Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.bet flehten sie des Herrn Geist auf das verlassene Als diese zur Kirche hinaus ging, kam sie mit Am Sylvester-Abend ließ man bei Frau Bendler Bei Günthers sah es anders aus. Seit Weih¬ bet flehten ſie des Herrn Geiſt auf das verlaſſene Als dieſe zur Kirche hinaus ging, kam ſie mit Am Sylveſter-Abend ließ man bei Frau Bendler Bei Günthers ſah es anders aus. Seit Weih¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0113" n="107"/> bet flehten ſie des Herrn Geiſt auf das verlaſſene<lb/> Klärchen.</p><lb/> <p>Als dieſe zur Kirche hinaus ging, kam ſie mit<lb/> der Tante zuſammen. Sie ſchämte ſich faſt ihres<lb/> Weihnachtsſtaates, und mit einem ſanften und demü¬<lb/> thigen Ausdruck, wie ihn Niemand an ihr gewohnt<lb/> war, bot ſie den Verwandten einen guten Morgen<lb/> und ein fröhliches Feſt. Die Tante und Gretchen<lb/> reichten ihr Beide freundlich die Hand. Klärchen ging<lb/> im Geſpräche, aber ſehr verlegen, neben ihnen her,<lb/> bis vor Bendlers Haus. Beim Abſchied ſagte ſie:<lb/> Ich habe Euch längſt beſuchen wollen, und wenn<lb/> Ihr es erlaubt, komme ich bald. — Bei den letzten<lb/> Worten traten ihr die Thränen in die Augen und ſie<lb/> eilte hinweg.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Am Sylveſter-Abend ließ man bei Frau Bendler<lb/> wieder Schiffchen ſchwimmen, Gretchen aber war ohne<lb/> Angſt, daß ſich ihr Schiffchen mit Fritzens vereinigen<lb/> möchte; ſie war fröhlich und guter Dinge, es ward<lb/> erzählt und geſcherzt und auch ernſthaft geſprochen und<lb/> geleſen und geſungen und gebetet, bis der Wächter<lb/> das neue Jahr verkündete.</p><lb/> <p>Bei Günthers ſah es anders aus. Seit Weih¬<lb/> nachten ſchon war er in ganz beſonders fröhlicher Auf¬<lb/> regung, und am Sylveſtermorgen ſagte er zu Klär¬<lb/> chen: Heut muß es hoch bei uns hergehen, es wird<lb/> der letzte Sylveſter ſein, den wir hier verleben, wer<lb/> weiß, wo wir im künftigen Jahre ſind! Wohl in<lb/> weitläuftigeren Räumen, und Du haſt Kuchen und<lb/></p> </body> </text> </TEI> [107/0113]
bet flehten ſie des Herrn Geiſt auf das verlaſſene
Klärchen.
Als dieſe zur Kirche hinaus ging, kam ſie mit
der Tante zuſammen. Sie ſchämte ſich faſt ihres
Weihnachtsſtaates, und mit einem ſanften und demü¬
thigen Ausdruck, wie ihn Niemand an ihr gewohnt
war, bot ſie den Verwandten einen guten Morgen
und ein fröhliches Feſt. Die Tante und Gretchen
reichten ihr Beide freundlich die Hand. Klärchen ging
im Geſpräche, aber ſehr verlegen, neben ihnen her,
bis vor Bendlers Haus. Beim Abſchied ſagte ſie:
Ich habe Euch längſt beſuchen wollen, und wenn
Ihr es erlaubt, komme ich bald. — Bei den letzten
Worten traten ihr die Thränen in die Augen und ſie
eilte hinweg.
Am Sylveſter-Abend ließ man bei Frau Bendler
wieder Schiffchen ſchwimmen, Gretchen aber war ohne
Angſt, daß ſich ihr Schiffchen mit Fritzens vereinigen
möchte; ſie war fröhlich und guter Dinge, es ward
erzählt und geſcherzt und auch ernſthaft geſprochen und
geleſen und geſungen und gebetet, bis der Wächter
das neue Jahr verkündete.
Bei Günthers ſah es anders aus. Seit Weih¬
nachten ſchon war er in ganz beſonders fröhlicher Auf¬
regung, und am Sylveſtermorgen ſagte er zu Klär¬
chen: Heut muß es hoch bei uns hergehen, es wird
der letzte Sylveſter ſein, den wir hier verleben, wer
weiß, wo wir im künftigen Jahre ſind! Wohl in
weitläuftigeren Räumen, und Du haſt Kuchen und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |