Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebenjährige Welt-Beschauung.
Brettern eine Stelle erhaben und mit schönen Tapeten bede-
cket war/ dar auf lagen zwey unterschiedene Wollene Matra-
tzen. Uber meiner ein roth sammete Decke und Polster/ auf wel-
chem man deß Tages zu sitzen pfleget/ meines Türcken aber und
Tolmetschers war von allerley Farben gemahlter klarer
Baumwolliner Leinwat mit Wolle gestopffet und gefüllet.

Auf den Abend kamen zwey Münche zu mir in die Kam-
mer und wolten mir Kloster Brauch nach und zu Bezeugung
der Liebe das Haupt und die Füsse waschen/ davon ich endlich
auch das erste geschehen lassen muste/ deß andern aber mich mit
schwerer Mühe erwehrete.

Diese Kammer/ wie denn in den Griechischen Klöstern
gemeiniglich der Brauch/ ich auch in vielen selbst gesehen/ war
in der Höhe mit starckem Rohr beleget/ uf welchem hernach
Erdreich und Estrich geschlagen war/ und hatte kleine enge
Fenster ohne Glaß. Wenn ich aus dieser meiner Kammer
ausgesehen/ habe ich das grausame rauhe gantz erschreckliche
steinigte Gebürge gar nahe für den Augen gehabt.

Dieses Kloster liegt in einem tieffen Thaal auf einer Sei-
ten im hinein Reisen in lauter hohem Stein-Gebürge/ flugs
vor demselben her aussen ist ein langer schöner Lustgarten mit
hohen Mauren umbgeben. Unten umher im Thaal fast biß an
die Kloster-Mauren wohnen Mohren. Ausser dem Thaal zur
rechten Hand nicht weit vom Garten ist ein kleiner rothsandi-
ger felsichter Berg/ allda Aaron den Gottesdienst in aufge-
schlagenen Zelten verrichtet haben soll/ auch wo das Feuer
vom Himmel gefallen und seine zween Söhne Nadab und A-
bihu verzehret/ darum/ weil sie fremde Feuer für den HErrn
geopffert hatten/ davon zu lesen im 3. Cap. deß 3. B. M.

Uber das Kloster/ nach dem Berge Sinai zu/ ist der Berg/
so von unten grünlicht scheinet und zwar ein lauter hoher Felß/

den-

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
Brettern eine Stelle erhaben und mit ſchoͤnen Tapeten bede-
cket war/ dar auf lagen zwey unterſchiedene Wollene Matra-
tzen. Uber meiner ein roth ſammete Decke und Polſter/ auf wel-
chem man deß Tages zu ſitzen pfleget/ meines Tuͤrcken aber und
Tolmetſchers war von allerley Farben gemahlter klarer
Baumwolliner Leinwat mit Wolle geſtopffet und gefuͤllet.

Auf den Abend kamen zwey Muͤnche zu mir in die Kam-
mer und wolten mir Kloſter Brauch nach und zu Bezeugung
der Liebe das Haupt und die Fuͤſſe waſchen/ davon ich endlich
auch das erſte geſchehen laſſen muſte/ deß andern aber mich mit
ſchwerer Muͤhe erwehrete.

Dieſe Kammer/ wie denn in den Griechiſchen Kloͤſtern
gemeiniglich der Brauch/ ich auch in vielen ſelbſt geſehen/ war
in der Hoͤhe mit ſtarckem Rohr beleget/ uf welchem hernach
Erdreich und Eſtrich geſchlagen war/ und hatte kleine enge
Fenſter ohne Glaß. Wenn ich aus dieſer meiner Kammer
ausgeſehen/ habe ich das grauſame rauhe gantz erſchreckliche
ſteinigte Gebuͤrge gar nahe fuͤr den Augen gehabt.

Dieſes Kloſter liegt in einem tieffen Thaal auf einer Sei-
ten im hinein Reiſen in lauter hohem Stein-Gebuͤrge/ flugs
vor demſelben her auſſen iſt ein langer ſchoͤner Luſtgarten mit
hohen Mauren umbgeben. Unten umher im Thaal faſt biß an
die Kloſter-Mauren wohnen Mohren. Auſſer dem Thaal zur
rechten Hand nicht weit vom Garten iſt ein kleiner rothſandi-
ger felſichter Berg/ allda Aaron den Gottesdienſt in aufge-
ſchlagenen Zelten verrichtet haben ſoll/ auch wo das Feuer
vom Himmel gefallen und ſeine zween Soͤhne Nadab und A-
bihu verzehret/ darum/ weil ſie fremde Feuer fuͤr den HErrn
geopffert hatten/ davon zu leſen im 3. Cap. deß 3. B. M.

Uber das Kloſter/ nach dem Berge Sinai zu/ iſt der Berg/
ſo von unten gruͤnlicht ſcheinet und zwar ein lauter hoher Felß/

