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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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IV. Theil Anmerckungen
ferstichen, Land-und See-Charten, fremd und unterschiedne Arten Pa-
pier,
von Seiden, Bast, Rohr, Amiant-Stein etc. Bücher aus China,
mit Chinesischer, item andre mit Malabarischer und dergleichen fremder
Sprachen Schrifft, Bilder und Figuren: Und endlich rare Chymische
Kunst-Sachen,
die voraus eine lange Zeit unverderblich sind: Als To-
backs-Oel und andre kostbare Olitaeten, Balsam, Salia, Tincturen, oder
trocknere Mixturen, Arcana, Electra Metallica, transmutirte Metallen,
und calcinirte Dinge, wozu auch der bis auf ein gewisses Tempo calcinir-
te Lapis Bononiensis, das kostbare Aurum potabile und andere grosse
Mühe, lange Zeit, und schwere Unkosten erfodernde Chymische Operatio-
nes
können gerechnet werden.

Hieraus siehet nun ein noch nicht viel in der Welt versuchter Le-
ser, was er sich einiger Massen vorzustellen hat, wenn er entweder von Ra-
ritäten-Kammern
selber lieset, oder davon reden höret; zumalen solche
und dergleichen Dinge darinnen gefunden werden. Er muß aber ja nicht
gedencken, daß alles, was droben angeführet worden, in einer ieglichen
Raritäten-Kammer gefunden werde; denn er sich sonsten sehr abusiret
finden würde, in Betrachtung daß dieses nur einiger Massen ein general-
Verzeichniß ist der Dinge so eines hie in diesem, ein anders dort in jenem
Raritäten-Behältniß angetroffen werde. Noch muß ich auch dabey
erinnern, daß was die Anmerckungen der Natural. Raritäten anbetrifft, sich
nicht von einem ieden Thier, Fisch oder Vogel verstehen, denn wenn ich zum
Exempel einen gemeinen Hund oder Hasen, einen Fisch, der täglich zu
Marckt gebracht wird, einen Vogel, deßgleichen man 20. und 30. auf ein
mal vom Baum schiessen kan etc. in einer Raritäten-Kammer sehen würde;
so wäre es ja wol nicht unbillig, daß man den Besitzer desselben für einen
Mann von schlechtem Ingenio und noch elender Curiosität hielte: Sondern
es wird ein ieder von selbsten erachten können, daß sich solches verstehe von
denen raresten und bey uns selten zu Gesichte kommenden Geschöpffen und
Creaturen. Zwar an und vor sich selbst ist es nicht ohne, daß eine iedwede
Creatur oder Geschöpffe GOttes wol eine Rarität kan und mag genannt
werden, denn ein iedes Ding oder Sache, welche von hoher und kluger Hand
dieses oder jenes berühmten Mannes kommt, nehmen wir an als eine köstli-
che Sache; warum aber? Theils darum, weil es ein grosser Mann gemacht,
theils, weil es entweder ein äusserliches schönes Ansehen, oder von innerli-
chem herrlichen Nutzen ist. Wenn nun alle Creaturen ihren Ursprung von der
Hand des grossen, majestätischen, und über die Weisheit selbst gebietenden
Schöpffers hat, warum wolte man denn Bedencken tragen, alle dessen

Hände

IV. Theil Anmerckungen
ferſtichen, Land-und See-Charten, fremd und unterſchiedne Arten Pa-
pier,
von Seiden, Baſt, Rohr, Amiant-Stein ꝛc. Buͤcher aus China,
mit Chineſiſcher, item andre mit Malabariſcher und dergleichen fremder
Sprachen Schrifft, Bilder und Figuren: Und endlich rare Chymiſche
Kunſt-Sachen,
die voraus eine lange Zeit unverderblich ſind: Als To-
backs-Oel und andre koſtbare Olitæten, Balſam, Salia, Tincturen, oder
trocknere Mixturen, Arcana, Electra Metallica, transmutirte Metallen,
und calcinirte Dinge, wozu auch der bis auf ein gewiſſes Tempo calcinir-
te Lapis Bononienſis, das koſtbare Aurum potabile und andere groſſe
Muͤhe, lange Zeit, und ſchwere Unkoſten erfodernde Chymiſche Operatio-
nes
koͤnnen gerechnet werden.

