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Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876.

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Sanson's Autorität, nachdem ich seine Angaben mit denen des Hrn.
Gayot verglichen habe.

Nach vielen vergeblichen Versuchen glückte es endlich Hrn. Gayot,
am 16. April 1868, durch einen jungen männlichen Hasen, welcher gegen
Ende September 1867 in der Gefangenschaft geboren war, unter seinen
Augen ein weibliches weisses Kaninchen belegen zu sehen; dieses war
(nur) seit 2 -- 3 Tagen isolirt; am nächsten 17. Mai wurden 7 Junge
geboren. "Die Vaterschaft ist authentisch, alle Vorsichtsmassregeln,
welche die Bedeutung der Sache in Bezug auf peinliche Genauigkeit
forderte, sind sorgfältig und scrupulös befolgt. Es handelte sich um
wissenschaftliche Experimente, nicht um Zufälle. Dieselben sind deshalb
von minutiösen Kautelen umgeben, welche ihnen Bedeutung und Werth
sichern." --

Der Hase starb bald nachher, er hatte noch 4 andere Kaninchen
belegt. Es geht nicht aus dem Wortlaut der Mittheilungen hervor, ob
diese Parungen auch ein Resultat hatten -- oder ob der eine Wurf
das alleinige Material für die fernere Nachzucht der Mestizen lieferte*).

Diese Mestizen nun, um bei Hrn. Sanson's Terminologie zu bleiben,
wurden unter sich gepart und bis zum Juni 1869 bis zur 4. Gene-
ration von Hrn. Gayot selbst gezüchtet.

Während des Krieges ging diese Zucht in die Hände der Frau
Jubien über. Hr. Gayot überwachte dieselbe jedoch noch ferner
bis zur 7. Generation.

Hr. Gayot hat hiermit also zum erstenmal die Frucht-
barkeit der Mestizen zwischen Hasen und Kaninchen, die
Möglichkeit der Vermehrung derselben durch Inzucht
ohne Anparung, bewiesen und zwar durch Versuche,
welche Zweifel an der Realität nicht erlauben
.

Wir treten nun an eine Frage heran, welche, nachdem der Beweis
der Fruchtbarkeit geliefert war, von grösster Bedeutung für
uns ist.

Waren diese Leporiden ein Mittelding zwischen den Stammältern
und unter einander ähnlich, so dass man berechtigt war, in das zoo-
logische System eine neue Art, einen konstanten Typus, aufzunehmen?

Von der zweiten Generation an waren in fast allen Würfen ein
oder mehrere Jungen, welche eine verschiedene Beharung hatten. Der
Flaum verlängerte sich bedeutend, das Oberhar war seltener, die Be-
harung im Ganzen nimmt einen neuen, seidenartigen Charakter an,
verschieden von dem beider Stammältern. Diese "Seide" ist von äusser-
ster Feinheit und Sanftheit, von verschiedener Färbung, bei einigen

*) Hr. Gayot hatte, nach Hrn. de Ceris Bericht (Journal d'agriculture pratique
1869 t. II p. 247), einmal einen Bastard von einem weiblichen Hasen und einem männ-
lichen Kaninchen gezogen, dieser wurde von einem Kaninchen tragend. Weitere
Berichte darüber habe ich nicht auffinden können.
H. v. Nathusius, Leporiden. 4

Sanson’s Autorität, nachdem ich seine Angaben mit denen des Hrn.
Gayot verglichen habe.

Nach vielen vergeblichen Versuchen glückte es endlich Hrn. Gayot,
am 16. April 1868, durch einen jungen männlichen Hasen, welcher gegen
Ende September 1867 in der Gefangenschaft geboren war, unter seinen
Augen ein weibliches weisses Kaninchen belegen zu sehen; dieses war
(nur) seit 2 — 3 Tagen isolirt; am nächsten 17. Mai wurden 7 Junge
geboren. „Die Vaterschaft ist authentisch, alle Vorsichtsmassregeln,
welche die Bedeutung der Sache in Bezug auf peinliche Genauigkeit
forderte, sind sorgfältig und scrupulös befolgt. Es handelte sich um
wissenschaftliche Experimente, nicht um Zufälle. Dieselben sind deshalb
von minutiösen Kautelen umgeben, welche ihnen Bedeutung und Werth
sichern.“ —

Der Hase starb bald nachher, er hatte noch 4 andere Kaninchen
belegt. Es geht nicht aus dem Wortlaut der Mittheilungen hervor, ob
diese Parungen auch ein Resultat hatten — oder ob der eine Wurf
das alleinige Material für die fernere Nachzucht der Mestizen lieferte*).

Diese Mestizen nun, um bei Hrn. Sanson’s Terminologie zu bleiben,
wurden unter sich gepart und bis zum Juni 1869 bis zur 4. Gene-
ration von Hrn. Gayot selbst gezüchtet.

Während des Krieges ging diese Zucht in die Hände der Frau
Jubien über. Hr. Gayot überwachte dieselbe jedoch noch ferner
bis zur 7. Generation.

