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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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III. Theil von Bibliothequen.
p. 176. Zu dieser ist auch kommen die herrliche Bibliothec der Hertzogen von
Mayland,
welche zu Pavia (Ticini) gestanden, solche ist von Ludovi-
co XII.
König in Franckreich, nach Paris gebracht worden, als er dasselbe
Hertzogthum eingenommen hatte. Doch soll diese Mayländische Biblio-
thec
vorher nach Blois und andere Oerter gebracht, und endlich zu Paris an-
gelanget seyn, nachdem sie unterwegs gewaltig berupfft worden; wie denn
Jos. Scaliger Lib. 1. Epist. 63. bezeuget, daß Barnabas Brissonius einen guten
Theil von dieser Bibliothec nach seinem Logiment gebracht, welche nach
seinem Tode von der geitzigen Wittwe so zu sagen um ein Ey und Butter-
Brot verkaufft worden. Unter andern ist in dieser Bibliothec zu sehen der
Oppianus, so zu Königes Henrici II. Zeiten von Angelo Bergitio, aus Candia
bürtig, mit eigener Hand gar schön geschrieben worden, und siehet man auf
dem Rande der Blätter die Bildnisse der Thiere, von denen der Autor han-
delt, recht nach dem Leben durch bemeldten Angeli Bergitii Tochter abgemah-
let etc. Jn eben dieser kleinen Welt siehet man auch die vortreffliche Biblio-
thec
der Thuanen, welche von dem weiland berühmten Jacobo August.
Thuano
in mehr als 40. Jahren auf das fleißigste zusammen gebracht wor-
den. Seinen letzten Willen über diese Bibliothec hat er in folgenden Wor-
ten zu verstehen gegeben: Jch verbiete, meine Bibliothec, die ich in Zeit
von mehr als 40. Jahren mit grossem Fleiß und Kosten zusammen
gebracht, nicht zu vertheilen oder zu verkauffen. Jch befehle sie
in die Verwahrung meinem Vetter
Petro Puteano so lang, bis meine
Söhne erwachsen, denenselben soll er sie wieder aushändigen, und
desfals kräfftigliche Versicherung leisten.
Jn dieser Bibliothec wa-
ren bey des Vatern J. A. Thuani Zeiten schon über 800. MScta, nachge-
hens aber ist sie dermassen vermehret worden, daß sie mit den berühmtesten
in der Welt zu vergleichen gewesen. Nicolaus Thuanus, dieses berühmten
Historici Jacobi Augusti Thuani Vaters Bruder, der ein Bischof gewesen,
hat gleicher Gestalt eine herrliche Bibliothec aufgerichtet. Der verstorbene
Cardinal Jul. Mazarini hatte eine Bibliothec von mehr als 40000. Bänden.
Man hat sie für die vollkommenste ihrer Zeit gehalten. Als ermeldter Maza-
rini
wegen der Verfolgung derer Printzen vom Geblüte, sonderlich des von
Conde, das Land meiden muste da ist sie für 150000. Cronen verkaufft worden,
und dieses Geld demjenigen versprochen, der den Mazarini liefern würde.
Als er endlich wiederum ausgesöhnet ward, ist sie ihm wieder gegeben wor-
den. Er hat sie aber mit vielen herrlichen Mobilien dem König wieder ver-
macht: Endlich ist sie in das Mazarinische Collegium verehret worden. Und
wem solte nicht sonderlich gefallen des Cardinals Richelieu seine Bibliothec?

worü-
S s

III. Theil von Bibliothequen.
p. 176. Zu dieſer iſt auch kommen die herrliche Bibliothec der Hertzogen von
Mayland,
welche zu Pavia (Ticini) geſtanden, ſolche iſt von Ludovi-
co XII.
Koͤnig in Franckreich, nach Paris gebracht worden, als er daſſelbe
Hertzogthum eingenommen hatte. Doch ſoll dieſe Maylaͤndiſche Biblio-
thec
vorher nach Blois und andere Oerter gebracht, und endlich zu Paris an-
gelanget ſeyn, nachdem ſie unterwegs gewaltig berupfft worden; wie denn
Joſ. Scaliger Lib. 1. Epiſt. 63. bezeuget, daß Barnabas Briſſonius einen guten
Theil von dieſer Bibliothec nach ſeinem Logiment gebracht, welche nach
ſeinem Tode von der geitzigen Wittwe ſo zu ſagen um ein Ey und Butter-
Brot verkaufft worden. Unter andern iſt in dieſer Bibliothec zu ſehen der
Oppianus, ſo zu Koͤniges Henrici II. Zeiten von Angelo Bergitio, aus Candia
buͤrtig, mit eigener Hand gar ſchoͤn geſchrieben worden, und ſiehet man auf
dem Rande der Blaͤtter die Bildniſſe der Thiere, von denen der Autor han-
delt, recht nach dem Leben durch bemeldten Angeli Bergitii Tochter abgemah-
let ꝛc. Jn eben dieſer kleinen Welt ſiehet man auch die vortreffliche Biblio-
thec
der Thuanen, welche von dem weiland beruͤhmten Jacobo Auguſt.
Thuano
in mehr als 40. Jahren auf das fleißigſte zuſammen gebracht wor-
den. Seinen letzten Willen uͤber dieſe Bibliothec hat er in folgenden Wor-
ten zu verſtehen gegeben: Jch verbiete, meine Bibliothec, die ich in Zeit
von mehr als 40. Jahren mit groſſem Fleiß und Koſten zuſammen
gebracht, nicht zu vertheilen oder zu verkauffen. Jch befehle ſie
in die Verwahrung meinem Vetter
Petro Puteano ſo lang, bis meine
Soͤhne erwachſen, denenſelben ſoll er ſie wieder aushaͤndigen, und
desfals kraͤfftigliche Verſicherung leiſten.
Jn dieſer Bibliothec wa-
ren bey des Vatern J. A. Thuani Zeiten ſchon uͤber 800. MScta, nachge-
hens aber iſt ſie dermaſſen vermehret worden, daß ſie mit den beruͤhmteſten
in der Welt zu vergleichen geweſen. Nicolaus Thuanus, dieſes beruͤhmten
Hiſtorici Jacobi Auguſti Thuani Vaters Bruder, der ein Biſchof geweſen,
hat gleicher Geſtalt eine herrliche Bibliothec aufgerichtet. Der verſtorbene
Cardinal Jul. Mazarini hatte eine Bibliothec von mehr als 40000. Baͤnden.
Man hat ſie fuͤr die vollkommenſte ihrer Zeit gehalten. Als ermeldter Maza-
rini
wegen der Verfolgung derer Printzen vom Gebluͤte, ſonderlich des von
Condé, das Land meiden muſte da iſt ſie fuͤr 150000. Cronen verkaufft worden,
und dieſes Geld demjenigen verſprochen, der den Mazarini liefern wuͤrde.
Als er endlich wiederum ausgeſoͤhnet ward, iſt ſie ihm wieder gegeben wor-
den. Er hat ſie aber mit vielen herrlichen Mobilien dem Koͤnig wieder ver-
macht: Endlich iſt ſie in das Mazariniſche Collegium verehret worden. Und
wem ſolte nicht ſonderlich gefallen des Cardinals Richelieu ſeine Bibliothec?

