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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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III. Theil von Bibliothequen.
ist die Ursach, warum noch bis auf den heutigen Tag die MScta oder ge-
schriebenen Bücher, deren viele von den Alten auf Pergament, um besserer
Dauerhafftigkeit wegen, und nach Jnhalt derselben, besonders wann deren
Materie etwas rar gewesen, wohl gar mit silbernen oder güldenen Buchsta-
ben geschrieben worden, so hoch aestimiret werden. Denn nachdem die
nützliche Buchdrucker-Kunst erfunden, und in Brauch gebracht worden,
können nunmehro, nach dem die Materie oder Jnhalt eines MScti klein oder
groß ist, in kurtzer Zeit einige 100. ja 1000. Copien und Exemplarien dar-
nach zum Nutzen und Gebrauch vieler, die solche verlangen, verfertiget wer-
den. Vor Erfindung dieser Edlen Kunst hat man sehr rar einige Biblio-
thequ
en aufzuweisen gehabt, ja viele Gelehrte sind von Hertzen zu frieden
gewesen, wann sie die Bücher nur haben erlangen können, welcher sie unum-
gänglich zu ihren Studiis benöthiget gewesen. Nachdem aber, da man die
Bücher nicht mehr mit so grosser Mühe und Weitläufftigkeit hat suchen und
sammlen dürffen, haben sich vermögende Personen und sonderlich hohe Po-
tenta
ten, welche Freunde und Beförderer der Gelehrsamkeit und guter
Wissenschafften gewesen, von selber darauf geleget, einen Schatz von schö-
nen Büchern sich anzuschaffen, also daß nunmehro heutiges Tages nicht
leicht eine Stadt oder Ort von Consideration seyn wird, welcher von einem
Vorrath guter Bücher gantz und gar wird entblösset seyn. Jch rede hier
von Europaeischen Orten: Denn man sonsten von einigen Historicis ver-
nimmt, daß bey etlichen auswärtigen Nationen, als Persianern, Egypti-
ern, Abyßiniern, Japaniern etc.
vor geraumer Zeit grosse Bibliothequen
bewahret worden, von welchen hernach mit mehrern zu sagen. Was aber
von Bibliothequen überhaupt zu halten, bedarff nicht viel Worte, in Be-
trachtung, wann jener grosse Egyptische König Osymanduas, nach Diodori Si-
culi
Bericht, über seine Bibliothecam: Officina Medica Animi, geschrieben,
und dieselbe schon zu der Zeit für heilsame Gemüths-Artzeneyen oder Me-
dicin aestimi
ret: Wie vielmehr hat man itzund Ursach, dem Ursprung
der höchsten Weisheit zu dancken, für die herrlichen Gaben und Wis-
senschafften, die er fast täglich durch die Gelehrsamkeit vortrefflicher
Männer zum Leibes-und Seelen-Nutz der gantzen Welt, als seinem
Werckzeuge, immer mehr und mehr offenbaren läst. Man hat gefun-
den, und es mangelt noch nicht an solchen hochgelehrten Männern, die bey-
des hoch an Gelehrsamkeit, und in hohem Stande auf der Welt ge-
wesen, welche die beste Lust, die gröste Freude, das höchste Vergnügen, und
den alleredelsten Zeit-Vertreib, nicht in grossen Schätzen und Reichthum,
nicht in Pracht und grosser Ehre, auch nicht in Müßiggang und Wollust,

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III. Theil von Bibliothequen.
iſt die Urſach, warum noch bis auf den heutigen Tag die MScta oder ge-
ſchriebenen Buͤcher, deren viele von den Alten auf Pergament, um beſſerer
Dauerhafftigkeit wegen, und nach Jnhalt derſelben, beſonders wann deren
Materie etwas rar geweſen, wohl gar mit ſilbernen oder guͤldenen Buchſta-
ben geſchrieben worden, ſo hoch æſtimiret werden. Denn nachdem die
nuͤtzliche Buchdrucker-Kunſt erfunden, und in Brauch gebracht worden,
koͤnnen nunmehro, nach dem die Materie oder Jnhalt eines MScti klein oder
groß iſt, in kurtzer Zeit einige 100. ja 1000. Copien und Exemplarien dar-
nach zum Nutzen und Gebrauch vieler, die ſolche verlangen, verfertiget wer-
den. Vor Erfindung dieſer Edlen Kunſt hat man ſehr rar einige Biblio-
thequ
en aufzuweiſen gehabt, ja viele Gelehrte ſind von Hertzen zu frieden
geweſen, wann ſie die Buͤcher nur haben erlangen koͤnnen, welcher ſie unum-
gaͤnglich zu ihren Studiis benoͤthiget geweſen. Nachdem aber, da man die
Buͤcher nicht mehr mit ſo groſſer Muͤhe und Weitlaͤufftigkeit hat ſuchen und
ſammlen duͤrffen, haben ſich vermoͤgende Perſonen und ſonderlich hohe Po-
tenta
ten, welche Freunde und Befoͤrderer der Gelehrſamkeit und guter
Wiſſenſchafften geweſen, von ſelber darauf geleget, einen Schatz von ſchoͤ-
nen Buͤchern ſich anzuſchaffen, alſo daß nunmehro heutiges Tages nicht
leicht eine Stadt oder Ort von Conſideration ſeyn wird, welcher von einem
Vorrath guter Buͤcher gantz und gar wird entbloͤſſet ſeyn. Jch rede hier
von Europæiſchen Orten: Denn man ſonſten von einigen Hiſtoricis ver-
nimmt, daß bey etlichen auswaͤrtigen Nationen, als Perſianern, Egypti-
ern, Abyßiniern, Japaniern ꝛc.