Hr. Gayot hat hiermit also zum erstenmal die Frucht-
barkeit der Mestizen zwischen Hasen und Kaninchen, die
Möglichkeit der Vermehrung derselben durch Inzucht
ohne Anparung, bewiesen und zwar durch Versuche,
welche Zweifel an der Realität nicht erlauben
.

Wir treten nun an eine Frage heran, welche, nachdem der Beweis
der Fruchtbarkeit geliefert war, von grösster Bedeutung für
uns ist.

Waren diese Leporiden ein Mittelding zwischen den Stammältern
und unter einander ähnlich, so dass man berechtigt war, in das zoo-
logische System eine neue Art, einen konstanten Typus, aufzunehmen?

Von der zweiten Generation an waren in fast allen Würfen ein
oder mehrere Jungen, welche eine verschiedene Beharung hatten. Der
Flaum verlängerte sich bedeutend, das Oberhar war seltener, die Be-
harung im Ganzen nimmt einen neuen, seidenartigen Charakter an,
verschieden von dem beider Stammältern. Diese „Seide“ ist von äusser-
ster Feinheit und Sanftheit, von verschiedener Färbung, bei einigen

*) Hr. Gayot hatte, nach Hrn. de Céris Bericht (Journal d’agriculture pratique
1869 t. II p. 247), einmal einen Bastard von einem weiblichen Hasen und einem männ-
lichen Kaninchen gezogen, dieser wurde von einem Kaninchen tragend. Weitere
Berichte darüber habe ich nicht auffinden können.
H. v. Nathusius, Leporiden. 4
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[49/0057] Sanson’s Autorität, nachdem ich seine Angaben mit denen des Hrn. Gayot verglichen habe. Nach vielen vergeblichen Versuchen glückte es endlich Hrn. Gayot, am 16. April 1868, durch einen jungen männlichen Hasen, welcher gegen Ende September 1867 in der Gefangenschaft geboren war, unter seinen Augen ein weibliches weisses Kaninchen belegen zu sehen; dieses war (nur) seit 2 — 3 Tagen isolirt; am nächsten 17. Mai wurden 7 Junge geboren. „Die Vaterschaft ist authentisch, alle Vorsichtsmassregeln, welche die Bedeutung der Sache in Bezug auf peinliche Genauigkeit forderte, sind sorgfältig und scrupulös befolgt. Es handelte sich um wissenschaftliche Experimente, nicht um Zufälle. Dieselben sind deshalb von minutiösen Kautelen umgeben, welche ihnen Bedeutung und Werth sichern.“ — Der Hase starb bald nachher, er hatte noch 4 andere Kaninchen belegt. Es geht nicht aus dem Wortlaut der Mittheilungen hervor, ob diese Parungen auch ein Resultat hatten — oder ob der eine Wurf das alleinige Material für die fernere Nachzucht der Mestizen lieferte *). Diese Mestizen nun, um bei Hrn. Sanson’s Terminologie zu bleiben, wurden unter sich gepart und bis zum Juni 1869 bis zur 4. Gene- ration von Hrn. Gayot selbst gezüchtet. Während des Krieges ging diese Zucht in die Hände der Frau Jubien über. Hr. Gayot überwachte dieselbe jedoch noch ferner bis zur 7. Generation. Hr. Gayot hat hiermit also zum erstenmal die Frucht- barkeit der Mestizen zwischen Hasen und Kaninchen, die Möglichkeit der Vermehrung derselben durch Inzucht ohne Anparung, bewiesen und zwar durch Versuche, welche Zweifel an der Realität nicht erlauben. Wir treten nun an eine Frage heran, welche, nachdem der Beweis der Fruchtbarkeit geliefert war, von grösster Bedeutung für uns ist. Waren diese Leporiden ein Mittelding zwischen den Stammältern und unter einander ähnlich, so dass man berechtigt war, in das zoo- logische System eine neue Art, einen konstanten Typus, aufzunehmen? Von der zweiten Generation an waren in fast allen Würfen ein oder mehrere Jungen, welche eine verschiedene Beharung hatten. Der Flaum verlängerte sich bedeutend, das Oberhar war seltener, die Be- harung im Ganzen nimmt einen neuen, seidenartigen Charakter an, verschieden von dem beider Stammältern. Diese „Seide“ ist von äusser- ster Feinheit und Sanftheit, von verschiedener Färbung, bei einigen *) Hr. Gayot hatte, nach Hrn. de Céris Bericht (Journal d’agriculture pratique 1869 t. II p. 247), einmal einen Bastard von einem weiblichen Hasen und einem männ- lichen Kaninchen gezogen, dieser wurde von einem Kaninchen tragend. Weitere Berichte darüber habe ich nicht auffinden können. H. v. Nathusius, Leporiden. 4

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Zitationshilfe: Nathusius, Hermann Engelhard von: Über die sogenannten Leporiden. Berlin, 1876, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_leporiden_1876/57>, abgerufen am 23.11.2024.