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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
heyrathen aber nicht wieder/ wenn dieselbe stirbet und mit
todt abgehet.

Hier muß ich doch wuuderhalben erzehlen/ wie es mei-
nem Tisch und Reise-Gesellen/ dem Fanzosen/ allhier zu
Baruth ergangen ist.

Den 6. Augusti gehet er ohngefähr seinen Geschäfften
nach über die Gasse und als er wieder heimgehen will/ sitzt ein
voller Mohr in einem finstern Kram-Laden/ und da derselbe
ihn ansichtig wird/ kömmt er heraus gelauffen und fället
ihn mit grosser Furi, und Ungestüm an/ der Meinung/ Geld
aus ihm zu zwingen. Weil sich aber der Franzose darzu nicht
verstehen will/ sondern mit ihm reisset und ringet/ daß er seiner
loß werden will/ zeicht endlich der Mohr seinen Sebel aus und
will dem Franzosen mit Gewalt zu Leibe/ der aber die Hand
vorwirfft und sich hefftig verwundet/ indem derselbe ohnge-
fähr den Sebel in die Hand zu fassen bekömmet und der Mohr
ihm denselben durch die Hand zeucht.

Und weil das Geschrey ehe in den Han kam/ als er/ bin ich
alsbald mit unserm Wirth/ Herr Fabern/ dahin gangen und
recht nach der Sachen Beschaffenheit gefraget. Es konte uns
aber niemand anders berichten/ als daß es aus lauter Frevel
und Muthwill geschehen war/ dahero Herr Faber alsbald
zum Richter allda gieng/ den man Musalem hiesse und verklag-
te den Mohr deßwegen. Den ließ der Musalem auch alsbald su-
chen und ihn/ da er vorgebracht ward/ auf Türckisch von der
Fußsohlen an jämmerlich abprügeln und also seinen Muth-
willen wol einträncken/ der arme Schweiß aber muste gleich-
wol seinen Schaden und Schmertzen behalten.

Dieser Streit aber kam daher: Als wir auf dem Meere

zwey
K k 2

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
heyrathen aber nicht wieder/ wenn dieſelbe ſtirbet und mit
todt abgehet.

Hier muß ich doch wuuderhalben erzehlen/ wie es mei-
nem Tiſch und Reiſe-Geſellen/ dem Fanzoſen/ allhier zu
Baruth ergangen iſt.

Den 6. Auguſti gehet er ohngefaͤhr ſeinen Geſchaͤfften
nach uͤber die Gaſſe und als er wieder heimgehen will/ ſitzt ein
voller Mohr in einem finſtern Kram-Laden/ und da derſelbe
ihn anſichtig wird/ koͤmmt er heraus gelauffen und faͤllet
ihn mit groſſer Furi, und Ungeſtuͤm an/ der Meinung/ Geld
aus ihm zu zwingen. Weil ſich aber der Franzoſe darzu nicht
verſtehen will/ ſondern mit ihm reiſſet und ringet/ daß er ſeiner
loß werden will/ zeicht endlich der Mohr ſeinen Sebel aus und
will dem Franzoſen mit Gewalt zu Leibe/ der aber die Hand
vorwirfft und ſich hefftig verwundet/ indem derſelbe ohnge-
faͤhr den Sebel in die Hand zu faſſen bekoͤmmet und der Mohr
ihm denſelben durch die Hand zeucht.

Und weil das Geſchrey ehe in den Han kam/ als er/ bin ich
alsbald mit unſerm Wirth/ Herr Fabern/ dahin gangen und
recht nach der Sachen Beſchaffenheit gefraget. Es konte uns
aber niemand anders berichten/ als daß es aus lauter Frevel
und Muthwill geſchehen war/ dahero Herr Faber alsbald
zum Richter allda gieng/ den man Muſalem hieſſe und verklag-
te den Mohr deßwegen. Den ließ der Muſalem auch alsbald ſu-
chen und ihn/ da er vorgebracht ward/ auf Tuͤrckiſch von der
Fußſohlen an jaͤmmerlich abpruͤgeln und alſo ſeinen Muth-
willen wol eintraͤncken/ der arme Schweiß aber muſte gleich-
wol ſeinen Schaden und Schmertzen behalten.

Dieſer Streit aber kam daher: Als wir auf dem Meere

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[257/0263] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. heyrathen aber nicht wieder/ wenn dieſelbe ſtirbet und mit todt abgehet. Hier muß ich doch wuuderhalben erzehlen/ wie es mei- nem Tiſch und Reiſe-Geſellen/ dem Fanzoſen/ allhier zu Baruth ergangen iſt. Den 6. Auguſti gehet er ohngefaͤhr ſeinen Geſchaͤfften nach uͤber die Gaſſe und als er wieder heimgehen will/ ſitzt ein voller Mohr in einem finſtern Kram-Laden/ und da derſelbe ihn anſichtig wird/ koͤmmt er heraus gelauffen und faͤllet ihn mit groſſer Furi, und Ungeſtuͤm an/ der Meinung/ Geld aus ihm zu zwingen. Weil ſich aber der Franzoſe darzu nicht verſtehen will/ ſondern mit ihm reiſſet und ringet/ daß er ſeiner loß werden will/ zeicht endlich der Mohr ſeinen Sebel aus und will dem Franzoſen mit Gewalt zu Leibe/ der aber die Hand vorwirfft und ſich hefftig verwundet/ indem derſelbe ohnge- faͤhr den Sebel in die Hand zu faſſen bekoͤmmet und der Mohr ihm denſelben durch die Hand zeucht. Und weil das Geſchrey ehe in den Han kam/ als er/ bin ich alsbald mit unſerm Wirth/ Herr Fabern/ dahin gangen und recht nach der Sachen Beſchaffenheit gefraget. Es konte uns aber niemand anders berichten/ als daß es aus lauter Frevel und Muthwill geſchehen war/ dahero Herr Faber alsbald zum Richter allda gieng/ den man Muſalem hieſſe und verklag- te den Mohr deßwegen. Den ließ der Muſalem auch alsbald ſu- chen und ihn/ da er vorgebracht ward/ auf Tuͤrckiſch von der Fußſohlen an jaͤmmerlich abpruͤgeln und alſo ſeinen Muth- willen wol eintraͤncken/ der arme Schweiß aber muſte gleich- wol ſeinen Schaden und Schmertzen behalten. Dieſer Streit aber kam daher: Als wir auf dem Meere zwey K k 2

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/263>, abgerufen am 22.05.2024.