Hieraus ſiehet nun ein noch nicht viel in der Welt verſuchter Le-
ſer, was er ſich einiger Maſſen vorzuſtellen hat, wenn er entweder von Ra-
ritaͤten-Kammern
ſelber lieſet, oder davon reden hoͤret; zumalen ſolche
und dergleichen Dinge darinnen gefunden werden. Er muß aber ja nicht
gedencken, daß alles, was droben angefuͤhret worden, in einer ieglichen
Raritaͤten-Kammer gefunden werde; denn er ſich ſonſten ſehr abuſiret
finden wuͤrde, in Betrachtung daß dieſes nur einiger Maſſen ein general-
Verzeichniß iſt der Dinge ſo eines hie in dieſem, ein anders dort in jenem
Raritaͤten-Behaͤltniß angetroffen werde. Noch muß ich auch dabey
erinnern, daß was die Anmerckungen der Natural. Raritaͤten anbetrifft, ſich
nicht von einem ieden Thier, Fiſch oder Vogel verſtehen, denn wenn ich zum
Exempel einen gemeinen Hund oder Haſen, einen Fiſch, der taͤglich zu
Marckt gebracht wird, einen Vogel, deßgleichen man 20. und 30. auf ein
mal vom Baum ſchieſſen kan ꝛc. in einer Raritaͤten-Kammer ſehen wuͤrde;
ſo waͤre es ja wol nicht unbillig, daß man den Beſitzer deſſelben fuͤr einen
Mann von ſchlechtem Ingenio und noch elender Curioſität hielte: Sondern
es wird ein ieder von ſelbſten erachten koͤnnen, daß ſich ſolches verſtehe von
denen rareſten und bey uns ſelten zu Geſichte kommenden Geſchoͤpffen und
Creaturen. Zwar an und vor ſich ſelbſt iſt es nicht ohne, daß eine iedwede
Creatur oder Geſchoͤpffe GOttes wol eine Raritaͤt kan und mag genannt
werden, denn ein iedes Ding oder Sache, welche von hoher und kluger Hand
dieſes oder jenes beruͤhmten Mannes kommt, nehmen wir an als eine koͤſtli-
che Sache; warum aber? Theils darum, weil es ein groſſer Mann gemacht,
theils, weil es entweder ein aͤuſſerliches ſchoͤnes Anſehen, oder von innerli-
chem herrlichen Nutzen iſt. Wenn nun alle Creaturen ihren Urſprung von der
Hand des groſſen, majeſtaͤtiſchen, und uͤber die Weisheit ſelbſt gebietenden
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[416/0444] IV. Theil Anmerckungen ferſtichen, Land-und See-Charten, fremd und unterſchiedne Arten Pa- pier, von Seiden, Baſt, Rohr, Amiant-Stein ꝛc. Buͤcher aus China, mit Chineſiſcher, item andre mit Malabariſcher und dergleichen fremder Sprachen Schrifft, Bilder und Figuren: Und endlich rare Chymiſche Kunſt-Sachen, die voraus eine lange Zeit unverderblich ſind: Als To- backs-Oel und andre koſtbare Olitæten, Balſam, Salia, Tincturen, oder trocknere Mixturen, Arcana, Electra Metallica, transmutirte Metallen, und calcinirte Dinge, wozu auch der bis auf ein gewiſſes Tempo calcinir- te Lapis Bononienſis, das koſtbare Aurum potabile und andere groſſe Muͤhe, lange Zeit, und ſchwere Unkoſten erfodernde Chymiſche Operatio- nes koͤnnen gerechnet werden. Hieraus ſiehet nun ein noch nicht viel in der Welt verſuchter Le- ſer, was er ſich einiger Maſſen vorzuſtellen hat, wenn er entweder von Ra- ritaͤten-Kammern ſelber lieſet, oder davon reden hoͤret; zumalen ſolche und dergleichen Dinge darinnen gefunden werden. Er muß aber ja nicht gedencken, daß alles, was droben angefuͤhret worden, in einer ieglichen Raritaͤten-Kammer gefunden werde; denn er ſich ſonſten ſehr abuſiret finden wuͤrde, in Betrachtung daß dieſes nur einiger Maſſen ein general- Verzeichniß iſt der Dinge ſo eines hie in dieſem, ein anders dort in jenem Raritaͤten-Behaͤltniß angetroffen werde. Noch muß ich auch dabey erinnern, daß was die Anmerckungen der Natural. Raritaͤten anbetrifft, ſich nicht von einem ieden Thier, Fiſch oder Vogel verſtehen, denn wenn ich zum Exempel einen gemeinen Hund oder Haſen, einen Fiſch, der taͤglich zu Marckt gebracht wird, einen Vogel, deßgleichen man 20. und 30. auf ein mal vom Baum ſchieſſen kan ꝛc. in einer Raritaͤten-Kammer ſehen wuͤrde; ſo waͤre es ja wol nicht unbillig, daß man den Beſitzer deſſelben fuͤr einen Mann von ſchlechtem Ingenio und noch elender Curioſität hielte: Sondern es wird ein ieder von ſelbſten erachten koͤnnen, daß ſich ſolches verſtehe von denen rareſten und bey uns ſelten zu Geſichte kommenden Geſchoͤpffen und Creaturen. Zwar an und vor ſich ſelbſt iſt es nicht ohne, daß eine iedwede Creatur oder Geſchoͤpffe GOttes wol eine Raritaͤt kan und mag genannt werden, denn ein iedes Ding oder Sache, welche von hoher und kluger Hand dieſes oder jenes beruͤhmten Mannes kommt, nehmen wir an als eine koͤſtli- che Sache; warum aber? Theils darum, weil es ein groſſer Mann gemacht, theils, weil es entweder ein aͤuſſerliches ſchoͤnes Anſehen, oder von innerli- chem herrlichen Nutzen iſt. Wenn nun alle Creaturen ihren Urſprung von der Hand des groſſen, majeſtaͤtiſchen, und uͤber die Weisheit ſelbſt gebietenden Schoͤpffers hat, warum wolte man denn Bedencken tragen, alle deſſen Haͤnde

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/444>, abgerufen am 22.11.2024.