/ dieweil ſo viel Schreibens uñ Sagens von dieſer Geſchichte iſt und dieſelbe nicht allein vor warhafftig/ ſondern auch gedachter Ritter vor einen groſſen Heiligen allda gehalten wird. Dem K k 3

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/265>, abgerufen am 22.11.2024.