Leihes-Frucht mit allem übrigen Eingeweide ein pur verhärteter Stein ge- wesen.
Die Curiosität aber der Materie sowol, als auch, weil in Raritäten- Cabinetten offt viele versteinerte Sachen gefunden werden, hat mir Anlaß gegeben, etwas weitläufftig von derselben zu reden: Jch wende mich aber anitzo wieder zu dem Rest der Ludovisischen Kunst-Kammer, worinn nachfolgendes zu remarquiren stehet: Ein neues Bild in pur weissem Mar- mor de Raptu Proserpinae: Das rare Bild Cesti Martii, der sich selbst mit ei- nem Degen ersticht. Von dannen geht man in eine niedrige Gallerie, da- selbst findet man das Haupt von Junio Bruto, Nerone und Domitiano. Das be- ste aber, so hier zu sehen, ist das Haupt Olympiae, die Alexandri Magni Mut- ter gewesen.
Das vortreffliche Cabinet der Königin Christinaevon Schweden, in ihrem schönen Pallast: Nicht weniger die offene Gallerie Raphaels, dar- innen die Biblischen Historien von diesem berühmten Meister, wo nicht alle gemahlet, dennoch deren Abriß und Anlegungen sind, restiren mit vielen mehren Cabinetten noch beschrieben zu werden; ich wolte auch nicht erman- geln, solches mit Lust zu thun: Allein da ich nicht sehe, daß ich von etwas an- ders, als schönen Statuen und vortrefflichen Medaillen und Gemählden dem Leser was erzehlen könne, wir aber von solchen bereits eine ziemliche Menge haben angeführet, und das Gesicht sein bestes Vergnügen an solchen Dingen empfindet, so will ichs auch darauf ankommen lassen; genug wirds seyn, wenn ich diejenigen Oerter, da ausbündige Curiosa zu finden, hier anführe. Jch wolte nun hiermit die Materie der Statuen und Gemählde gerne schlies- sen, allein weil, wo man in Rom sich hinkehret und wendet, fast allenthal- ben diese zur neuen Observantz aufmuntern, so weiß ich auch schon vorher, daß wir derselben bey der Betrachtung der schönsten Lust-Häuser und Gär- ten in Rom nicht ermangeln, sondern noch in ziemlicher Anzahl antreffen werden.
Wir machen also billig den Anfang von des Pabstes schönem Belvedere, allein weil dieses schon bey dem Vaticano gedacht worden, wollen wir diesen vorbey- und in seinen Privat Lust-Garten gehen. Hier werden wir eine schöne Orangerie, die lustigsten grünen Gänge und kunstreichsten Fontai- nen antreffen: Ferner einen Brunnen in Gestalt eines Schiffes, den Knopff in Gestalt eines Pin-Apffels von Ertzt, so groß, daß ihn 3. Männer schwer- lich umfassen können. Hierbey stehen die zwey grosse Pfauen aus Metall, vergöldet, welche vor Alters auf des Scipionis Africani Grabe gestanden; ihre Länge erstreckt sich auf 3. a 4. Ruthen. Noch hat der Pabst einen an-
dern
Von Muſeis I. Theil
Leihes-Frucht mit allem uͤbrigen Eingeweide ein pur verhaͤrteter Stein ge- weſen.
Die Curioſität aber der Materie ſowol, als auch, weil in Raritaͤten- Cabinetten offt viele verſteinerte Sachen gefunden werden, hat mir Anlaß gegeben, etwas weitlaͤufftig von derſelben zu reden: Jch wende mich aber anitzo wieder zu dem Reſt der Ludoviſiſchen Kunſt-Kammer, worinn nachfolgendes zu remarquiren ſtehet: Ein neues Bild in pur weiſſem Mar- mor de Raptu Proſerpinæ: Das rare Bild Ceſti Martii, der ſich ſelbſt mit ei- nem Degen erſticht. Von dannen geht man in eine niedrige Gallerie, da- ſelbſt findet man das Haupt von Junio Bruto, Nerone und Domitiano. Das be- ſte aber, ſo hier zu ſehen, iſt das Haupt Olympiæ, die Alexandri Magni Mut- ter geweſen.
