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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
Mann aber eine Zeit lang von ihr gewesen und sich ohne Zweifel
auf dem Raube mit seinen Gesellen aufhielt/ haben wir uns
bey ihrem Tuche gelagert/ weil ihr Mann sonst darzu bestellet
war/ daß er wegen der grossen Unsicherheit der hieherum streif-
fenden Mohren die Carovanen deß Nachts bewachen müssen/
allermassen es denn auch diese Nacht das Weib in Abwesenheit
deß Mannes verrichtete.

Diesen Abend/ als wir uns gelagert hatten/ ist eine Moh-
rin zu uns kommen mit zweyen schon erwachsenen und gleich-
wol gantz nackenden Kindern/ die uns einen Krug mit guthen
frischen Wasser verehrete/ welches sie gar weit geholet hatte und
thät uns damit einen sehr grossen Dienst/ weil wir Mangel
dran hatten und das wenige/ so wir noch im Vorrathe hat-
ten/ gantz warm und stinckend worden war.

Hiervor verehrete ich ihr und ihren Kindern hinwiderum
etzliche weisse Pißkotten/ welche ihnen gar groß Ding waren/
krochen demnach bald damit unter ihre härinne Decke und
brachten bald darauf auch einen Krug voll Kameel Milch/ die
ich nicht trincken konte/ mein Türcke aber soffe sie also warm/
wie sie gemolcken war/ mit Lust hinein/ gosse auch davon ein
Schüssel voll ein/ brockte Pißkotten drein und aß sie auß mit
seinem natürlichen Löffel/ nemlich seinen Händen/ die er wol
wie lange/ dem höflichen Ansehen nach/ nicht gewaschen hat-
te. Das hätte einem wol einen appetit erwecken können/ wenn
er gleich sonst nicht hungerig/ noch durstig gewesen wäre.

Und weil ich von ietzt gedachter Mohrin Nachricht be-
kam/ wo solch frisch Wasser im Gebürge zu holen/ schickte ich
mit einem Mohr dahin und ließ mir auf einem Kameel auch ei-
nen Uter desselben holen/ damit ich mich wieder auf die Reise be-
helffen konte.

Den 3. Julij früh um Sonnen Aufgang seynd wir wie-

der

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
Mañ aber eine Zeit lang von ihr geweſen und ſich ohne Zweifel
auf dem Raube mit ſeinen Geſellen aufhielt/ haben wir uns
bey ihrem Tuche gelagert/ weil ihr Mann ſonſt darzu beſtellet
war/ daß er wegen der groſſen Unſicherheit der hieherum ſtreif-
fenden Mohren die Carovanen deß Nachts bewachen muͤſſen/
allermaſſen es denn auch dieſe Nacht das Weib in Abweſenheit
deß Mannes verrichtete.

Dieſen Abend/ als wir uns gelagert hatten/ iſt eine Moh-
rin zu uns kommen mit zweyen ſchon erwachſenen und gleich-
wol gantz nackenden Kindern/ die uns einen Krug mit guthen
friſchen Waſſer verehrete/ welches ſie gar weit geholet hatte und
thaͤt uns damit einen ſehr groſſen Dienſt/ weil wir Mangel
dran hatten und das wenige/ ſo wir noch im Vorrathe hat-
ten/ gantz warm und ſtinckend worden war.

Hiervor verehrete ich ihr und ihren Kindern hinwiderum
etzliche weiſſe Pißkotten/ welche ihnen gar groß Ding waren/
krochen demnach bald damit unter ihre haͤrinne Decke und
brachten bald darauf auch einen Krug voll Kameel Milch/ die
ich nicht trincken konte/ mein Tuͤrcke aber ſoffe ſie alſo warm/
wie ſie gemolcken war/ mit Luſt hinein/ goſſe auch davon ein
Schuͤſſel voll ein/ brockte Pißkotten drein und aß ſie auß mit
ſeinem natuͤrlichen Loͤffel/ nemlich ſeinen Haͤnden/ die er wol
wie lange/ dem hoͤflichen Anſehen nach/ nicht gewaſchen hat-
te. Das haͤtte einem wol einen appetit erwecken koͤnnen/ wenn
er gleich ſonſt nicht hungerig/ noch durſtig geweſen waͤre.

Und weil ich von ietzt gedachter Mohrin Nachricht be-
kam/ wo ſolch friſch Waſſer im Gebuͤrge zu holen/ ſchickte ich
mit einem Mohr dahin und ließ mir auf einem Kameel auch ei-
nen Uter deſſelben holen/ damit ich mich wieder auf die Reiſe be-
helffen konte.

Den 3. Julij fruͤh um Sonnen Aufgang ſeynd wir wie-

der
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[190/0196] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Mañ aber eine Zeit lang von ihr geweſen und ſich ohne Zweifel auf dem Raube mit ſeinen Geſellen aufhielt/ haben wir uns bey ihrem Tuche gelagert/ weil ihr Mann ſonſt darzu beſtellet war/ daß er wegen der groſſen Unſicherheit der hieherum ſtreif- fenden Mohren die Carovanen deß Nachts bewachen muͤſſen/ allermaſſen es denn auch dieſe Nacht das Weib in Abweſenheit deß Mannes verrichtete. Dieſen Abend/ als wir uns gelagert hatten/ iſt eine Moh- rin zu uns kommen mit zweyen ſchon erwachſenen und gleich- wol gantz nackenden Kindern/ die uns einen Krug mit guthen friſchen Waſſer verehrete/ welches ſie gar weit geholet hatte und thaͤt uns damit einen ſehr groſſen Dienſt/ weil wir Mangel dran hatten und das wenige/ ſo wir noch im Vorrathe hat- ten/ gantz warm und ſtinckend worden war. Hiervor verehrete ich ihr und ihren Kindern hinwiderum etzliche weiſſe Pißkotten/ welche ihnen gar groß Ding waren/ krochen demnach bald damit unter ihre haͤrinne Decke und brachten bald darauf auch einen Krug voll Kameel Milch/ die ich nicht trincken konte/ mein Tuͤrcke aber ſoffe ſie alſo warm/ wie ſie gemolcken war/ mit Luſt hinein/ goſſe auch davon ein Schuͤſſel voll ein/ brockte Pißkotten drein und aß ſie auß mit ſeinem natuͤrlichen Loͤffel/ nemlich ſeinen Haͤnden/ die er wol wie lange/ dem hoͤflichen Anſehen nach/ nicht gewaſchen hat- te. Das haͤtte einem wol einen appetit erwecken koͤnnen/ wenn er gleich ſonſt nicht hungerig/ noch durſtig geweſen waͤre. Und weil ich von ietzt gedachter Mohrin Nachricht be- kam/ wo ſolch friſch Waſſer im Gebuͤrge zu holen/ ſchickte ich mit einem Mohr dahin und ließ mir auf einem Kameel auch ei- nen Uter deſſelben holen/ damit ich mich wieder auf die Reiſe be- helffen konte. Den 3. Julij fruͤh um Sonnen Aufgang ſeynd wir wie- der

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/196>, abgerufen am 25.11.2024.