vor geraumer Zeit groſſe Bibliothequen
bewahret worden, von welchen hernach mit mehrern zu ſagen. Was aber
von Bibliothequen uͤberhaupt zu halten, bedarff nicht viel Worte, in Be-
trachtung, wann jener groſſe Egyptiſche Koͤnig Oſymanduas, nach Diodori Si-
culi
Bericht, uͤber ſeine Bibliothecam: Officina Medica Animi, geſchrieben,
und dieſelbe ſchon zu der Zeit fuͤr heilſame Gemuͤths-Artzeneyen oder Me-
dicin æſtimi
ret: Wie vielmehr hat man itzund Urſach, dem Urſprung
der hoͤchſten Weisheit zu dancken, fuͤr die herrlichen Gaben und Wiſ-
ſenſchafften, die er faſt taͤglich durch die Gelehrſamkeit vortrefflicher
Maͤnner zum Leibes-und Seelen-Nutz der gantzen Welt, als ſeinem
Werckzeuge, immer mehr und mehr offenbaren laͤſt. Man hat gefun-
den, und es mangelt noch nicht an ſolchen hochgelehrten Maͤnnern, die bey-
des hoch an Gelehrſamkeit, und in hohem Stande auf der Welt ge-
weſen, welche die beſte Luſt, die groͤſte Freude, das hoͤchſte Vergnuͤgen, und
den alleredelſten Zeit-Vertreib, nicht in groſſen Schaͤtzen und Reichthum,
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[233/0261] III. Theil von Bibliothequen. iſt die Urſach, warum noch bis auf den heutigen Tag die MScta oder ge- ſchriebenen Buͤcher, deren viele von den Alten auf Pergament, um beſſerer Dauerhafftigkeit wegen, und nach Jnhalt derſelben, beſonders wann deren Materie etwas rar geweſen, wohl gar mit ſilbernen oder guͤldenen Buchſta- ben geſchrieben worden, ſo hoch æſtimiret werden. Denn nachdem die nuͤtzliche Buchdrucker-Kunſt erfunden, und in Brauch gebracht worden, koͤnnen nunmehro, nach dem die Materie oder Jnhalt eines MScti klein oder groß iſt, in kurtzer Zeit einige 100. ja 1000. Copien und Exemplarien dar- nach zum Nutzen und Gebrauch vieler, die ſolche verlangen, verfertiget wer- den. Vor Erfindung dieſer Edlen Kunſt hat man ſehr rar einige Biblio- thequen aufzuweiſen gehabt, ja viele Gelehrte ſind von Hertzen zu frieden geweſen, wann ſie die Buͤcher nur haben erlangen koͤnnen, welcher ſie unum- gaͤnglich zu ihren Studiis benoͤthiget geweſen. Nachdem aber, da man die Buͤcher nicht mehr mit ſo groſſer Muͤhe und Weitlaͤufftigkeit hat ſuchen und ſammlen duͤrffen, haben ſich vermoͤgende Perſonen und ſonderlich hohe Po- tentaten, welche Freunde und Befoͤrderer der Gelehrſamkeit und guter Wiſſenſchafften geweſen, von ſelber darauf geleget, einen Schatz von ſchoͤ- nen Buͤchern ſich anzuſchaffen, alſo daß nunmehro heutiges Tages nicht leicht eine Stadt oder Ort von Conſideration ſeyn wird, welcher von einem Vorrath guter Buͤcher gantz und gar wird entbloͤſſet ſeyn. Jch rede hier von Europæiſchen Orten: Denn man ſonſten von einigen Hiſtoricis ver- nimmt, daß bey etlichen auswaͤrtigen Nationen, als Perſianern, Egypti- ern, Abyßiniern, Japaniern ꝛc. vor geraumer Zeit groſſe Bibliothequen bewahret worden, von welchen hernach mit mehrern zu ſagen. Was aber von Bibliothequen uͤberhaupt zu halten, bedarff nicht viel Worte, in Be- trachtung, wann jener groſſe Egyptiſche Koͤnig Oſymanduas, nach Diodori Si- culi Bericht, uͤber ſeine Bibliothecam: Officina Medica Animi, geſchrieben, und dieſelbe ſchon zu der Zeit fuͤr heilſame Gemuͤths-Artzeneyen oder Me- dicin æſtimiret: Wie vielmehr hat man itzund Urſach, dem Urſprung der hoͤchſten Weisheit zu dancken, fuͤr die herrlichen Gaben und Wiſ- ſenſchafften, die er faſt taͤglich durch die Gelehrſamkeit vortrefflicher Maͤnner zum Leibes-und Seelen-Nutz der gantzen Welt, als ſeinem Werckzeuge, immer mehr und mehr offenbaren laͤſt. Man hat gefun- den, und es mangelt noch nicht an ſolchen hochgelehrten Maͤnnern, die bey- des hoch an Gelehrſamkeit, und in hohem Stande auf der Welt ge- weſen, welche die beſte Luſt, die groͤſte Freude, das hoͤchſte Vergnuͤgen, und den alleredelſten Zeit-Vertreib, nicht in groſſen Schaͤtzen und Reichthum, nicht in Pracht und groſſer Ehre, auch nicht in Muͤßiggang und Wolluſt, ſon- G g

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/261>, abgerufen am 22.11.2024.