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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
der fort gereiset und haben uns eine Stunde vor Mittage un-
ter einem stachlichten Gummi-Baum gelagert/ weil wir diesen
Morgen unaußsprechliche Hitze außgestanden. Seynd allezeit
im Thaal unter und zwischen überauß hohen grossen Steinfel-
sen und etwas Bergen gereiset und halte ich dafür/ weil dieses
Gebürge weit um und um anders nicht/ als schwartz roth und
Braun gleissend und also wie verbrannt scheinet/ daß solches
von der über auß grossen unaußsprechlichen und fast unerträg-
lichen Hitze verursachet werde. Es mögte hier wol iemand
wundern und fragen: Wo doch die Mohren herkommen we-
ren? ohne ist zwar nicht/ daß sie die grausame Sonnen-Hitze
also verbrennet/ weil sie harte Steine und Felsen verbrennen
und schwärtzen kan. Allein weil sie gleichwol auch flugs schwartz
gebohren werden/ so wolte ich gleichwol nicht vermeinen/ es
müsse auch zugleich noch eine andere innerliche/ ob gleich uns
verborgene Ursache dabey seyn. Es gibt gleichwol nirgendswo
solche schwartze Leute/ als in Africa, an denen Mittelländischen
Orthen. Schlage demnach keines Weges in Wind/ was mir
einsmahls ein vornehmer Jüdischer Rabbi sagte: Cham/ der
Gottlose Sohn Noha/ hätte sich auch in der Arche mitten un-
ter wärender Sündfluth aus grosser Geilheit deß Beyschlaffs
gebrauchet/ dahero hernach der Sohn/ so drauf wäre geboh-
ren worden und alle seine Nachkommen solche schwartze Leute
worden wären/ und müste also ihre schwärtze so eine Straffe von
Gott zum ewigen Zeugnüß der Boßheit ihres Groß- und Ur-
sprungs-Vaters Chams/ als auch daher folgends von Na-
tur und nicht nur von der äusserlichen Sonnen-Hitze seyn. Und
das bestättiget die Sache auch um so viel desto mehr/ (1.) weil
Chus, der ein Enckel war Chams/ und seine Nachkommen die-
se Länder bewohnet und (2.) ohn allen Zweiffel daher kommen/
daß man einen Mohr Chusaph nennet/ das ist/ ein Nachkömm-

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B b

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
der fort gereiſet und haben uns eine Stunde vor Mittage un-
ter einem ſtachlichten Gummi-Baum gelagert/ weil wir dieſen
Morgen unaußſprechliche Hitze außgeſtanden. Seynd allezeit
im Thaal unter und zwiſchen uͤberauß hohen groſſen Steinfel-
ſen und etwas Bergen gereiſet und halte ich dafuͤr/ weil dieſes
Gebuͤrge weit um und um anders nicht/ als ſchwartz roth und
Braun gleiſſend und alſo wie verbrannt ſcheinet/ daß ſolches
von der uͤber auß groſſen unaußſprechlichen und faſt unertraͤg-
lichen Hitze verurſachet werde. Es moͤgte hier wol iemand
wundern und fragen: Wo doch die Mohren herkommen we-
ren? ohne iſt zwar nicht/ daß ſie die grauſame Sonnen-Hitze
alſo verbrennet/ weil ſie harte Steine und Felſen verbrennen
und ſchwaͤrtzen kan. Allein weil ſie gleichwol auch flugs ſchwartz
gebohren werden/ ſo wolte ich gleichwol nicht vermeinen/ es
muͤſſe auch zugleich noch eine andere innerliche/ ob gleich uns
verborgene Urſache dabey ſeyn. Es gibt gleichwol nirgendswo
ſolche ſchwartze Leute/ als in Africa, an denen Mittellaͤndiſchen
Orthen. Schlage demnach keines Weges in Wind/ was mir
einsmahls ein vornehmer Juͤdiſcher Rabbi ſagte: Cham/ der
Gottloſe Sohn Noha/ haͤtte ſich auch in der Arche mitten un-
ter waͤrender Suͤndfluth aus groſſer Geilheit deß Beyſchlaffs
gebrauchet/ dahero hernach der Sohn/ ſo drauf waͤre geboh-
ren worden und alle ſeine Nachkommen ſolche ſchwartze Leute
worden waͤren/ uñ muͤſte alſo ihre ſchwaͤrtze ſo eine Straffe von
Gott zum ewigen Zeugnuͤß der Boßheit ihres Groß- und Ur-
ſprungs-Vaters Chams/ als auch daher folgends von Na-
tur und nicht nur von der aͤuſſerlichen Sonnen-Hitze ſeyn. Und
das beſtaͤttiget die Sache auch um ſo viel deſto mehr/ (1.) weil
Chus, der ein Enckel war Chams/ und ſeine Nachkommen die-
ſe Laͤnder bewohnet und (2.) ohn allen Zweiffel daher kommen/
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[191/0197] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. der fort gereiſet und haben uns eine Stunde vor Mittage un- ter einem ſtachlichten Gummi-Baum gelagert/ weil wir dieſen Morgen unaußſprechliche Hitze außgeſtanden. Seynd allezeit im Thaal unter und zwiſchen uͤberauß hohen groſſen Steinfel- ſen und etwas Bergen gereiſet und halte ich dafuͤr/ weil dieſes Gebuͤrge weit um und um anders nicht/ als ſchwartz roth und Braun gleiſſend und alſo wie verbrannt ſcheinet/ daß ſolches von der uͤber auß groſſen unaußſprechlichen und faſt unertraͤg- lichen Hitze verurſachet werde. Es moͤgte hier wol iemand wundern und fragen: Wo doch die Mohren herkommen we- ren? ohne iſt zwar nicht/ daß ſie die grauſame Sonnen-Hitze alſo verbrennet/ weil ſie harte Steine und Felſen verbrennen und ſchwaͤrtzen kan. Allein weil ſie gleichwol auch flugs ſchwartz gebohren werden/ ſo wolte ich gleichwol nicht vermeinen/ es muͤſſe auch zugleich noch eine andere innerliche/ ob gleich uns verborgene Urſache dabey ſeyn. Es gibt gleichwol nirgendswo ſolche ſchwartze Leute/ als in Africa, an denen Mittellaͤndiſchen Orthen. Schlage demnach keines Weges in Wind/ was mir einsmahls ein vornehmer Juͤdiſcher Rabbi ſagte: Cham/ der Gottloſe Sohn Noha/ haͤtte ſich auch in der Arche mitten un- ter waͤrender Suͤndfluth aus groſſer Geilheit deß Beyſchlaffs gebrauchet/ dahero hernach der Sohn/ ſo drauf waͤre geboh- ren worden und alle ſeine Nachkommen ſolche ſchwartze Leute worden waͤren/ uñ muͤſte alſo ihre ſchwaͤrtze ſo eine Straffe von Gott zum ewigen Zeugnuͤß der Boßheit ihres Groß- und Ur- ſprungs-Vaters Chams/ als auch daher folgends von Na- tur und nicht nur von der aͤuſſerlichen Sonnen-Hitze ſeyn. Und das beſtaͤttiget die Sache auch um ſo viel deſto mehr/ (1.) weil Chus, der ein Enckel war Chams/ und ſeine Nachkommen die- ſe Laͤnder bewohnet und (2.) ohn allen Zweiffel daher kommen/ daß man einen Mohr Chuſaph nennet/ das iſt/ ein Nachkoͤm̃- ling B b

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/197>, abgerufen am 24.11.2024.