den-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0206" n="200"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebenja&#x0364;hrige Welt-Be&#x017F;chauung.</hi></fw><lb/>
Brettern eine Stelle erhaben und mit &#x017F;cho&#x0364;nen Tapeten bede-<lb/>
cket war/ dar auf lagen zwey unter&#x017F;chiedene Wollene Matra-<lb/>
tzen. Uber meiner ein roth &#x017F;ammete Decke und Pol&#x017F;ter/ auf wel-<lb/>
chem man deß Tages zu &#x017F;itzen pfleget/ meines Tu&#x0364;rcken aber und<lb/>
Tolmet&#x017F;chers war von allerley Farben gemahlter klarer<lb/>
Baumwolliner Leinwat mit Wolle ge&#x017F;topffet und gefu&#x0364;llet.</p><lb/>
            <p>Auf den Abend kamen zwey Mu&#x0364;nche zu mir in die Kam-<lb/>
mer und wolten mir Klo&#x017F;ter Brauch nach und zu Bezeugung<lb/>
der Liebe das Haupt und die Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e wa&#x017F;chen/ davon ich endlich<lb/>
auch das er&#x017F;te ge&#x017F;chehen la&#x017F;&#x017F;en mu&#x017F;te/ deß andern aber mich mit<lb/>
&#x017F;chwerer Mu&#x0364;he erwehrete.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e Kammer/ wie denn in den Griechi&#x017F;chen Klo&#x0364;&#x017F;tern<lb/>
gemeiniglich der Brauch/ ich auch in vielen &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;ehen/ war<lb/>
in der Ho&#x0364;he mit &#x017F;tarckem Rohr beleget/ uf welchem hernach<lb/>
Erdreich und E&#x017F;trich ge&#x017F;chlagen war/ und hatte kleine enge<lb/>
Fen&#x017F;ter ohne Glaß. Wenn ich aus die&#x017F;er meiner Kammer<lb/>
ausge&#x017F;ehen/ habe ich das grau&#x017F;ame rauhe gantz er&#x017F;chreckliche<lb/>
&#x017F;teinigte Gebu&#x0364;rge gar nahe fu&#x0364;r den Augen gehabt.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;es Klo&#x017F;ter liegt in einem tieffen Thaal auf einer Sei-<lb/>
ten im hinein Rei&#x017F;en in lauter hohem Stein-Gebu&#x0364;rge/ flugs<lb/>
vor dem&#x017F;elben her au&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t ein langer &#x017F;cho&#x0364;ner Lu&#x017F;tgarten mit<lb/>
hohen Mauren umbgeben. Unten umher im Thaal fa&#x017F;t biß an<lb/>
die Klo&#x017F;ter-Mauren wohnen Mohren. Au&#x017F;&#x017F;er dem Thaal zur<lb/>
rechten Hand nicht weit vom Garten i&#x017F;t ein kleiner roth&#x017F;andi-<lb/>
ger fel&#x017F;ichter Berg/ allda Aaron den Gottesdien&#x017F;t in aufge-<lb/>
&#x017F;chlagenen Zelten verrichtet haben &#x017F;oll/ auch wo das Feuer<lb/>
vom Himmel gefallen und &#x017F;eine zween So&#x0364;hne Nadab und A-<lb/>
bihu verzehret/ darum/ weil &#x017F;ie fremde Feuer fu&#x0364;r den HErrn<lb/>
geopffert hatten/ davon zu le&#x017F;en im 3. Cap. deß 3. B. M.</p><lb/>
            <p>Uber das Klo&#x017F;ter/ nach dem Berge Sinai zu/ i&#x017F;t der Berg/<lb/>
&#x017F;o von unten gru&#x0364;nlicht &#x017F;cheinet und zwar ein lauter hoher Felß/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0206] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Brettern eine Stelle erhaben und mit ſchoͤnen Tapeten bede- cket war/ dar auf lagen zwey unterſchiedene Wollene Matra- tzen. Uber meiner ein roth ſammete Decke und Polſter/ auf wel- chem man deß Tages zu ſitzen pfleget/ meines Tuͤrcken aber und Tolmetſchers war von allerley Farben gemahlter klarer Baumwolliner Leinwat mit Wolle geſtopffet und gefuͤllet. Auf den Abend kamen zwey Muͤnche zu mir in die Kam- mer und wolten mir Kloſter Brauch nach und zu Bezeugung der Liebe das Haupt und die Fuͤſſe waſchen/ davon ich endlich auch das erſte geſchehen laſſen muſte/ deß andern aber mich mit ſchwerer Muͤhe erwehrete. Dieſe Kammer/ wie denn in den Griechiſchen Kloͤſtern gemeiniglich der Brauch/ ich auch in vielen ſelbſt geſehen/ war in der Hoͤhe mit ſtarckem Rohr beleget/ uf welchem hernach Erdreich und Eſtrich geſchlagen war/ und hatte kleine enge Fenſter ohne Glaß. Wenn ich aus dieſer meiner Kammer ausgeſehen/ habe ich das grauſame rauhe gantz erſchreckliche ſteinigte Gebuͤrge gar nahe fuͤr den Augen gehabt. Dieſes Kloſter liegt in einem tieffen Thaal auf einer Sei- ten im hinein Reiſen in lauter hohem Stein-Gebuͤrge/ flugs vor demſelben her auſſen iſt ein langer ſchoͤner Luſtgarten mit hohen Mauren umbgeben. Unten umher im Thaal faſt biß an die Kloſter-Mauren wohnen Mohren. Auſſer dem Thaal zur rechten Hand nicht weit vom Garten iſt ein kleiner rothſandi- ger felſichter Berg/ allda Aaron den Gottesdienſt in aufge- ſchlagenen Zelten verrichtet haben ſoll/ auch wo das Feuer vom Himmel gefallen und ſeine zween Soͤhne Nadab und A- bihu verzehret/ darum/ weil ſie fremde Feuer fuͤr den HErrn geopffert hatten/ davon zu leſen im 3. Cap. deß 3. B. M. Uber das Kloſter/ nach dem Berge Sinai zu/ iſt der Berg/ ſo von unten gruͤnlicht ſcheinet und zwar ein lauter hoher Felß/ den-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/206
Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/206>, abgerufen am 24.11.2024.