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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.

Allhier habe ich auch den alten Griechischen Münch bey
der Carovan wieder gefunden/ welcher mit der stärcksten Men-
ge den ersten Julij voran gangen war/ der gleichen er allemahl
thät/ weil er zu dem Ende vom Kloster zu Sinai gesandt war/
daß die Victualien/ so solchem Kloster zugebracht werden solten/
nit allein gehen solten. Der gieng nun auch dißmal gegen Mor-
gen wider mit voran und reiseten wir immer auf etliche Parten.

Es war aber zu Nachts ein Cameel verlohren worden/
solches wieder zu suchen die Mohren und Pedubeen in aller früh
außgelauffen waren und mich damit den andern Cameelen al-
leine gelassen. Nachdem ich nun erwacht und niemand um mich
sehe/ auch kein Geschrey/ der Mohren Gebrauch nach höre/ bin
ich zum höchsten erschrocken und gedacht/ daß nun anders nicht
seyn könte/ als daß die raubende Mohren kommen und mich
da in der Wüsten verlassenen auf meinem Wollen-Sacke mau-
se todt schlagen würden. Und ob ich gleich die zurück gelassene
Cameel sahe/ wolte michs doch wenig trösten/ weil ich wuste/
daß die Mohren ihre Cameel also im Sande loß gehen zu las-
sen/ sie aber in Hölen und Klüfften zu wohnen und hernach die
Reisenden zuüberraschen pflegten/ welches mir auch leichtlich
geschehen könte/ ehe ich mirs vermut hen dörffte.

Nach dem ich mich aber mit solcher Furcht und Gedan-
cken plage/ kommen zu meinem grossen Glück die Mohren mit
dem gefundenen Cameel wieder zurücke. Wer war fröher als
ich/ daß ich zugleich auch meinen Türcken und Camelotten wi-
der bekam?

Hier auf haben wir mit zwey Cameelen in einem etwas
im Gebürge entlegenen Orthe/ knine genannt/ ohn gefähr eine
Jtalienische Meile weit frisch Wassar holen lassen und rei-
seten also den 4. Julij wieder mit Freuden fort und kamen bald
drauff in einen ebenen sandigen und büschigen Thaal und ha-
ben den Tag abermals grosse Hitze außgestanden. Sind zwi-

schen
Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.

Allhier habe ich auch den alten Griechiſchen Muͤnch bey
der Carovan wieder gefunden/ welcher mit der ſtaͤrckſten Men-
ge den erſten Julij voran gangen war/ der gleichen er allemahl
thaͤt/ weil er zu dem Ende vom Kloſter zu Sinai geſandt war/
daß die Victualien/ ſo ſolchem Kloſter zugebracht werden ſolten/
nit allein gehen ſolten. Der gieng nun auch dißmal gegen Mor-
gen wider mit voran und reiſeten wir im̃er auf etliche Parten.

Es war aber zu Nachts ein Cameel verlohren worden/
ſolches wieder zu ſuchen die Mohren und Pedubeen in aller fruͤh
außgelauffen waren und mich damit den andern Cameelen al-
leine gelaſſen. Nachdem ich nun eꝛwacht und niemand um mich
ſehe/ auch kein Geſchrey/ der Mohren Gebrauch nach hoͤre/ bin
ich zum hoͤchſten erſchrocken und gedacht/ daß nun andeꝛs nicht
ſeyn koͤnte/ als daß die raubende Mohren kommen und mich
da in der Wuͤſten verlaſſenen auf meinem Wollen-Sacke mau-
ſe todt ſchlagen wuͤrden. Und ob ich gleich die zuruͤck gelaſſene
Cameel ſahe/ wolte michs doch wenig troͤſten/ weil ich wuſte/
daß die Mohren ihre Cameel alſo im Sande loß gehen zu laſ-
ſen/ ſie aber in Hoͤlen und Kluͤfften zu wohnen und hernach die
Reiſenden zuuͤberraſchen pflegten/ welches mir auch leichtlich
geſchehen koͤnte/ ehe ich mirs vermut hen doͤrffte.

Nach dem ich mich aber mit ſolcher Furcht und Gedan-
cken plage/ kommen zu meinem groſſen Gluͤck die Mohren mit
dem gefundenen Cameel wieder zuruͤcke. Wer war froͤher als
ich/ daß ich zugleich auch meinen Tuͤrcken und Camelotten wi-
der bekam?

Hier auf haben wir mit zwey Cameelen in einem etwas
im Gebuͤrge entlegenen Orthe/ knine genannt/ ohn gefaͤhr eine
Jtalieniſche Meile weit friſch Waſſar holen laſſen und rei-
ſeten alſo den 4. Julij wieder mit Freuden fort und kamen bald
drauff in einen ebenen ſandigen und buͤſchigen Thaal und ha-
ben den Tag abermals groſſe Hitze außgeſtanden. Sind zwi-

ſchen
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[194/0200] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Allhier habe ich auch den alten Griechiſchen Muͤnch bey der Carovan wieder gefunden/ welcher mit der ſtaͤrckſten Men- ge den erſten Julij voran gangen war/ der gleichen er allemahl thaͤt/ weil er zu dem Ende vom Kloſter zu Sinai geſandt war/ daß die Victualien/ ſo ſolchem Kloſter zugebracht werden ſolten/ nit allein gehen ſolten. Der gieng nun auch dißmal gegen Mor- gen wider mit voran und reiſeten wir im̃er auf etliche Parten. Es war aber zu Nachts ein Cameel verlohren worden/ ſolches wieder zu ſuchen die Mohren und Pedubeen in aller fruͤh außgelauffen waren und mich damit den andern Cameelen al- leine gelaſſen. Nachdem ich nun eꝛwacht und niemand um mich ſehe/ auch kein Geſchrey/ der Mohren Gebrauch nach hoͤre/ bin ich zum hoͤchſten erſchrocken und gedacht/ daß nun andeꝛs nicht ſeyn koͤnte/ als daß die raubende Mohren kommen und mich da in der Wuͤſten verlaſſenen auf meinem Wollen-Sacke mau- ſe todt ſchlagen wuͤrden. Und ob ich gleich die zuruͤck gelaſſene Cameel ſahe/ wolte michs doch wenig troͤſten/ weil ich wuſte/ daß die Mohren ihre Cameel alſo im Sande loß gehen zu laſ- ſen/ ſie aber in Hoͤlen und Kluͤfften zu wohnen und hernach die Reiſenden zuuͤberraſchen pflegten/ welches mir auch leichtlich geſchehen koͤnte/ ehe ich mirs vermut hen doͤrffte. Nach dem ich mich aber mit ſolcher Furcht und Gedan- cken plage/ kommen zu meinem groſſen Gluͤck die Mohren mit dem gefundenen Cameel wieder zuruͤcke. Wer war froͤher als ich/ daß ich zugleich auch meinen Tuͤrcken und Camelotten wi- der bekam? Hier auf haben wir mit zwey Cameelen in einem etwas im Gebuͤrge entlegenen Orthe/ knine genannt/ ohn gefaͤhr eine Jtalieniſche Meile weit friſch Waſſar holen laſſen und rei- ſeten alſo den 4. Julij wieder mit Freuden fort und kamen bald drauff in einen ebenen ſandigen und buͤſchigen Thaal und ha- ben den Tag abermals groſſe Hitze außgeſtanden. Sind zwi- ſchen

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/200>, abgerufen am 04.05.2024.