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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.

Gegen über und fast auf der andern Spitze deß Berges
ist eine Mohren Capelle/ darinnen sie ihren vermeinten Got-
tes Dienst verrichten/ wenn sie den Heiligen zwar mit grosser
devotion und Andacht thun/ besuchen. Unter dieser Capelle
ist ein hoher/ hohler und geraumer Stein/ darinnen Moses sei-
ne vierzigtägige Fasten ohn einige Speise und Tranck gehal-
ten. Gehen eilff Stuffen hinunter in diesen hohlen Felsen Mo-
sis/ also daß die Capelle recht auff solcher Höhle stehet und ge-
bauet ist.

An der Ecke deß Berges/ da der Christen Capelle ist/ ist
noch ein grosser merckwürdiger Stein/ der sich wol und mit
Verwunderung sehen lässet. Denn in selbigem siehet man ei-
ne natürliche Gestalt eines grossen Menschen mit Kopff/ Ach-
seln und Leibe allenthalben hohl/ gleich als wenn er sich zur lin-
cken Hand im hinauf Steigen an den andern Felsen etwas an-
lehnete. Und unter diesem Stein soll sich Moses gesetzt haben/
wenn Gott mit ihm reden und sich offenbahren wollen. Denn
weil ihm derselbe im Feuer und Plitzen erschienen/ habe er sich
auß Furcht da hinein begeben/ daß er daher aus sehen können/
wie die Figur und Bildung deß Steins ausweiset/ sintemahl
das Haupt schief auf die lincke Seite über sich gerichtet/ als ei-
nes/ der mit sonderbarer Andacht noch etwas in die Höhe sie-
het und also der Leib rechten Seite nach mit der vollkommenen
Achsel zu sehen/ die Lincke aber wie in den Felsen gedruckt ist.
Wundershalben bin ich hinein gekrochen/ wiewol das Loch
ziemlich enge war und mirs hinein zu kommen nicht wenig
Mühe machte und habe mich recht in die Form geleget. Allein
ich habe es in weiten nicht ausfüllen können und müste deme
nach Moses ein grosser Mann gewesen seyn.

Nachdem wir uns nun zu höchst droben auf dem Berge
wol gnug umgesehen/ seynd wir im herunter Steigen nach dem

Klo-
Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.

Gegen uͤber und faſt auf der andern Spitze deß Berges
iſt eine Mohren Capelle/ darinnen ſie ihren vermeinten Got-
tes Dienſt verrichten/ wenn ſie den Heiligen zwar mit groſſer
devotion und Andacht thun/ beſuchen. Unter dieſer Capelle
iſt ein hoher/ hohler und geraumer Stein/ darinnen Moſes ſei-
ne vierzigtaͤgige Faſten ohn einige Speiſe und Tranck gehal-
ten. Gehen eilff Stuffen hinunter in dieſen hohlen Felſen Mo-
ſis/ alſo daß die Capelle recht auff ſolcher Hoͤhle ſtehet und ge-
bauet iſt.

An der Ecke deß Berges/ da der Chriſten Capelle iſt/ iſt
noch ein groſſer merckwuͤrdiger Stein/ der ſich wol und mit
Verwunderung ſehen laͤſſet. Denn in ſelbigem ſiehet man ei-
ne natuͤrliche Geſtalt eines groſſen Menſchen mit Kopff/ Ach-
ſeln und Leibe allenthalben hohl/ gleich als wenn er ſich zur lin-
cken Hand im hinauf Steigen an den andern Felſen etwas an-
lehnete. Und unter dieſem Stein ſoll ſich Moſes geſetzt haben/
wenn Gott mit ihm reden und ſich offenbahren wollen. Denn
weil ihm derſelbe im Feuer und Plitzen erſchienen/ habe er ſich
auß Furcht da hinein begeben/ daß er daher aus ſehen koͤnnen/
wie die Figur und Bildung deß Steins ausweiſet/ ſintemahl
das Haupt ſchief auf die lincke Seite uͤber ſich gerichtet/ als ei-
nes/ der mit ſonderbarer Andacht noch etwas in die Hoͤhe ſie-
het und alſo der Leib rechten Seite nach mit der vollkommenen
Achſel zu ſehen/ die Lincke aber wie in den Felſen gedruckt iſt.
Wundershalben bin ich hinein gekrochen/ wiewol das Loch
ziemlich enge war und mirs hinein zu kommen nicht wenig
Muͤhe machte und habe mich recht in die Form geleget. Allein
ich habe es in weiten nicht ausfuͤllen koͤnnen und muͤſte deme
nach Moſes ein groſſer Mann geweſen ſeyn.

Nachdem wir uns nun zu hoͤchſt droben auf dem Berge
wol gnug umgeſehen/ ſeynd wir im herunter Steigen nach dem

Klo-
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[212/0218] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Gegen uͤber und faſt auf der andern Spitze deß Berges iſt eine Mohren Capelle/ darinnen ſie ihren vermeinten Got- tes Dienſt verrichten/ wenn ſie den Heiligen zwar mit groſſer devotion und Andacht thun/ beſuchen. Unter dieſer Capelle iſt ein hoher/ hohler und geraumer Stein/ darinnen Moſes ſei- ne vierzigtaͤgige Faſten ohn einige Speiſe und Tranck gehal- ten. Gehen eilff Stuffen hinunter in dieſen hohlen Felſen Mo- ſis/ alſo daß die Capelle recht auff ſolcher Hoͤhle ſtehet und ge- bauet iſt. An der Ecke deß Berges/ da der Chriſten Capelle iſt/ iſt noch ein groſſer merckwuͤrdiger Stein/ der ſich wol und mit Verwunderung ſehen laͤſſet. Denn in ſelbigem ſiehet man ei- ne natuͤrliche Geſtalt eines groſſen Menſchen mit Kopff/ Ach- ſeln und Leibe allenthalben hohl/ gleich als wenn er ſich zur lin- cken Hand im hinauf Steigen an den andern Felſen etwas an- lehnete. Und unter dieſem Stein ſoll ſich Moſes geſetzt haben/ wenn Gott mit ihm reden und ſich offenbahren wollen. Denn weil ihm derſelbe im Feuer und Plitzen erſchienen/ habe er ſich auß Furcht da hinein begeben/ daß er daher aus ſehen koͤnnen/ wie die Figur und Bildung deß Steins ausweiſet/ ſintemahl das Haupt ſchief auf die lincke Seite uͤber ſich gerichtet/ als ei- nes/ der mit ſonderbarer Andacht noch etwas in die Hoͤhe ſie- het und alſo der Leib rechten Seite nach mit der vollkommenen Achſel zu ſehen/ die Lincke aber wie in den Felſen gedruckt iſt. Wundershalben bin ich hinein gekrochen/ wiewol das Loch ziemlich enge war und mirs hinein zu kommen nicht wenig Muͤhe machte und habe mich recht in die Form geleget. Allein ich habe es in weiten nicht ausfuͤllen koͤnnen und muͤſte deme nach Moſes ein groſſer Mann geweſen ſeyn. Nachdem wir uns nun zu hoͤchſt droben auf dem Berge wol gnug umgeſehen/ ſeynd wir im herunter Steigen nach dem Klo-

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/218>, abgerufen am 24.11.2024.