Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.III. Theil von Bibliothequen. Der, welcher Wasser will in einem Sieb auffangen,Und ohne Bücher meynt, gleichwol auch zu erlangen Kunst, Weisheit und Verstand, hats närrisch angefangen. Was sind aber Bibliothequen? Solche Oerter, da nicht allein Bücher im Gabriel.
III. Theil von Bibliothequen. Der, welcher Waſſer will in einem Sieb auffangen,Und ohne Buͤcher meynt, gleichwol auch zu erlangen Kunſt, Weisheit und Verſtand, hats naͤrriſch angefangen. Was ſind aber Bibliothequen? Solche Oerter, da nicht allein Buͤcher im Gabriel.
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III. Theil von Bibliothequen.
Der, welcher Waſſer will in einem Sieb auffangen,
Und ohne Buͤcher meynt, gleichwol auch zu erlangen
Kunſt, Weisheit und Verſtand, hats naͤrriſch angefangen.
Was ſind aber Bibliothequen? Solche Oerter, da nicht allein Buͤcher im
Uberfluß gefunden, ſondern auch durch welche zugleich Anlaß und Gelegen-
heit gegeben wird, Verſtand und Wiſſenſchafften zu erlangen. Hiebey
thut ſich nicht unbillig die Frage hervor: Wie ſtarck wol zur Noth eine Bi-
bliothec ſeyn muͤſſe? Worauf zur Antwort dienet, daß ſolche keine gewiſſe
Zahl haben. Zwar ſind einige gelehrte Maͤnner geweſen, welche gewiſſe
Buͤcher determiniret haben, als Franciſcus Junius, der fuͤr einen Theologum
die Bibel, ein Theologiſches Syſtema, eine Concordantz, und eine Hebraͤi-
ſche Grammaticam fuͤr genug geſchaͤtzt; fuͤr einen Philoſophum aber hat
Cornelius Agrippa den Plinium und Plutarchum zutraͤglich erachtet: Guido Pa-
tin ſetzt zu dieſen beyden noch den Ariſtotelem und Senecam hinzu. Philippus
Melanchthon meynet, daß dieſe 4. als Ariſtoteles, Plinius, Plutarchus und Pto-
lemæus fuͤr einen gelehrten Mann genug ſind, und man will ſagen, daß deſſen
Buͤcher-Vorrath auch nicht groͤſſer geweſen, wie auch Renatus Carteſius ſich
mit dem eintzigen Euclide beholffen. Rudolphus Gotlenius erwaͤhlet 4. andere:
Ariſtotelem, Scaligerum, Zarabellam, und Schegkium. Franciſius de la Mothe le
Vayer aber erfordert ſchon fuͤr einen Printzen hundert. Kuͤrtzlich aber von
der Sache zu reden, ſo ſtehet es bey eines ieden ſelbſt eigenem Gutduͤncken,
Mitteln, Vermoͤgen und Gelegenheit; die werden ihm ſchon Anlaß geben,
wie groß oder klein einer ſeine Bibliothec anlegen ſoll. Mancher Medicus
ſammlet ſich eine von lauter Mediciniſchen, ein JCtus lauter Juriſtiſche, und
ein Theologus Theologiſche, und zu einer ieden Facultæt gehoͤrige Buͤ-
cher, z. E. einem Medico Philoſophiſche und Phyſicaliſche, ingleichen auch
zu ſeinem Zweck dienliche Hiſtoriſche ꝛc. welche insgemein auch unter ih-
ren beſondern Namen, als eine Hiſtoriſche, Aſtronomiſche, Phyſicaliſche,
Numiſmatiſche ꝛc. Bibliothec pflegen benamt zu werden. Und bleibt
dieſes gewiß, daß ein Buͤcher-Vorrath, ob er gleich nicht gar groß, dennoch,
wenn alles wohl angeordnet, weil daran das allermeiſte gelegen, und der aͤuſ-
ſerliche Anblick auch zierlich und ſauber eingerichtet, damit das Auge auch
ſeine Luſt daran empfindet, den Namen einer wohl-beſtellten Bibliothec mit
allem Recht und gutem Fug fuͤhren kan. Denn die Groͤſſe und Weitlaͤuff-
tigkeit machet nicht allemal eine Bibliothec beruͤhmt, wenn alles darinn un-
ordentlich und confuſe ſtehet. Wie aber eine ſolche Bibliothec, auch die,
welche in allen Facultaten einen anſehnlichen Selectum aufzuweiſen hat,
muͤſſe ordentlich und loͤblich diſponirt werden, darum wollen wir den Hrn.
Gabriel.
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