Das vortreffliche Cabinet der Koͤnigin Chriſtinævon Schweden, in ihrem ſchoͤnen Pallaſt: Nicht weniger die offene Gallerie Raphaëls, dar- innen die Bibliſchen Hiſtorien von dieſem beruͤhmten Meiſter, wo nicht alle gemahlet, dennoch deren Abriß und Anlegungen ſind, reſtiren mit vielen mehren Cabinetten noch beſchrieben zu werden; ich wolte auch nicht erman- geln, ſolches mit Luſt zu thun: Allein da ich nicht ſehe, daß ich von etwas an- ders, als ſchoͤnen Statuen und vortrefflichen Medaillen und Gemaͤhlden dem Leſer was erzehlen koͤnne, wir aber von ſolchen bereits eine ziemliche Menge haben angefuͤhret, und das Geſicht ſein beſtes Vergnuͤgen an ſolchen Dingen empfindet, ſo will ichs auch darauf ankommen laſſen; genug wirds ſeyn, wenn ich diejenigen Oerter, da ausbuͤndige Curioſa zu finden, hier anfuͤhre. Jch wolte nun hiermit die Materie der Statuen und Gemaͤhlde gerne ſchlieſ- ſen, allein weil, wo man in Rom ſich hinkehret und wendet, faſt allenthal- ben dieſe zur neuen Obſervantz aufmuntern, ſo weiß ich auch ſchon vorher, daß wir derſelben bey der Betrachtung der ſchoͤnſten Luſt-Haͤuſer und Gaͤr- ten in Rom nicht ermangeln, ſondern noch in ziemlicher Anzahl antreffen werden.
Wir machen alſo billig den Anfang von des Pabſtes ſchoͤnem Belvedere, allein weil dieſes ſchon bey dem Vaticano gedacht worden, wollen wir dieſen vorbey- und in ſeinen Privat Luſt-Garten gehen. Hier werden wir eine ſchoͤne Orangerie, die luſtigſten gruͤnen Gaͤnge und kunſtreichſten Fontai- nen antreffen: Ferner einen Brunnen in Geſtalt eines Schiffes, den Knopff in Geſtalt eines Pin-Apffels von Ertzt, ſo groß, daß ihn 3. Maͤnner ſchwer- lich umfaſſen koͤnnen. Hierbey ſtehen die zwey groſſe Pfauen aus Metall, vergoͤldet, welche vor Alters auf des Scipionis Africani Grabe geſtanden; ihre Laͤnge erſtreckt ſich auf 3. à 4. Ruthen. Noch hat der Pabſt einen an-
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Von Muſeis I. Theil
Leihes-Frucht mit allem uͤbrigen Eingeweide ein pur verhaͤrteter Stein ge-
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Die Curioſität aber der Materie ſowol, als auch, weil in Raritaͤten-
Cabinetten offt viele verſteinerte Sachen gefunden werden, hat mir Anlaß
gegeben, etwas weitlaͤufftig von derſelben zu reden: Jch wende mich aber
anitzo wieder zu dem Reſt der Ludoviſiſchen Kunſt-Kammer, worinn
nachfolgendes zu remarquiren ſtehet: Ein neues Bild in pur weiſſem Mar-
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nem Degen erſticht. Von dannen geht man in eine niedrige Gallerie, da-
ſelbſt findet man das Haupt von Junio Bruto, Nerone und Domitiano. Das be-
ſte aber, ſo hier zu ſehen, iſt das Haupt Olympiæ, die Alexandri Magni Mut-
ter geweſen.
Das vortreffliche Cabinet der Koͤnigin Chriſtinæ von Schweden, in
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innen die Bibliſchen Hiſtorien von dieſem beruͤhmten Meiſter, wo nicht alle
gemahlet, dennoch deren Abriß und Anlegungen ſind, reſtiren mit vielen
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Leſer was erzehlen koͤnne, wir aber von ſolchen bereits eine ziemliche Menge
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wenn ich diejenigen Oerter, da ausbuͤndige Curioſa zu finden, hier anfuͤhre.
Jch wolte nun hiermit die Materie der Statuen und Gemaͤhlde gerne ſchlieſ-
ſen, allein weil, wo man in Rom ſich hinkehret und wendet, faſt allenthal-
ben dieſe zur neuen Obſervantz aufmuntern, ſo weiß ich auch ſchon vorher,
daß wir derſelben bey der Betrachtung der ſchoͤnſten Luſt-Haͤuſer und Gaͤr-
ten in Rom nicht ermangeln, ſondern noch in ziemlicher Anzahl antreffen
werden.
Wir machen alſo billig den Anfang von des Pabſtes ſchoͤnem Belvedere,
allein weil dieſes ſchon bey dem Vaticano gedacht worden, wollen wir dieſen
vorbey- und in ſeinen Privat Luſt-Garten gehen. Hier werden wir eine
ſchoͤne Orangerie, die luſtigſten gruͤnen Gaͤnge und kunſtreichſten Fontai-
nen antreffen: Ferner einen Brunnen in Geſtalt eines Schiffes, den Knopff
in Geſtalt eines Pin-Apffels von Ertzt, ſo groß, daß ihn 3. Maͤnner ſchwer-
lich umfaſſen koͤnnen. Hierbey ſtehen die zwey groſſe Pfauen aus Metall,
vergoͤldet, welche vor Alters auf des Scipionis Africani Grabe geſtanden;
ihre Laͤnge erſtreckt ſich auf 3. à 4. Ruthen. Noch hat der Pabſt einen an-
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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/126>, abgerufen am 16.02.2025.
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