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[321/0349] III. Theil von Bibliothequen. p. 176. Zu dieſer iſt auch kommen die herrliche Bibliothec der Hertzogen von Mayland, welche zu Pavia (Ticini) geſtanden, ſolche iſt von Ludovi- co XII. Koͤnig in Franckreich, nach Paris gebracht worden, als er daſſelbe Hertzogthum eingenommen hatte. Doch ſoll dieſe Maylaͤndiſche Biblio- thec vorher nach Blois und andere Oerter gebracht, und endlich zu Paris an- gelanget ſeyn, nachdem ſie unterwegs gewaltig berupfft worden; wie denn Joſ. Scaliger Lib. 1. Epiſt. 63. bezeuget, daß Barnabas Briſſonius einen guten Theil von dieſer Bibliothec nach ſeinem Logiment gebracht, welche nach ſeinem Tode von der geitzigen Wittwe ſo zu ſagen um ein Ey und Butter- Brot verkaufft worden. Unter andern iſt in dieſer Bibliothec zu ſehen der Oppianus, ſo zu Koͤniges Henrici II. Zeiten von Angelo Bergitio, aus Candia buͤrtig, mit eigener Hand gar ſchoͤn geſchrieben worden, und ſiehet man auf dem Rande der Blaͤtter die Bildniſſe der Thiere, von denen der Autor han- delt, recht nach dem Leben durch bemeldten Angeli Bergitii Tochter abgemah- let ꝛc. Jn eben dieſer kleinen Welt ſiehet man auch die vortreffliche Biblio- thec der Thuanen, welche von dem weiland beruͤhmten Jacobo Auguſt. Thuano in mehr als 40. Jahren auf das fleißigſte zuſammen gebracht wor- den. Seinen letzten Willen uͤber dieſe Bibliothec hat er in folgenden Wor- ten zu verſtehen gegeben: Jch verbiete, meine Bibliothec, die ich in Zeit von mehr als 40. Jahren mit groſſem Fleiß und Koſten zuſammen gebracht, nicht zu vertheilen oder zu verkauffen. Jch befehle ſie in die Verwahrung meinem Vetter Petro Puteano ſo lang, bis meine Soͤhne erwachſen, denenſelben ſoll er ſie wieder aushaͤndigen, und desfals kraͤfftigliche Verſicherung leiſten. Jn dieſer Bibliothec wa- ren bey des Vatern J. A. Thuani Zeiten ſchon uͤber 800. MScta, nachge- hens aber iſt ſie dermaſſen vermehret worden, daß ſie mit den beruͤhmteſten in der Welt zu vergleichen geweſen. Nicolaus Thuanus, dieſes beruͤhmten Hiſtorici Jacobi Auguſti Thuani Vaters Bruder, der ein Biſchof geweſen, hat gleicher Geſtalt eine herrliche Bibliothec aufgerichtet. Der verſtorbene Cardinal Jul. Mazarini hatte eine Bibliothec von mehr als 40000. Baͤnden. Man hat ſie fuͤr die vollkommenſte ihrer Zeit gehalten. Als ermeldter Maza- rini wegen der Verfolgung derer Printzen vom Gebluͤte, ſonderlich des von Condé, das Land meiden muſte da iſt ſie fuͤr 150000. Cronen verkaufft worden, und dieſes Geld demjenigen verſprochen, der den Mazarini liefern wuͤrde. Als er endlich wiederum ausgeſoͤhnet ward, iſt ſie ihm wieder gegeben wor- den. Er hat ſie aber mit vielen herrlichen Mobilien dem Koͤnig wieder ver- macht: Endlich iſt ſie in das Mazariniſche Collegium verehret worden. Und wem ſolte nicht ſonderlich gefallen des Cardinals Richelieu ſeine Bibliothec? woruͤ- S s

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/349>, abgerufen am 22.11.2024.