Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebenjährige Welt-Beschauung.

Den Räubern und grossen Dieben hauet man Händ und
Füsse ab und die Ehebrecher und Ehebrecherin werden entwe-
der ersaufft/ oder auf andere Weise hingerichtet und nichts de-
sto weniger gehen doch greuliche Raubereyen/ Hurereyen/
Blutschanden/ Sodomitereyen und andere schreckliche Laster
im Schwange/ die nicht gestrafft werden/ entweder daß sie
vertuschet/ oder sonst auß Gunst übersehen werden. Ja auch
wol an denen Orthen/ welche die Türcken und Araber selber
vor heilig und dahin ihre Wohlfahrten halten/ Vergebung ih-
rer Sünden zuerlangen/ schlagen die Huren ihre Zelte und
Hütten auf/ fressen und sauffen/ haben ihre Spielleute/ tantzen
und springen und locken also die Reisende hinan zu ihrer
Wollust und Unzucht/ wie sonderlich auf der Reise nach Mecha
und Medina geschiehet.

Uber dem Gottes Dienst wird so steiff gehalten/ daß/
wenn iemand am Sabbath ergriffen wird/ daß er einige Ar-
beit thut/ weil andere Leute in der Kirchen sind und Gott die-
nen/ derselbe für die Kirch Thüre hingestellet und entweder
mit stinckendem Rinds-Geschlüncke ums Maul geschlagen/
oder mit einem Ohre angenagelt wird/ da er so lange stehen
und außhalten muß/ biß der gantze Gottes-Dienst geendiget
ist. Geschehe das bey uns Christen/ O wie mancher würde deß
Brantewein-Hauses und sonst anderer nichtswürdigen Ver-
richtungen müssig gehen und sich ingegen fleissiger und andäch-
tiger zur Kirchen halten.

Den 27. Julij bin ich mit meinem Türcken in ein Nonnen-
Kloster der Coffiten/ dasselbe zubesehen/ gegangen/ da uns denn
die Aebtißin darinnen sehr wohl tractiret/ wie es ihres Landes
Brauch war. Denn sie setzte uns für einen grossen Krug
vollsonderliches von Rosen und andern köstlichen Spetzerey-
en gantz süsse und sehr wohlschmeckendes Wassers/ welches gar

frisch
Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.

Den Raͤubern und groſſen Dieben hauet man Haͤnd und
Fuͤſſe ab und die Ehebrecher und Ehebrecherin werden entwe-
der erſaufft/ oder auf andere Weiſe hingerichtet und nichts de-
ſto weniger gehen doch greuliche Raubereyen/ Hurereyen/
Blutſchanden/ Sodomitereyen und andere ſchreckliche Laſter
im Schwange/ die nicht geſtrafft werden/ entweder daß ſie
vertuſchet/ oder ſonſt auß Gunſt uͤberſehen werden. Ja auch
wol an denen Orthen/ welche die Tuͤrcken und Araber ſelber
vor heilig und dahin ihre Wohlfahrten halten/ Vergebung ih-
rer Suͤnden zuerlangen/ ſchlagen die Huren ihre Zelte und
Huͤtten auf/ freſſen und ſauffen/ haben ihre Spielleute/ tantzen
und ſpringen und locken alſo die Reiſende hinan zu ihrer
Wolluſt und Unzucht/ wie ſonderlich auf der Reiſe nach Mecha
und Medina geſchiehet.

Uber dem Gottes Dienſt wird ſo ſteiff gehalten/ daß/
wenn iemand am Sabbath ergriffen wird/ daß er einige Ar-
beit thut/ weil andere Leute in der Kirchen ſind und Gott die-
nen/ derſelbe fuͤr die Kirch Thuͤre hingeſtellet und entweder
mit ſtinckendem Rinds-Geſchluͤncke ums Maul geſchlagen/
oder mit einem Ohre angenagelt wird/ da er ſo lange ſtehen
und außhalten muß/ biß der gantze Gottes-Dienſt geendiget
iſt. Geſchehe das bey uns Chriſten/ O wie mancher wuͤrde deß
Brantewein-Hauſes und ſonſt anderer nichtswuͤrdigen Ver-
richtungen muͤſſig gehen und ſich ingegen fleiſſiger und andaͤch-
tiger zur Kirchen halten.

Den 27. Julij bin ich mit meinem Tuͤrcken in ein Nonnen-
Kloſter der Coffiten/ daſſelbe zubeſehen/ gegangen/ da uns denn
die Aebtißin darinnen ſehr wohl tractiret/ wie es ihres Landes
Brauch war. Denn ſie ſetzte uns fuͤr einen groſſen Krug
vollſonderliches von Roſen und andern koͤſtlichen Spetzerey-
en gantz ſuͤſſe und ſehr wohlſchmeckendes Waſſers/ welches gar

