Arbeit, d. i. der Einsatz von Triebkraft zu irgend welcher Hervorbringung oder Verwirklichung eines menschlichen Zwecks. Soll aber, für welchen Zweck immer, Kraft eingesetzt werden können, soll Energie des Triebs dem Gebote des Willens und der Vernunft zur Verfügung stehen, so muss sie in un- ermüdeter, wohlgeregelter, eigens auf diesen Zweck gerichteter Thätigkeit fort und fort neu beschafft werden. Die wirtschaft- liche Thätigkeit dient also der Erhaltung der Energie des Trieblebens und damit der Frische und Leistungsfähig- keit menschlicher Arbeit, zur Verfügung für jeglichen Zweck, den immer Wille und Vernunft ihr bestimmen mögen.
An logischer Schärfe mangelt dem so begründeten Begriff der Wirtschaft nichts. Man sieht ihn nirgends überfliessen in den der auf die formale Regelung als solche gerichteten, oder vollends in den der bildenden Thätigkeit. Wohl fallen diese beiden, abgesehen von ihrem je eigentümlichen Zweck, auch unter wirtschaftliche Erwägung, sofern sie, als Thätigkeiten überhaupt, als Arten von Arbeit, einen Einsatz von Trieb- kräften erfordern; aber ihr eigentümlicher Zweck ist nicht die Erhaltung der Triebkräfte, die sie vielmehr bloss als Mittel zu anderweitigem Zweck verwenden; also sind es nicht wirtschaftliche Thätigkeiten. Umgekehrt bedarf die wirt- schaftliche Thätigkeit sowohl der Regierung als gebildeter Einsicht und gebildeten Wollens. Aber ihr eigentümlicher Zweck ist nicht Regierung und nicht Bildung, sondern sie ge- braucht diese beiden nur als Mittel zu ihrem besonderen Zweck, der Erhaltung der Triebkräfte. Die Grenze der Begriffe bleibt also immer unverwischt.
Es ist allerdings keine hinlänglich genaue, aber doch auch keine wesentlich unrichtige Bestimmung des Begriffs "Wirt- schaft", nach der sie besteht in der Beobachtung des Gleich- gewichts zwischen Ausgabe und Einnahme, d. h. zuletzt, zwischen Verbrauch und Zufuhr von Kräften. Die Not- wendigkeit dieser Bilanz geht schliesslich auf das biologische Grundgesetz zurück, wonach Leben überhaupt in einem mit gewisser Regelmässigkeit sich vollziehenden Umsatz d. i. Ver- brauch und entsprechenden Ersatz von Kräften beruht. Doch
Arbeit, d. i. der Einsatz von Triebkraft zu irgend welcher Hervorbringung oder Verwirklichung eines menschlichen Zwecks. Soll aber, für welchen Zweck immer, Kraft eingesetzt werden können, soll Energie des Triebs dem Gebote des Willens und der Vernunft zur Verfügung stehen, so muss sie in un- ermüdeter, wohlgeregelter, eigens auf diesen Zweck gerichteter Thätigkeit fort und fort neu beschafft werden. Die wirtschaft- liche Thätigkeit dient also der Erhaltung der Energie des Trieblebens und damit der Frische und Leistungsfähig- keit menschlicher Arbeit, zur Verfügung für jeglichen Zweck, den immer Wille und Vernunft ihr bestimmen mögen.
An logischer Schärfe mangelt dem so begründeten Begriff der Wirtschaft nichts. Man sieht ihn nirgends überfliessen in den der auf die formale Regelung als solche gerichteten, oder vollends in den der bildenden Thätigkeit. Wohl fallen diese beiden, abgesehen von ihrem je eigentümlichen Zweck, auch unter wirtschaftliche Erwägung, sofern sie, als Thätigkeiten überhaupt, als Arten von Arbeit, einen Einsatz von Trieb- kräften erfordern; aber ihr eigentümlicher Zweck ist nicht die Erhaltung der Triebkräfte, die sie vielmehr bloss als Mittel zu anderweitigem Zweck verwenden; also sind es nicht wirtschaftliche Thätigkeiten. Umgekehrt bedarf die wirt- schaftliche Thätigkeit sowohl der Regierung als gebildeter Einsicht und gebildeten Wollens. Aber ihr eigentümlicher Zweck ist nicht Regierung und nicht Bildung, sondern sie ge- braucht diese beiden nur als Mittel zu ihrem besonderen Zweck, der Erhaltung der Triebkräfte. Die Grenze der Begriffe bleibt also immer unverwischt.
Es ist allerdings keine hinlänglich genaue, aber doch auch keine wesentlich unrichtige Bestimmung des Begriffs „Wirt- schaft“, nach der sie besteht in der Beobachtung des Gleich- gewichts zwischen Ausgabe und Einnahme, d. h. zuletzt, zwischen Verbrauch und Zufuhr von Kräften. Die Not- wendigkeit dieser Bilanz geht schliesslich auf das biologische Grundgesetz zurück, wonach Leben überhaupt in einem mit gewisser Regelmässigkeit sich vollziehenden Umsatz d. i. Ver- brauch und entsprechenden Ersatz von Kräften beruht. Doch
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und der Vernunft zur Verfügung stehen, so muss sie in un-
ermüdeter, wohlgeregelter, eigens auf diesen Zweck gerichteter
Thätigkeit fort und fort neu beschafft werden. Die wirtschaft-
liche Thätigkeit dient also der Erhaltung der Energie
des Trieblebens und damit der Frische und Leistungsfähig-
keit menschlicher Arbeit, zur Verfügung für jeglichen Zweck,
den immer Wille und Vernunft ihr bestimmen mögen.
An logischer Schärfe mangelt dem so begründeten Begriff
der Wirtschaft nichts. Man sieht ihn nirgends überfliessen in
den der auf die formale Regelung als solche gerichteten, oder
vollends in den der bildenden Thätigkeit. Wohl fallen diese
beiden, abgesehen von ihrem je eigentümlichen Zweck, auch
unter wirtschaftliche Erwägung, sofern sie, als Thätigkeiten
überhaupt, als Arten von Arbeit, einen Einsatz von Trieb-
kräften erfordern; aber ihr eigentümlicher Zweck ist nicht die
Erhaltung der Triebkräfte, die sie vielmehr bloss als Mittel
zu anderweitigem Zweck verwenden; also sind es nicht
wirtschaftliche Thätigkeiten. Umgekehrt bedarf die wirt-
schaftliche Thätigkeit sowohl der Regierung als gebildeter
Einsicht und gebildeten Wollens. Aber ihr eigentümlicher
Zweck ist nicht Regierung und nicht Bildung, sondern sie ge-
braucht diese beiden nur als Mittel zu ihrem besonderen Zweck,
der Erhaltung der Triebkräfte. Die Grenze der Begriffe bleibt
also immer unverwischt.
Es ist allerdings keine hinlänglich genaue, aber doch auch
keine wesentlich unrichtige Bestimmung des Begriffs „Wirt-
schaft“, nach der sie besteht in der Beobachtung des Gleich-
gewichts zwischen Ausgabe und Einnahme, d. h. zuletzt,
zwischen Verbrauch und Zufuhr von Kräften. Die Not-
wendigkeit dieser Bilanz geht schliesslich auf das biologische
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/166>, abgerufen am 29.11.2024.
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