die beide in sich schliesst. Indem wir diese das Allgemeine des Verfahrens betreffenden Festsetzungen im Sinne behalten, versuchen wir nun den normalen Stufengang der ethischen Unterweisung und zwar in seinem Verhältnis zu dem ganzen bisher dargelegten Gange der Erziehung und des Unterrichts in grossen Zügen zu beschreiben.
Die Kulturstufentheorie wagte den "Gesinnungsstoff" zeit- lich nach dem Schema der einfachen und abgeleiteten "Ideen" Herbarts zu gliedern. Wir könnten dies Schema schon an sich nicht anerkennen*), es ist uns ersetzt durch das in Teil II entwickelte System der individuellen und sozialen Tugenden. Bedenklicher noch ist das Kunststück, durch welches aus den fünf ursprünglichen und fünf abgeleiteten Ideen nicht fünf oder zehn, sondern acht Stufen herausgerechnet werden, in nur zu glücklichem Zusammentreffen mit den acht Schuljahren der derzeitigen preussischen Volksschule; wobei nur (nach Sall- würks zutreffender Bemerkung) die schwierige Folge sich er- giebt, dass man, der Theorie zu Liebe, "die Jugend jahrelang über eine zerstückte Sittlichkeit meditieren" lassen muss. Ver- ständiger stellt Felix Adler**) für die Stufe der Hauserziehung in den Mittelpunkt die einzige Pflicht des Gehorsams, für die der Schulerziehung dagegen die Lernpflicht, als die eben diesen Stufen eigentümlichsten; nicht in der Meinung, auf irgend einer Stufe irgend eine der wesentlichen Tugenden ausschliessen zu wollen, sondern nur, die einer jeden Stufe angemessenste "Konzentration" herzustellen. Unsre Voraussetzungen führen auf eine dem nicht unähnliche Anordnung, die etwas von der (wenigstens angestrebten) schärferen Systematik des Herbart- schen Aufbaus retten möchte, ohne der uns längst feststehenden Ueberzeugung von der untrennbaren Zusammengehörigkeit der sämtlichen Grundtugenden untreu zu werden. Schon oben (§§ 26--28, cf. 20--22) wurde zu Grunde gelegt, dass die dritte unsrer individuellen Tugenden in besonderer Weise der
*) Eine Kritik findet man in der Schrift "Herbart, Pestalozzi etc.", 2. Rede.
**) In der schon citierten Schrift The Moral Instruction of Children. New York, 1895.
die beide in sich schliesst. Indem wir diese das Allgemeine des Verfahrens betreffenden Festsetzungen im Sinne behalten, versuchen wir nun den normalen Stufengang der ethischen Unterweisung und zwar in seinem Verhältnis zu dem ganzen bisher dargelegten Gange der Erziehung und des Unterrichts in grossen Zügen zu beschreiben.
Die Kulturstufentheorie wagte den „Gesinnungsstoff“ zeit- lich nach dem Schema der einfachen und abgeleiteten „Ideen“ Herbarts zu gliedern. Wir könnten dies Schema schon an sich nicht anerkennen*), es ist uns ersetzt durch das in Teil II entwickelte System der individuellen und sozialen Tugenden. Bedenklicher noch ist das Kunststück, durch welches aus den fünf ursprünglichen und fünf abgeleiteten Ideen nicht fünf oder zehn, sondern acht Stufen herausgerechnet werden, in nur zu glücklichem Zusammentreffen mit den acht Schuljahren der derzeitigen preussischen Volksschule; wobei nur (nach Sall- würks zutreffender Bemerkung) die schwierige Folge sich er- giebt, dass man, der Theorie zu Liebe, „die Jugend jahrelang über eine zerstückte Sittlichkeit meditieren“ lassen muss. Ver- ständiger stellt Felix Adler**) für die Stufe der Hauserziehung in den Mittelpunkt die einzige Pflicht des Gehorsams, für die der Schulerziehung dagegen die Lernpflicht, als die eben diesen Stufen eigentümlichsten; nicht in der Meinung, auf irgend einer Stufe irgend eine der wesentlichen Tugenden ausschliessen zu wollen, sondern nur, die einer jeden Stufe angemessenste „Konzentration“ herzustellen. Unsre Voraussetzungen führen auf eine dem nicht unähnliche Anordnung, die etwas von der (wenigstens angestrebten) schärferen Systematik des Herbart- schen Aufbaus retten möchte, ohne der uns längst feststehenden Ueberzeugung von der untrennbaren Zusammengehörigkeit der sämtlichen Grundtugenden untreu zu werden. Schon oben (§§ 26—28, cf. 20—22) wurde zu Grunde gelegt, dass die dritte unsrer individuellen Tugenden in besonderer Weise der
*) Eine Kritik findet man in der Schrift „Herbart, Pestalozzi etc.“, 2. Rede.
**) In der schon citierten Schrift The Moral Instruction of Children. New York, 1895.
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die beide in sich schliesst. Indem wir diese das Allgemeine
des Verfahrens betreffenden Festsetzungen im Sinne behalten,
versuchen wir nun den normalen Stufengang der ethischen
Unterweisung und zwar in seinem Verhältnis zu dem ganzen
bisher dargelegten Gange der Erziehung und des Unterrichts
in grossen Zügen zu beschreiben.
Die Kulturstufentheorie wagte den „Gesinnungsstoff“ zeit-
lich nach dem Schema der einfachen und abgeleiteten „Ideen“
Herbarts zu gliedern. Wir könnten dies Schema schon an sich
nicht anerkennen *), es ist uns ersetzt durch das in Teil II
entwickelte System der individuellen und sozialen Tugenden.
Bedenklicher noch ist das Kunststück, durch welches aus den
fünf ursprünglichen und fünf abgeleiteten Ideen nicht fünf oder
zehn, sondern acht Stufen herausgerechnet werden, in nur zu
glücklichem Zusammentreffen mit den acht Schuljahren der
derzeitigen preussischen Volksschule; wobei nur (nach Sall-
würks zutreffender Bemerkung) die schwierige Folge sich er-
giebt, dass man, der Theorie zu Liebe, „die Jugend jahrelang
über eine zerstückte Sittlichkeit meditieren“ lassen muss. Ver-
ständiger stellt Felix Adler **) für die Stufe der Hauserziehung
in den Mittelpunkt die einzige Pflicht des Gehorsams, für
die der Schulerziehung dagegen die Lernpflicht, als die eben
diesen Stufen eigentümlichsten; nicht in der Meinung, auf irgend
einer Stufe irgend eine der wesentlichen Tugenden ausschliessen
zu wollen, sondern nur, die einer jeden Stufe angemessenste
„Konzentration“ herzustellen. Unsre Voraussetzungen führen
auf eine dem nicht unähnliche Anordnung, die etwas von der
(wenigstens angestrebten) schärferen Systematik des Herbart-
schen Aufbaus retten möchte, ohne der uns längst feststehenden
Ueberzeugung von der untrennbaren Zusammengehörigkeit der
sämtlichen Grundtugenden untreu zu werden. Schon oben
(§§ 26—28, cf. 20—22) wurde zu Grunde gelegt, dass die
dritte unsrer individuellen Tugenden in besonderer Weise der
*) Eine Kritik findet man in der Schrift „Herbart, Pestalozzi etc.“,
2. Rede.
**) In der schon citierten Schrift The Moral Instruction of Children.
New York, 1895.
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/320>, abgerufen am 26.11.2024.
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