friſch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0244" n="238"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Siebenja&#x0364;hrige Welt-Be&#x017F;chauung.</hi> </fw><lb/>
            <p>Den Ra&#x0364;ubern und gro&#x017F;&#x017F;en Dieben hauet man Ha&#x0364;nd und<lb/>
Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ab und die Ehebrecher und Ehebrecherin werden entwe-<lb/>
der er&#x017F;aufft/ oder auf andere Wei&#x017F;e hingerichtet und nichts de-<lb/>
&#x017F;to weniger gehen doch greuliche Raubereyen/ Hurereyen/<lb/>
Blut&#x017F;chanden/ Sodomitereyen und andere &#x017F;chreckliche La&#x017F;ter<lb/>
im Schwange/ die nicht ge&#x017F;trafft werden/ entweder daß &#x017F;ie<lb/>
vertu&#x017F;chet/ oder &#x017F;on&#x017F;t auß Gun&#x017F;t u&#x0364;ber&#x017F;ehen werden. Ja auch<lb/>
wol an denen Orthen/ welche die Tu&#x0364;rcken und Araber &#x017F;elber<lb/>
vor heilig und dahin ihre Wohlfahrten halten/ Vergebung ih-<lb/>
rer Su&#x0364;nden zuerlangen/ &#x017F;chlagen die Huren ihre Zelte und<lb/>
Hu&#x0364;tten auf/ fre&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;auffen/ haben ihre Spielleute/ tantzen<lb/>
und &#x017F;pringen und locken al&#x017F;o die Rei&#x017F;ende hinan zu ihrer<lb/>
Wollu&#x017F;t und Unzucht/ wie &#x017F;onderlich auf der Rei&#x017F;e nach <hi rendition="#aq">Mecha</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">Medina</hi> ge&#x017F;chiehet.</p><lb/>
            <p>Uber dem Gottes Dien&#x017F;t wird &#x017F;o &#x017F;teiff gehalten/ daß/<lb/>
wenn iemand am Sabbath ergriffen wird/ daß er einige Ar-<lb/>
beit thut/ weil andere Leute in der Kirchen &#x017F;ind und Gott die-<lb/>
nen/ der&#x017F;elbe fu&#x0364;r die Kirch Thu&#x0364;re hinge&#x017F;tellet und entweder<lb/>
mit &#x017F;tinckendem Rinds-Ge&#x017F;chlu&#x0364;ncke ums Maul ge&#x017F;chlagen/<lb/>
oder mit einem Ohre angenagelt wird/ da er &#x017F;o lange &#x017F;tehen<lb/>
und außhalten muß/ biß der gantze Gottes-Dien&#x017F;t geendiget<lb/>
i&#x017F;t. Ge&#x017F;chehe das bey uns Chri&#x017F;ten/ O wie mancher wu&#x0364;rde deß<lb/>
Brantewein-Hau&#x017F;es und &#x017F;on&#x017F;t anderer nichtswu&#x0364;rdigen Ver-<lb/>
richtungen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig gehen und &#x017F;ich ingegen flei&#x017F;&#x017F;iger und anda&#x0364;ch-<lb/>
tiger zur Kirchen halten.</p><lb/>
            <p>Den 27. Julij bin ich mit meinem Tu&#x0364;rcken in ein Nonnen-<lb/>
Klo&#x017F;ter der <hi rendition="#aq">Coffit</hi>en/ da&#x017F;&#x017F;elbe zube&#x017F;ehen/ gegangen/ da uns denn<lb/>
die Aebtißin darinnen &#x017F;ehr wohl <hi rendition="#aq">tractir</hi>et/ wie es ihres Landes<lb/>
Brauch war. Denn &#x017F;ie &#x017F;etzte uns fu&#x0364;r einen gro&#x017F;&#x017F;en Krug<lb/>
voll&#x017F;onderliches von Ro&#x017F;en und andern ko&#x0364;&#x017F;tlichen Spetzerey-<lb/>
en gantz &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und &#x017F;ehr wohl&#x017F;chmeckendes Wa&#x017F;&#x017F;ers/ welches gar<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fri&#x017F;ch</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0244] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Den Raͤubern und groſſen Dieben hauet man Haͤnd und Fuͤſſe ab und die Ehebrecher und Ehebrecherin werden entwe- der erſaufft/ oder auf andere Weiſe hingerichtet und nichts de- ſto weniger gehen doch greuliche Raubereyen/ Hurereyen/ Blutſchanden/ Sodomitereyen und andere ſchreckliche Laſter im Schwange/ die nicht geſtrafft werden/ entweder daß ſie vertuſchet/ oder ſonſt auß Gunſt uͤberſehen werden. Ja auch wol an denen Orthen/ welche die Tuͤrcken und Araber ſelber vor heilig und dahin ihre Wohlfahrten halten/ Vergebung ih- rer Suͤnden zuerlangen/ ſchlagen die Huren ihre Zelte und Huͤtten auf/ freſſen und ſauffen/ haben ihre Spielleute/ tantzen und ſpringen und locken alſo die Reiſende hinan zu ihrer Wolluſt und Unzucht/ wie ſonderlich auf der Reiſe nach Mecha und Medina geſchiehet. Uber dem Gottes Dienſt wird ſo ſteiff gehalten/ daß/ wenn iemand am Sabbath ergriffen wird/ daß er einige Ar- beit thut/ weil andere Leute in der Kirchen ſind und Gott die- nen/ derſelbe fuͤr die Kirch Thuͤre hingeſtellet und entweder mit ſtinckendem Rinds-Geſchluͤncke ums Maul geſchlagen/ oder mit einem Ohre angenagelt wird/ da er ſo lange ſtehen und außhalten muß/ biß der gantze Gottes-Dienſt geendiget iſt. Geſchehe das bey uns Chriſten/ O wie mancher wuͤrde deß Brantewein-Hauſes und ſonſt anderer nichtswuͤrdigen Ver- richtungen muͤſſig gehen und ſich ingegen fleiſſiger und andaͤch- tiger zur Kirchen halten. Den 27. Julij bin ich mit meinem Tuͤrcken in ein Nonnen- Kloſter der Coffiten/ daſſelbe zubeſehen/ gegangen/ da uns denn die Aebtißin darinnen ſehr wohl tractiret/ wie es ihres Landes Brauch war. Denn ſie ſetzte uns fuͤr einen groſſen Krug vollſonderliches von Roſen und andern koͤſtlichen Spetzerey- en gantz ſuͤſſe und ſehr wohlſchmeckendes Waſſers/ welches gar friſch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/244
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/244>, abgerufen am 07.05.2024.